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SCHWEINFURT: Künstler der Triennale: Der Platzhirsch

SCHWEINFURT

Künstler der Triennale: Der Platzhirsch

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    Benjamin Zuber: Selbstporträt mit Selbstauslöser.
    Benjamin Zuber: Selbstporträt mit Selbstauslöser. Foto: Fotos: Benjamin Zuber

    Diese Handtücher sehen wirklich unappetitlich aus. Alleine die Farben zwischen Entenkacke-Grün und Schlamm, von den Flecken gar nicht zu reden. Man will gar nicht wissen, wo diese Handtücher schon überall gelegen und wer mit ihnen was gemacht hat. „Und das soll Kunst sein?“, war bei der Eröffnung der Triennale für zeitgenössische Kunst in der Kunsthalle zu hören – wenn auch leise geflüstert, man will ja nicht als Banause dastehen.

    Ja, die Arbeit „Platzhirsch“ von Benjamin Zuber ist Kunst, und eine ziemlich gute sogar. Eine, die sich vielleicht nicht sofort und nicht jedermann erschließt – aber seit wann wäre das ein Kriterium für gute Kunst. Es ist eine Kunst, hinter der ein spannendes Konzept steht, die auf mehreren Ebenen funktioniert und sich gerade deshalb nicht so leicht erklären lässt. Hier also der Versuch, in die Konzept-, Installations- und Performancewelt des Benjamin Zuber einzusteigen.

    Kurz ein paar Daten: 1982 in Bamberg geboren, Studium Medienwissenschaften, Kunstgeschichte und Kunst in Erlangen, Nürnberg, Karlsruhe und Wien, Stipendien, Bayerische Debütantenförderung, Lehrauftrag, lebt in München. Seine eigenwillige Arbeit „Platzhirsch“ macht ihrem Namen alle Ehre, behauptet sich in der Großen Halle zwischen traditioneller Malerei, hervorragender Fotografie und großformatiger Zeichnung.

    Zuber hat aus gebrauchten Bundeswehr-Handtüchern, die er für wenig Geld bei eBay ersteigert hat, ein großes Tuch geknüpft und über einer Vorhangstange drapiert, die wie ein Banner an einem Bündel von schwarzen Zeltstangen hängt. Titel und Material spielen auf das Verhalten an, seinen Territorialanspruch – zum Beispiel auf eine Liege am Pool – durch ein Handtuch geltend zu machen. Dass Zuber alte Handtücher aus Bundeswehrbeständen verwendet hat, kann als eine weitere Bedeutungsebenen gelesen werden, als eine kleine politische Anspielung auf die Tatsache, dass es Armeen sind, die Territorialansprüche durchzusetzen versuchen.

    Und natürlich setzt auch er selbst einen Anspruch durch. Diese Arbeit, die ursprünglich Teil einer Installation war und die er eigens für die Große Halle auf 4,50 Meter Höhe erweitert hat, soll wahrgenommen werden, soll sich behaupten können im Umfeld der anderen Arbeiten – aber auf uneitle, witzige Weise. Für Kurator Hans–Peter Miksch geht Zuber mit dem „Platzhirsch“ noch einen Schritt weiter, er hinterfrage den ganzen Wettbewerb. Auch dieses Paradoxon spiegelt menschliches Verhalten wider: an einem Wettbewerb teilnehmen, gesehen werden wollen und das Ganze gleichzeitig in Frage stellen.

    Benjamin Zuber greift in seinen Arbeiten oft Klischees auf, die nur scheinbar einfach zu erklären sind oder belächelt werden, in Wirklichkeit aber eine komplexe Fragestellung aufwerfen. Im zweiten Schritt sucht er nach einer künstlerisch-technischen Möglichkeit, diesen Klischees eine sichtbare und begreifbare Form zu geben – meist sind es Installation oder Performances. Dabei bezieht er sich gerne auf die Formensprache der traditionellen Kunstgenres Bildhauerei und Malerei und entlarvt gleichzeitig deren Bedeutungsschwere. Das Banner aus unterschiedlich grünen alten Handtüchern hat durchaus malerische Aspekte.

    Ausgangspunkt jeder Arbeit ist die Konzeption. Bei der Umsetzung will Zuber bildhauerisch-technische Lösungen finden, die das Material an seine Grenzen bringt. Wie stark lässt sich eine Zeltstange belasten, wie oft lässt sich ein Gipssack im Wasser versenken und hochholen, was passiert mit einer Stange Heißkleber, wenn sie auf einer brennenden Glühbirne liegt? Zuber interessieren Gratwanderungen, inhaltliche, formelle und technische. Auch die humorvollen Aspekte sind Gratwanderungen. Sie dürfen niemals platter Witz sein, sollen die Ernsthaftigkeit einer Aussage brechen, ohne sie ad absurdum zu führen.

    Eine Gratwanderung bleibt auch, wie viel der 30-jährige Künstler zu seinen Arbeiten sagt und schreibt, wie viel oder wie wenig Erklärung sie bedürfen. Auf seiner Website gibt Zuber einige technische Hinweise, überlässt alles weitere der Assoziationsfähigkeit des Betrachters. Auffallend ist, dass seine Arbeiten oft einen männlich-dominanten Aspekt haben: das Phallus-Symbol bei der Nachttischlampe, Titel wie „Platzhirsch“, der „Räuberknoten“ aus dem typischen Handwerkermaterial Trockenbauprofile oder eine sockelähnliche Skulptur aus Styroporplatten, über deren oberes Ende ein mit Wasser gefüllter schwarzer Müllsack gestülpt ist. Diese Arbeit ist für Zuber vor allem ein Spiel mit dem „Ausstellungsobjekt“ Sockel, aber seit Abu Ghraib kann ein schwarzer übergestülpter Müllsack auch Assoziationen an Folterszenen wecken.

    In dieser Serie stellen wir die Künstler der Triennale vor, die bis 23. September in der Kunsthalle zu sehen ist. Mehr über Zuber: www.benjaminzuber.com.

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