(hh) Heinrich M. schämt sich noch heute. Was ihm kürzlich passiert ist, ist der Albtraum vieler Hausbesitzer: Ihm wurde die vollstreckbare Ausfertigung einer Notarurkunde durch den Gerichtsvollzieher zugestellt. Der unbescholtene Rentner wusste zunächst damit nichts anzufangen. Auch der Absender, die „Lone Star Investmentgesellschaft“, war ihm nicht geläufig.
Erst als Heinrich M. – auf Drängen seiner Frau – einen Anwalt aufsuchte, kam Licht ins Dunkel. Der Landkeisbürger hatte noch ein Darlehen auf sein Eigenheim zu bedienen. Die offene Rest-Summe war nicht mehr allzu hoch, so dass er es auch im Rentenalter bequem in zwei bis drei Jahren geschafft hätte, das Haus schuldenfrei zu bekommen.
Da M. das Darlehen immer ordnungsgemäß bedient hatte, dachte er sich zunächst nichts dabei, als ihn seine Hausbank in Kenntnis setzte, dass der Kredit 2005 veräußert worden sei. Vielmehr ging M. davon aus, dass der neue Gläubiger mit Ablauf der Zinskonditionen Ende 2006 ein neues Finanzierungsangebot unterbreiten würde. Nachdem der Rentner auf das Finanzierungsangebot, das einen Zinssatz in Höhe von 11,7 Prozent auswies, nicht reagiert hatte, stellte erwähnte Investmentgesellschaft das Darlehen aber fällig und ging nunmehr gegen M. vor.
Wie berichtet, können ungeachtet des Schicksals von Heinrich M., viele Schweinfurter Häuslebauer auch weiterhin weitgehend beruhigt sein. Die örtliche Sparkasse, Flessabank und Raiffeisenbanken haben, wie eine Umfrage ergab, klare kundenfreundliche Regelungen.
Der Fall des Rentners zeigt aber, dass es auch anders geht. Die übernehmenden Konzerne seien in der Regel weder von ihrer Unternehmensstruktur auf eine Betreuung der Kreditkunden eingestellt, noch sei ihnen – oft mangels Zulassung – eine Weiterführung des Darlehensvertrages möglich, sagt die Schweinfurter Rechtsanwältin Dr. Marion Wilhelm von der Kanzlei Schulze, Wilhelm, Finster. Wilhelm weist darauf hin, dass – obwohl das über Grundschulden abgesicherte Darlehen bei der Abzahlung sinkt – die Grundschuld in voller Höhe bestehen bleibt. Ein Sicherungsvertrag zwischen Bank und Kunde schütze grundsätzlich zwar vor Missbrauch. Er gelte allerdings nicht für den neuen Forderungsinhaber, der den Kredit erworben hat. „Aus der vollstreckbaren Grundschuldurkunde kann der Investor dann in das Eigentum vollstrecken,“ erläutert die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwältin.
Laut Wilhelm soll das Gebaren zwar gestoppt werden, bis zu einer Gesetzesänderung sollten die Kunden jedoch nicht warten und die Mitteilung, dass das Darlehen auf einen neuen Gläubiger übergegangen sei, „sehr ernst nehmen“. Ihre Kanzlei informiert in einer kostenfreien Veranstaltung am heutigen Dienstag, 19. Februar, ab 19.30 Uhr im Kolping-Bildungszentrum in der Moritz-Fischer-Str. 3.