(ue) Aiolos, der Herr der Winde, war mit Eos, „der Früherwachenden“, verheiratet, ihres Zeichens rosenfingrige Göttin der Morgenröte. Auch wenn die Firma „Veolia Umweltservice Süd“ im Industriegebiet nach der griechischen Gottheit benannt ist – und ihre Müllfahrer für gewöhnlich schon vor der Morgendämmerung aufbrechen: All zu rosig ging es beim Warnstreik der Veolia-Belegschaft Montag früh nicht zu, was nicht nur am nassgrauen „Schmuddelwetter“ lag.
Sondern auch an dem wenig sagenhaften Tarif-Angebot der deutschen Abfallwirtschaft, zumindest aus Sicht der Streikenden. Sinan Öztürk, Vize-Bezirksgeschäftsführer von Verdi Schweinfurt, besucht die orangefarbene Truppe, die zwischen 6 und 9 Uhr demonstrativ Kaffee trinkt. Die Stimmung der 25 entspricht dem Wetter, auch der Kaffee ist ob des Regens rasch verwässert.
Ein Prozent mehr Lohn für 2011 und für dieses Jahr eine Einmalzahlung von 170 Euro, lautet das Angebot des BDE, des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Der erhält von Öztürk prompt eine Abfuhr: Das reiche doch kaum zum Inflationsausgleich. Nach der Wirtschaftskrise der letzten Jahre ziehe die Konjunktur gerade wieder an – drei Prozent Lohnsteigerung müssten aus Verdi-Sicht drin sein.
Mehr noch bringen den Gewerkschaftler BDE-Forderung zur Einführung einer „zweiten Lohnebene“ in Wallung: Neu Eingestellte sollen wieder Stundenlöhne auf dem Niveau von 1995 erhalten. Untragbar für Verdi, ob der Preissteigerungen und Steuererhöhungen der letzten Jahre, Tendenz steigend.
Auch im Mienenspiel von Ralf Weingärtner und Alexander Matern, Betriebsratsvorsitzende des Abfuhrbereichs beziehungsweise der Sortieranlage, spiegelt sich die Novemberstimmung. 40 Mitarbeiter wurden von Veolia Bergrheinfeld, Tochter eines französischen Großkonzerns, insgesamt abgebaut, heute arbeiten hier noch 65 Leute, inklusive Verwaltung.
Unter anderem Papier aus den Blauen Tonnen und Industrie-Abfälle werden in „Berch“ angeliefert – man spüre den Druck des Münnerstädter Entsorgungsunternehmers Seger, heißt es. Der bezahle außer Tarif und habe aus Kostengründen vom Kreis das Restmüll-Geschäft erhalten. Auch die Leiharbeit drücke in der Branche die Preise. Punkt 9 Uhr, der Regen wird ohnehin unangenehm, springen die Entsorger in ihre Fahrzeuge. Warnstreik beendet. Eine heftigere Fortsetzung des Arbeitskampfs ist nicht ausgeschlossen.