Ein Lastzug von beeindruckender Größe, ein 18 Meter langer 40-Tonner, wurde am Freitagvormittag am alten Bauhof in Sennfeld mit Hilfsgütern für die Ukraine beladen. Bestimmt ist die dringend benötigte Lieferung für die Kleinstadt Vyshneva südwestlich von Kiew. Direkte Kontakte dorthin haben ukrainisch-stämmige Einwohner von Sennfeld, die in einer privaten Initiative beim Sammeln, Sortieren und beim Transport von der Gemeinde, etlichen Firmen und vielen Privatleuten unterstützt wurden.
Hennadii Babenko zeigt auf seinem Handy Fotos eines russischen Angriffs auf Kiew. "Die hat mein Freund gestern früh aus dem Fenster seiner Wohnung in Vyshneva gemacht", erklärt er. Dicke Rauchwolken steigen hinter Wohnblöcken auf, dokumentieren die Bombardierung der ukrainischen Hauptstadt.
Hennadii, der mit seiner Familie in Sennfeld lebt, stammt ursprünglich aus Luhansk in der Ostukraine und floh 2014 von dort, als pro-russische Separatisten den Krieg begannen. Er landete in Vyshneva, einer Industriestadt mit 40.000 Einwohnern nahe bei Kiew. Sein Arbeitskollege dort war der stellvertretende Bürgermeister, daher auch der direkte Kontakt zu Vyshnevas Bürgermeister Dikaw. Dessen Appell um Hilfe kam bei Hennadii und über ihn auch direkt bei der Gemeindeverwaltung von Sennfeld an.
Alter Bauhof als Sammelstelle zur Verfügung gestellt
Hennadiis ukrainische Bekannte in Sennfeld, Halyna Rekovskiy, hatte sich gleich zu Beginn des russischen Angriffskriegs vor drei Wochen wegen einer Hilfsaktion an ihren Nachbarn, Bürgermeister Oliver Schulze gewandt. Der sicherte ihr Unterstützung zu, stellte den alten Bauhof als Sammellager zur Verfügung. Aufrufe im Amtsblatt und über die sozialen Medien für Spenden von haltbaren Lebensmitteln, Babyversorgung, Hygieneartikeln, Medikamenten und Verbandszeug wurden in der Bevölkerung gehört.
Henadiis Nachbar Sven Förstenberg übernahm die Organisation der Hilfsinitiative. "Er hat mich gefragt, ob ich mithelfen kann und das hab' ich natürlich gemacht, da kann man doch nicht anders." Förstenberg kontaktierte die Transport- und Entsorgungsfirma Persch in Knetzgau-Westheim, die sich bereit erklärte, kostenfrei einen Lastzug, den Sprit und einen Fahrer für die 1000 Kilometer lange Fahrt zur polnisch-ukrainischen Grenze zu stellen. Betriebsleiter Jens Persch selbst wird am Sonntag den 40-Tonner fahren.
Am Dienstagvormittag will er dort sein und die 8,5 Tonnen Hilfsgüter auf 30 Euro-Paletten umladen auf einen Transporter, den der Bürgermeister von Vyshneva schicken will. Falls das nicht klappt, so Oliver Schulze, habe er bereits Kontakt zu einer ukrainischen Spedition geknüpft.

In den drei Wochen der Sammlung jeweils donnerstags, freitags und samstags stellten neben unzähligen privaten Spendern auch viele Firmen Güter zur Verfügung. Die ortsansässige Firma Kühne spendierte vier Euro-Paletten mit Konserven, die Cramer-Mühle zwei Paletten Mehl, die Firma Lochner das Verpackungsmaterial. Denn die vielen Einzelspenden mussten sortiert und in Kartons verpackt werden.
Eine bunte Truppe Freiwilliger half beim Sortieren
Über die Bayerische Koordinierungsstelle wurde auch der Online-Shop Arebos aus Würzburg auf die Aktion aufmerksam und steuerte 150 elektrische Heizstrahler bei. "Vielleicht erklären sich auch noch andere Mittelständler für eine Spende bereit", hofft Prokurist Johannes Stütz.
An den Sammelabenden kam immer eine bunte Truppe Freiwilliger zum Sortieren und Verpacken: "Leute von hier, Ukrainer, Türken, Weißrussen und auch ein Russe, mein Mann", zählt Halyna auf. Aus täglichen Telefonaten, Whatsapp-Nachrichten und Video-Gruppen mit Verwandten und Freunden in der Ukraine, erfährt das Ehepaar hautnah, was der russische Angriffskrieg dort anrichtet. "Mein Mann teilt das alles seinen russischen Bekannten mit, aber niemand glaubt ihm", ist Halyna entsetzt. "Die schauen russisches Fernsehen".
Auch wenn ihre Hilfsaktion erfolgreich war, wollen die Initiatoren weitersammeln für einen weiteren Transport. "Die Gemeinde Bergrheinfeld will sich uns anschließen", sagt Jens Sven Förstenberg. Auch Spender aus Greßthal wollen weiterhelfen und viele andere Unterstützer haben schon Hilfe zugesagt.