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SCHWEINFURT: Künstler Oliver Boberg: Nichts ist ganz harmlos

SCHWEINFURT

Künstler Oliver Boberg: Nichts ist ganz harmlos

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    Oliver Boberg: In Schweinfurt zeigt er mit der „alten Mauer“ und dem „Gewerbegebäude“ nichts ganz Harmloses.
    Oliver Boberg: In Schweinfurt zeigt er mit der „alten Mauer“ und dem „Gewerbegebäude“ nichts ganz Harmloses. Foto: Foto: Katharina Winterhalter

    Bei der Vorbereitung auf die Triennale in der Kunsthalle war Oliver Boberg schnell klar, dass er hier nichts ganz Harmloses zeigen würde. „Der zweite Boberg kann in Schweinfurt doch nicht so tun, als gäbe es den anderen Boberg nicht“, sagt er und grinst. Der andere Boberg ist sein Bruder Marc-Dominik, der Stadtrat, der 2011 vergeblich gegen den Abriss des Alten Krankenhauses gekämpft hat. In einer seiner letzten Aktionen sprühte er eine Parole auf die Mauer des Alten Krankenhauses und musste sie schließlich wieder übermalen.

    Und was zeigt Oliver Boberg, der Künstler? Die Fotografie einer alten Mauer, auf der jemand offensichtlich etwas übermalt hat. Hinter der Mauer, in einem verwilderten Garten, steht ein gelber Baucontainer. Es ist klar, hier wird etwas passieren, hier wird etwas Neues entstehen. Als Pendant zeigt Boberg die Fotografie eines „Gewerbegebäudes“, für ihn Beispiel einer fantasielosen, gesichtslosen Architektur, die versucht, mit billigen Methoden repräsentativ zu wirken. In der Gegenüberstellung mit der alten Mauer fühlt sich der Schweinfurter Betrachter sofort an den Neubau des Gesundheitsparks erinnert, dem das Alte Krankenhaus weichen musste.

    Eines aber ist klar: die beiden Arbeiten sind auf keinen Fall reine Provokation. Sie können und sollen zwar durchaus als Architekturkritik gelesen werden, aber sie werfen eben auch – wie alle Werke von Oliver Boberg – Fragen auf, die weit über diesen Ansatz hinaus gehen. Es sind Fragen nach unserer Wahrnehmung und danach, wie Orte Erinnerungen, Gefühle, Assoziationen und Erwartungen hervorrufen können. Außerhalb von Schweinfurt, ohne das Wissen um die Geschichte mit dem Bruder, funktionieren die beiden Arbeiten ohnehin ganz anders. In Berlin würde man vielleicht an ein brach liegendes Gelände im Osten denken, sagt Boberg.

    Wer sein Werk kennt, weiß natürlich, dass der 47-Jährige nicht die Realität fotografiert, sondern Modelle von Orten baut, die es so nicht gibt, die aber an reale Orte erinnern. Architektur, Gebäude und Innenräume haben Boberg schon immer interessiert. Nach dem Abitur in Schweinfurt entschied er sich für das Studium der Malerei in Nürnberg. Aber er merkte bald, dass die Malerei nicht sein Weg war, um die Ausstrahlung eines Ortes einzufangen. In Filmen wie „Blade Runner“ sah er, dass es dem Medium Film gelang, nur mit Hilfe von Modellen eine Welt zu schaffen, die den Betrachter im Kino überwältigte. Ihm wurde bewusst, welche gewaltige Wirkung Modelle haben können.

    Seine ersten Versuche mit abstrahierten, kühlen Raummodellen in Guckkästen scheiterten. Es blieben Guckkästen, denen etwas jahrmarktmäßiges anhaftete. Erst der nächste Schritt funktionierte. Er fotografierte die Modelle. Plötzlich kam die Malerei zu ihm zurück, als er begann, die bis dahin weißen, abstrakten Raummodelle zu bemalen. Die erste Serie nannte Oliver Biberg schlicht „Orte“ und sie ist bis heute nicht abgeschlossen. Es sind unspektakuläre Plätze, die wir täglich sehen, aber selten bewusst wahrnehmen: Unterführungen, Hauseingänge, Hinterhöfe, Abstellplätze. Zu den Orten kamen im Lauf der Jahre weitere Themen-Serien. Wände, Nacht-Orte, Himmel, Seiten und Slums.

    Alles echt, nichts digital verändert

    Am Anfang steht immer eine Zeichnung, früher mit Stift und Papier, heute meist am Computer im Photoshop entwickelt. Nach dieser Zeichnung baut er ein Modell. Von Anfang an ist der Standort der Kamera festgelegt, mit dem das Modell am Ende vom Profifotograf Volker Rudolph so aufgenommen wird, dass auf den großformatigen Aufnahmen nicht mehr zu erkennen ist, dass sie kein Abbild von Wirklichkeit sind. Bis es soweit ist, kontrolliert Boberg jede Veränderung mit einer kleinen Digitalkamera.

    Das Modell wird perfekt gebaut, Boberg manipuliert nichts digital. Die Bäume hinter der Mauer beispielsweise sind dicke Äste, an die er zusätzliche dünne Ästchen klebt. Die passende Maserung der Rinde malt er. Mauer und Hauswand sind aus Holz und ebenfalls bemalt. Die Risse wirken so natürlich, weil er das Holz an dieser Stelle gebrochen hat. Neben Styropor und Gips verwendet Boberg viel natürliches Material. In seinem Atelier stehen Tüten voller Straßendreck, altem Laub, Staub, Aschen, Teeblätter. Und dann verrät er den Trick mit den Bubiköpfen. Diese Zimmerpflanzen lässt er vertrocknen und setzt sie überall dort ein, wo in seinen Bildern Bodendecker oder Rankpflanzen wachsen.

    Oliver Boberg zeigt immer nur Ausschnitte, er deutet an, spielt geschickt mit den Erwartungen des Betrachters. Der vervollständigt die Bilder mit Hilfe seiner eigenen Erinnerungen und Assoziationen.

    In dieser Serie stellen wir die Künstler der Triennale für zeitgenössische Kunst vor. Die Ausstellung ist bis 23. September in der Kunsthalle zu sehen.

    Mehr über den Künstler Oliver Boberg auf seiner Website www.oliver-boberg.com

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