„Wir bekommen einen neuen Gastwirt, direkt aus der Hadergasse und hoffentlich lebenslänglich.“ Hans Appold, der verstorbene langjährige Vorsitzende der Turngemeinde 1848, hat die Anwerbung von Lothar Kreile 1973 im TG-Vereinsheft auf diese hintergründige Weise beschrieben. Kreile war Wirt in der Rhönlust und nebenan steht die Villa Rosa, der Knast.
Lebenslänglich wird es dann doch nicht
Appold sollte (fast) Recht behalten: Bald 45 Jahre kocht der Kult-Koch nun schon in der „Gemee“. Das hat Seltenheitswert. Mit der Schlagzeile „Deutschlands ältester Vereinskoch“ läge der Reporter wohl nicht falsch, meinte der 71-Jährige. Die Einschränkung „fast“ verrät es schon. Kreile kocht doch nicht lebenslänglich, er hört auf.
Hildegard, die Frau an seiner Seite (Goldene Hochzeit war 2015) auch in der TG-Küche, „beackert mich schon seit sechs Jahren, aber ich habe mich immer gewehrt“, sagt Kreile in der für ihn typischen Art. Er hat den Verein kürzlich informiert, und weil die mündliche Kündigung „einfach ignoriert wurde“, hat er das jetzt schriftlich nachgereicht.
Spätestens am 31. Juli 2018 bereitet er zum letzten Mal „Schneewittchen“ (Schinkennudeln) oder „Rübezahl“ (Wienerle mit Pommes) zu. Wenn sich aber schneller „ein geeigneter Interessent“ findet, dann hört Lothar Kreile auch früher auf, im Februar oder März, oder im April nach einer ebenso angebotenen Einarbeitungszeit. „Ich habe in über vier Jahrzehnten so viele Gruppen hergezogen, ich möchte dass das weitergeht“.
Der Onkel aus der Rhön war Wirt und Wegbereiter
Kreile, Baujahr 1946, Schweinfurter. Er ist ein Unikat voller Humor und voller Anekdoten. Vater Bernhard und Mutter Margot hatten zu tun, die vier Jungs durchzubringen. „Bei Onkel Eberhard, da hatte ich immer was zu essen.“ Der Onkel war Wirt der „Sonne“ in Bischofsheim und war der Grund, dass Kreile schon als Kind gerne gebacken, gekocht hat und Koch werden wollte.
Kreile absolviert in Rothenburg zunächst eine Konditorenlehre. Die Kochausbildung folgt in Bad Kissingen. In Rothenburg lernt er seine Frau Hildegard kennen. Tochter Gudrun wird noch vor der Hochzeit 1965 geboren. Mit 21 ist Lothar Kreile dreifacher Vater (heute vierfach), Koch und Konditor. Er geht zu den Amerikanern in den Offiziersklub. Roland Moser, später Jahn-Wirt, ist dort der Chef. Nächste Stationen: Hauptbahnhof-Gaststätte, er leitet bald die Küche, ebenso nach dem Wechsel zum "Riedener Wald“. 1972 übernimmt Kreile die vakante Gaststätte „Rhönlust. Es folgt die Abwerbung durch die TG-Führung, neben Appold klopfen Rudi Eckenweber, Georg Belleth und Wolfgang Gehe an. „Da hat jeder was zu sagen, nur nicht der Wirt“, begründet er zunächst sein Nein. Als Appold zusagt, dass er jeden rauswerfen darf, der sich nicht benimmt, sagt Kreile zu. Reingeredet hat tatsächlich keiner. „Die
Die Zusammenarbeit war mit allen Vorsitzenden gut
Zusammenarbeit mit der TG war immer gut, bei allen Vorsitzenden“, sagt Kreile und nennt sie: Hans Appold, Horst Laschka, Karl-Heinz Kauczok, Georg Appold. Da fällt ihm ein: „„Mit Appold fing es an, mit Appold hört es auf“. Kreile lacht dabei herzlich.
Unvergessliche Ereignisse? Kreile lacht erneut und nicht zum letzten Mal. Zur 1200-Jahrfeier der Stadt veranstaltet er 1991 die „größte Schlachtschüssel der Welt“ für – logisch – 1200 Leute. Weil der Schweinfurter Köcheverein hilft, wird Kreile Mitglied.
Um Bundeskanzler Helmut Kohl zu sehen, kommen 5000 Menschen zum Lindenbrunnenweg. Auch Marianne Strauß lockt fast 1000 Landfrauen an. Dann natürlich die legendären TG-Faschings, die von Freitag bis Rosenmontag dauern. 20 Mal habe er „diesen verrückten Marathon“ gemeistert. Jürgen Hingsen war mal zu Gast, der Zehnkampf-Weltrekordler und Silbergewinner bei Olympia 1988.
Die Küche habe er stets daran orientiert, dass die TG ein Sportverein und die Gaststätte kein Gourmet-Restaurant ist“. Mit der richtigen Mischung hat er viele Gruppen an Land gezogen: Sängerkreise, Kartler, Rentnergruppen, die Schweinfurter Kugelleger.
Dank an die vielen treuen Mitarbeiter
Er dankt einigen aus seinem Team: Mathilde Kimmel, sie hörte 2010 nach über 20 Jahren auf. Stellvertretend für die „generationenübergreifend Beschäftigten“ steht Familie Niestroj. Irmgard, dann Schwiegertochter Monika, dann Tochter Alexandra.
Fällt er in ein Loch? Reaktion: Kreile lacht. Er ist und bleibt Chef der TG–Fußballabteilung. Er führt den VdK Ost und Nord. „Es ist besser, nicht gleich alles aufzugeben“, grinst er. Letzte Fragerunde: Das persönliche Lieblingsessen? Verrät er nicht. Sehr wohl aber, dass er Kalbskopf und Schnickerli am liebsten kocht. Hat er 40 Jahre TG bereut? „Ich war schon immer Optimist, mir ist es einfach nicht gelungen, alle rauszukochen.“ Nein, die Freude habe immer überwogen. Leicht hat es Lothar Kreiles Nachfolger nicht.