Lisa Wiener erwartet ein Baby. Sie will auf Nummer sicher gehen und kauft Desinfektionsmittel, etwas zum Sterilisieren und jede Menge scharfe Reinigungsmittel. Das Baby soll auf keinen Fall krank machenden Keimen ausgesetzt sein. Auf dem Heimweg trifft sie ihre Bekannte Bernadette Schega-Schmitt. Die rümpft die Nase und kann sich nicht vorstellen, dass dies nötig ist.

Mit diesem kleinen Sketch führten die angehenden Hauswirtschafterinnen ihre Gäste mitten hinein in die Problematik ihres Projekttages. Wie viel Sauberkeit braucht der Mensch eigentlich? Mit viel Aufwand haben die Schülerinnen dieses Thema aufgearbeitet; in dem Sketch, mit Filmsequenzen, Referaten und Anschauungsmaterial brachten sie ihren Gästen die Thematik nahe.
Lehrgangsleiterin Klaudia Schwarz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt begrüßte beim Lehrgang „Qualifizierung in der Hauswirtschaft“ zur Frage „Wie viel Hygiene braucht der Privathaushalt?“ und führte ins Thema ein.
Desinfektionsmittel nur im Ausnahmefall
Sie zitierte eine neuere Statistik, nach der in den Jahren 2010 bis 2015 fast eine Million erwachsene Deutsche täglich Desinfektionsmittel benutzen, 3,5 Millionen benutzen sie mehrmals in der Woche, 20 Millionen monatlich.
Die Werbung suggeriere die Notwendigkeit. Aber auch die in schöner Regelmäßigkeit wiederkehrenden Schlagzeilen über Lebensmittelvergiftungen sorgten für den Griff zum Desinfektionsmittel. Nicht zuletzt die immer häufiger auftretenden multiresistenten Keime in Krankenhäusern haben das Thema Hygiene in den Vordergrund gerückt.

Dennoch gilt, und das zeigten die angehenden Hauswirtschafterinnen eindrucksvoll: Im Privathaushalt genügen die herkömmlichen Reinigungsmittel. Man kann eben nicht alle Risiken im sprichwörtlichen Keim ersticken, denn Keime gehören zu unserem Leben.
Bei Bakterien, Viren und Co. gilt: Es gibt gesunde und krankmachende. Dennoch sollte einiges beachtet werden. Feuchtigkeit, Staub, Schmutz, Wärme und Sauerstoff: All dies fördert das Wachstum von Keimen, und dieses kann gewaltig sein.
Anhand von kleinen Holzkugeln, die Bakterien darstellen, zeigten die Schülerinnen, wie schnell sich krankheitserregende Keime in einem Kartoffelsalat vermehren: Alle 20 Minuten verdoppelt sich deren Anzahl.

Die meisten Keime im heimischen Haushalt aber befinden sich nicht etwa auf Spüllappen, Schwämmen und Abfallbehältern, auch nicht auf der Toilette oder im Bad, sondern auf den Händen.
Deshalb, so das Credo der angehenden Hauswirtschafterin, steht und fällt die Gesundheit im häuslichen Bereich mit dem gründlichen Händewaschen. Ein Filmclip zeigte, dass dies, richtig gemacht, eine zeitaufwendige Beschäftigung ist.

Sauberkeit aber ist nicht nur bei den Händen angesagt. Gerade im Umgang mit Lebensmitteln kann viel falsch gemacht werden. Bei Fleisch, Fisch, Geflügel, Eiern, den sogenannten kritischen Lebensmitteln, ist vom Einkauf über den Transport bis hin zur Lagerung und Verarbeitung auf Sauberkeit zu achten. Auch ungewaschenes Obst und Gemüse ist ein Keimträger.
Um Kreuzkontaminationen zu vermeiden, gehört neben dem Händewaschen und dem Austauschen von Küchenutensilien jede Lebensmittelsorte bei der Zubereitung auf ein eigenes Küchenbrett.
Eine ganz andere Keimschleuder dagegen entwickelt sich häufig in Feuchträumen wie dem Bad. Um Schimmel zu vermeiden, sollten feuchte Stellen immer trockengewischt werden.

Aber selbst wenn jemand krank ist in der Familie, genügt die Reinigung mit herkömmlichen Mitteln. Desinfektion ist im Privathaushalt nur in Ausnahmefällen nötig. Auch Textilien müssen nicht gekocht werden, eine Wäsche bei 60 Grad ist ausreichend.
Die Gäste bekamen von den angehenden Hauswirtschafterinnen einen Sinnspruch mit nach Hause: „Dieses Haus ist sauber genug, um gesund zu sein, und schmutzig genug, um glücklich zu sein.“
Mit wesentlich höheren Hygienestandards allerdings müssen Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten. Franziska Kreisel vom Pflegedienst Nolte kennt dies aus der Tagespflege. Ins AELF aber ist sie gekommen, weil sie ihr Pflegeangebot um haushaltsnahe Dienstleistungen erweitern wollen.
In Klinik und Pflege sieht's anders aus
Alte Menschen, die in ihrer gewohnten Umgebung bleiben wollen, bräuchten eben nicht nur Pflegekräfte, sondern auch Menschen, die sie in ihrem Alltag unterstützen und auch mal Zeit für ein Gespräch hätten, erklärt sie. Bei den angehenden Hauswirtschafterinnen finden sie hierfür ein fachlich geschultes Personal.
Ein guter Grund für Schwarz, gleich wieder für ihren nächsten Ausbildungskurs zur Hauswirtschafterin zu werben; er beginnt im Frühjahr 2017.