Wirklich unbequem war es bei der 9. Nacht der Kultur allerdings fast nirgends. Außer man stand sich an überfüllten Eingängen die Füße in den Bauch – was aber heuer recht selten geschah. Kultur hin oder her – die längste Schlange bildete sich in diesem Jahr am Bratwurststand.
Im Schülercafé Theorema konnte es sich der Kulturhungrige bequem machen. Kaum war er niedergesunken, riss ihn allerdings Rolf Finster aus seiner Behaglichkeit. Finster, Mitglied der Schweinfurter Autorengruppe, wollte mit seinem Text stören, provozieren, wachrütteln. „It's fucking great to be alive“, heißt seit Jahren sein immergleiches Motto. So gab es zu diesem Zeitpunkt schon die ersten Ermüdungserscheinungen. Doch die Rettung kam in Gestalt eines Sturms, der sich als Bauchtanzgruppe „Lysa und Darbukka“ entpuppte und in jeder Pause knapp bekleidet durch die Reihen wirbelte. Kein Anlass für düstere Gedanken also.
Alles andere als trüb ging es auch in der Galerie der Sparkasse zu. Wer hier verweilte, hatte es wahrlich schön in der Welt des „Sitzpinklers“ Andy Sauerwein, Verkörperung aller Studenten-Klischees und für Brüller der beste Mann an diesem Abend. Denn was der Kabarettist in der Hochschulstadt Schweinfurt aus der Universitätsstadt Würzburg berichtete, war ebenso urkomisch wie musikalisch. Plaudernd saß Sauerwein am Keyboard – schade, dass man in Schweinfurt nicht Germanistik studieren kann.
Apropos Germanistik: Natürlich fehlte an diesem Abend Friedrich Rückert nicht. Die Gruppe „Herbsthauch“ sorgte für die richtige Portion musikalischen Lokalpatriotismus. Der Schweinfurter Komponist und Gitarrist Matthias Kleinhenz stellte im KulturPackt-Büro seine Vertonungen von Texten Rückerts vor. Ganz andere deutsche Töne schlugen die Sängerinnen Andrea Lettowsky und Erna Rauscher-Steves mit Liedern zum Thema Nacht von Brahms, Wolf oder Offenbach im Leopoldina-Saal des Rückert-Baus an. Klassisch wie Rückert und frisch wie das Wetter gestalteten sie ihr Programm „Über Nacht“.
Wie jedes Jahr hatte das Programm mit den rund 40 Künstlern an 15 Orten auch seine Tücken. Intime Kreise und kleine Räume erforderten wie immer viel Mut, wenn es darum ging, zur nächsten – beinahe zeitgleichen – Veranstaltung aufzubrechen. Aber auch ohne Hetzerei gab es so manches zu genießen. Nicht allerdings Deutschlands einziges Fuß-Pantomimen-Theater, das nicht in den Schuhen sondern im Stau feststeckte.
Dank des guten Wetters konnte die „Nacht der Kultur“ aber den krönenden Abschluss auf dem Marktplatz begehen: „Ritmo Candela“ und „Outloud“ trommelten, was das Trommelfell zuließ, und für einen Augenschmaus sorgte das obligatorische Feuerwerk.
Online-Tipp
Weitere Bilder zur Nacht der Kultur: www.mainpost.de/4140283