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REGION STEIGERWALD: Kritik am Kult um „dicke Bäume“

REGION STEIGERWALD

Kritik am Kult um „dicke Bäume“

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    M wie Methusalem: Volker Conrad, Revierförster im 800 Hektar großen Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen, an einem der besonders alten, mächtigen und markanten Bäume, die in der Abteilung „Wolfsweg“ bei Geusfeld stehen. Dennoch möchte er die Methusalem-Bäume nicht generell als Heiligtümer ansehen und ihnen einen Kultstatus einräumen, sondern diese wertvollen, qualitativ hochwertigen Bäume in bestimmten Fällen auch nutzen können.
    M wie Methusalem: Volker Conrad, Revierförster im 800 Hektar großen Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen, an einem der besonders alten, mächtigen und markanten Bäume, die in der Abteilung „Wolfsweg“ bei Geusfeld stehen. Dennoch möchte er die Methusalem-Bäume nicht generell als Heiligtümer ansehen und ihnen einen Kultstatus einräumen, sondern diese wertvollen, qualitativ hochwertigen Bäume in bestimmten Fällen auch nutzen können. Foto: Foto: Norbert Vollmann

    Der „Kult um die dicken Bäume“ wird Volker Conrad langsam aber sicher zu viel, wie er freimütig bekennt. Mit den dicken Bäumen sind die Methusalem-Giganten im Wald gemeint. Die heißen so, weil sie besonders alt, mächtig und markant sind. Mit dem Hinweis auf den Kult zielt der Revierförster im 800 Hektar großen Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen und im Gerolzhöfer Stadtwald auf den öffentlichen Aufschrei ab, wenn die Motorsäge an eine dieser Baum-Legenden angesetzt wird. So wie unlängst am Methusalempfad bei Ebrach oder zuvor im Herbst im Walddistrikt „Krackentännig“ an der B22 bei Neudorf.

    Während am Radstein die Verkehrssicherheit für den Forstbetrieb Ebrach ausschlaggebend war, wurde bei Neudorf eine besonders stattliche Stieleiche mit dem Methusalem-Maß vom Forstbetrieb Arnstein eingeschlagen, um sie zu verkaufen. Volker Conrad ist der festen Überzeugung, dass es möglich sein muss, unter bestimmten Umständen auch Methusalem-Bäume zu fällen und diese nicht generell als Heiligtümer zu behandeln.

    Gerade weil Volker Conrad seit Jahren eher als „grüner Förster“ gilt und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Kapital Wald lebt, verwundert seine Aussage im ersten Moment. Doch Ökonomie und Ökologie bleiben für ihn auch in diesem Fall untrennbar miteinander verbunden, wenn er pragmatisch feststellt: „Wir müssen auch immer soviel Geld im Wald erwirtschaften, dass wir uns den Natur- und Artenschutz leisten können.“

    Und er schiebt nach: „Es dauert 120 bis 160 Jahre bis man sich über so ein starkes und wertvolles Holz freuen kann und dann soll es verwerflich sein, es zu nutzen. Das ist in meinen Augen der falsche Ansatz.“

    Vielmehr müsse es für jeden Waldbesitzer legitim sein, einen von Generationen von Förstern gehegten qualitativ besonders hochwertigen Baum zu Geld zu machen. Conrads Standpunkt: „Wir müssen uns einerseits so alte Bäume gönnen und sie stehenlassen, andererseits aber auch in der Lage sein, sie zu nutzen.“

    Die Befürchtung des Försters: „Um dem Ärger aus dem Weg zu gehen, könnte dazu übergegangen werden, die in Frage kommenden Bäume zu fällen, bevor sie zu Methusalems aufsteigen.“ Damit würde aber gerade dem Natur- und Artenschutz ein Bärendienst erwiesen.

    Die Symbiose, das Neben- und Miteinander, müsse vielmehr möglich sein, so der bekennende Verfechter einer integrativen Waldwirtschaft. Ganz konkret: Auf ökologisch wertvollen Kleinflächen hat der Natur- und Artenschutz Vorrang, ansonsten, wenn auch nicht uneingeschränkt, die forstwirtschaftliche Nutzung.

