Immer am ersten Sonntag im September geht – wie es Leo Jäger ausdrückt – „ein Summen und ein Brummen durch den ganzen Ort“. Die Gochsheimer feiern ihre Kirchweih – eine der traditionsreichsten im ganzen Landkreis – und das Summen rührt von ihrer Hymne, die ihnen an diesem Tag nicht mehr aus dem Kopf gehen will und sich immer wieder eben auch den Weg über ihre Lippen bahnt. Der „Gochsumer“ ist identifikationsstiftende Erkennungsmelodie der Dorfbewohner, auch wenn sie den Text nicht kennen und die Töne eben nur lautmalerisch brummen: „Parampam, Parampam, Para-ra-rampam...“
Der Text. Es gibt ihn ja eigentlich gar nicht. Oder besser gesagt: Es gab schon einige Versuche, den „Gochsumer“ auch gesanglich aufzuwerten (unter anderem von Heimatdichter Josef „Sepp“ Ehrlitzer). Sie schlugen aber samt und sonders fehl.
Jetzt gibt es für die Kirchweih 2012 einen neuen Anlauf, gestartet von „Reichsschultheiß“ Leo Jäger und Musiklehrer Wolfgang Düringer; dass diesem aber Erfolg beschieden sein wird, glauben die Beiden vielleicht selbst nicht recht. Aber „den Versuch ist's wert“, sagt Leo Jäger.
„Oh Gochsum, Oh Gochsum, mei Achestern – Oh Gochsum, Oh Gochsum, ich hab Dich gern.“
Textzeile „Der Gochsumer“ von Leo Jäger
Es lohnt sich, einen Blick auf die Genesis des „Gochsumers“ zu werfen – jenes Liedes, dass bei dem traditionsreichen Fest (es geht zurück auf die Wiedererlangung der Reichsfreiheit anno 1649) durch die Mönchstockheimer Musikanten mindestens einmal stündlich angestimmt wird und zu dem die Besucher einen „schottischen Hüpfer“ tanzen. Es ist – auch wenn es heute anders scheint – keineswegs althergebrachtes Kulturgut in dem Reichsdorf. Tatsächlich kannte man es hier bis zum Jahr 1957 überhaupt nicht.
Damals spielte noch die Kapelle Schöner – überwiegend eine Familienangelegenheit des gleichnamigen Gochsheimer Musikergeschlechts – zum Kirchweihsonntag auf. In dieser absolvierte der Höchheimer Trompeter Adolf Herda regelmäßig Gastspiele. Und der hatte ein Jahr zuvor mit dem Musikverein Schweinfurt (dem er heute, 77-jährig, noch vorsitzt) einen Auftritt beim Schützenfest im westfälischen Paderborn, wo ihn ein dort verbreitetes Ritual faszinierte. Bei einem bestimmten Lied – einer Polka – wurden die auf den Tischen stehenden Bierfässer leer aus dem Festsaal getragen und voll wieder zurückgebracht. Dabei drehten sich die Ordonnanzen zur Musik im Kreis.
Die Musik. Das war die so genannte Brikett Polka. Das schmissige Stück hatte der seinerzeitige Leiter des Heeresmusikkorps Hannover, Hans Herzberg, komponiert. Die Brikett Polka bildet den Einstieg des heutigen „Gochsumers“, das berühmte „Parampam, Parampam...“. Zum Tanzen allerdings ist die Melodie doch etwas kurz. Und so wurde ihr ein Refrain beigegeben, der damals ebenfalls eingängig und populär war: Paul Linkes „Ja das haben die Mädchen so gerne“ aus der Operette „Frau Luna“. Eingeschlagen „wie eine Bombe“ habe diese Komposition bei der Kirchweih anno 1957, wusste Herda später zu berichten und der eigentliche Planmarsch der Gemeinde – „Alte Jäger“ – war damit quasi per Volksabstimmung abgelöst.
Der Gochsumer. Er soll jetzt – im Jahre 55 nach seiner Geburt – endlich mit einem passenden Text versehen werden, den die Bürger nicht nur am Kirchweihnachmittag und -abend, sondern am liebsten noch beim Zubettgehen vor sich hin singen können, stolz auf und dankbar für die Historie ihres traditionsreichen Dorfes.
„Parampam, Parampam“ heißt künftig „Oh Gochsum, Oh Gochsum“ – das kann sich ein Gochsheimer leicht merken. Die weiteren kurzen Versatzstückchen: „...mei Achestern“; „...ich hab Dich gern“; „...Du schöner Ort“; „...von Dir will ich nie wieder fort“. Auch das keine große Herausforderung. Und dann die Krönung: Im Paul-Linke Refrain wird aus „das“ ein „Dich“: „Ja Dich haben die Mädchen so gerne“ – gemeint ist natürlich Gochsheim...
Wolfgang Düringer und Leo Jäger haben die Sache zu Papier gebracht. Ob die Notenblätter wie einst die Textzettel des Josef Ehrlitzer am Kirchweihsonntag um den Plan herum verteilt werden, ist noch nicht raus. Eine kleine Gedankenstütze können die Feiernden sicher gebrauchen; andererseits: Was, wenn sie gar nicht singen, sondern nur fröhlich plaudern und tanzen wollen?
Dann wird der Gochsumer vielleicht auf ewig ohne Text bleiben. „Parampam, Parampam, Para-ra-rampam...“
ONLINE-TIPP
Video gedreht: Wolfgang Düringer, Leo Jäger und Rainer Verne intonieren den „Gochsumer“ unter dem Planbaum unter www.mainpost.de