    Bestätigt in seiner Einschätzung, nicht auf dem Holzweg, sondern auf dem richtigen Weg zu sein, sieht sich Conrad etwa durch die Rückkehr von Schwarzstorch, Feuersalamander, Wildkatze und Biber oder das Vorkommen bestimmter Fledermausarten im Steigerwald, „auch ohne einen Nationalpark, rein durch rücksichtsvolle Waldwirtschaft“.

    Umso unverständlicher ist für ihn, warum der Forstbetrieb Arnstein angesichts der öffentlichen Kritik einknickte und die Eiche aus dem „Krackentännig“ unter Wert verkaufte, statt sie zum Höchstpreis auf einer Wertholzsubmission zu versteigern. Für Conrad hätte dieser Stamm bei entsprechender Qualität dort durchaus das Zeug zur „Braut“ gehabt. Als solche wird der Stamm bezeichnet, der bei der Auktion den höchsten Festmeter-Preis erzielt.

    Wer Verantwortung im Wald trage, könne zudem nachvollziehen, wenn wie am Methusalem-Pfad bei Ebrach aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht Bäume ganz gefällt oder Äste und Kronen beschnitten werden. Der Schutz von Leib und Leben komme vor der Erhaltung alter Bäume, so der Forstmann weiter.

    „Wir müssen soviel Geld im Wald erwirtschaften, dass wir uns den Natur- und Artenschutz leisten können.“

    Volker Conrad, Förster

    Eine gewisse Kritik will und kann Conrad aber am Standort direkt an der Bundesstraße und dem Radweg nicht verhehlen. Konflikte seien hier vorprogrammiert. Bei 17000 Hektar Staatswald müsste es möglich sein, einen ähnlich geeigneten Standort an anderer Stelle zu finden.

    Während der Förster dies alles sagt und sich von der Seele redet, befinden wir uns in der Abteilung „Wolfsweg“ inmitten „seiner“ prächtigen Methusalembäume mit dem in leuchtendem Pink auf die Rinde gesprühten großen M. Die Baumperlen stehen hier bei Geusfeld, wie an einer Schnur aufgereiht, entlang des nach Ebrach führenden Forstweges. Zusammen mit der Abteilung „Grenzneuwiese“ ganz in der Nähe handelt es sich um die ältesten Buchenbestände im Bürgerwald.

    Die vor Vitalität nur so strotzenden Buchen kommen vom Alter und von der Dimension her denen im berühmten Naturwaldreservat „Kleinengelein“ des staatlichen Forstbetriebs Ebrach bei Wustviel sehr nahe.

    Eine dieser „Wolfsweg“-Riesenbuchen ist aufgrund ihres ausgeprägten Wurzelfußes sogar Conrads Lieblingsbaum im gesamten Bürgerwald.

    Aber auch eine 140 Jahre alte Fichte und eine stattliche Lärche sind als Prachtexemplare unter den „dicken Bäumen“ zu finden. Conrad: „Sie stören hier keinen und Nadelbäume gehören genauso zum Steigerwald wie die Buche oder Eiche.“

    Man kann in diesem Moment förmlich spüren, wie sehr Volker Conrad die naturnahe Waldwirtschaft und der Umbau des Waldes zu dessen Stabilisierung angesichts der Klimaerwärmung am Herzen liegen. Aber auch, dass er lieber den goldenen Mittelweg beschreitet, und sich nicht vorschreiben und aufzwingen lassen möchte, was er im Wald zu tun und zu lassen hat.

    Conrads Vorschlag zur Güte: „Ziel sollte sein, dass alle Waldbesitzer, egal ob es sich um Staats-, Kommunal-, Körperschafts- oder Privatwald handelt, künftig in höherem Maß Bäume in diese alten und starken Dimensionen ausreifen lassen, um sie dann mit Augenmaß zu ernten.“

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