Eigentlich wollten wir nicht über das Wetter schimpfen. Dennoch: es war verdammt nass und auch kalt, als Urban Priol beim Kultursommer auf den Kessler Field zu Gast war und sein gut zweistündiges Programm gnadenlos zu Ende brachte. Die Besucher hielten durch, was für Priol spricht, der so alles durchging, was die Menschen aktuell bewegt, wenngleich einige Doppelungen durchaus verzichtbar gewesen wären.
Der inzwischen 60-Jährige Aschaffenburger ist Schweinfurt zum einen durch seine Auftritte in der Kulturwerkstatt "Disharmonie" seit Beginn seiner über 30-jährigen Karriere verbunden und er war treuer Gast der Oldtimerausfahrt "Sachs Franken Classics", die es nun aber nicht mehr gibt.
Aufreger Fußball-Europameisterschaft
Das hat nichts mit der Corona-Pandemie zu tun, der Priol einen großen Teil seines Programms widmete. So richtig aufregen kann er sich dabei über die Fußball-Europameisterschaft, die die Funktionäre aus dem Wallis, der "riesigen Korruptionsplantage", gegenüber Regierungen durchgesetzt hätten, die nichts mehr in der Hose hätten. Da sei es schon gut gewesen, dass alle Despoten-Staaten schon in der Vorrunde ausgeschieden seien.
Einen Affront gegenüber Gastronomie und Kulturschaffenden sieht er auch in der Zulassung von Gottesdiensten unter Hygieneregelungen. In Corona-Zeiten, so Priol weiter gebe man sich nicht mehr die Hand, sondern halte sie auf, sagt er mit Blick auf die bayerische Maskenaffäre.

Auch die bevorstehende Bundestagswahl war natürlich ein Thema. Da werde Angst geschürt, vor allem vom "Zerstörer Bild-Zeitung". Priol macht aus seiner Abneigung gegenüber CDU/CSU und FDP keinen Hehl, schont die Grünen und die SPD auffällig. Er freut sich über den Niedergang der Schwarzen, für den sich Kabarettisten Jahrzehnte lang ("Merkels bleierne Zeit") abgearbeitet hätten. "Plötzlich läufts." In der Klimafrage sei 20 Jahre lang nichts passiert, hält er der "Klimakanzlerin" vor. Laschet ist für ihn ein "Ritter von der traurigen Gestalt", ein "Braunkohle-Napoleon" ohne Zukunftsziele.
Dass die CSU in Bayern mit dem Trio Dobrindt, Bär (die als Gesicht des deutschen Digitalversagens den Menschen "einen Bär" aufgebunden habe) und Scheuer an der Spitze antritt, ist für Priol nur zum Lachen. Mit der "Taskforce Beschaffung" für die Pandemie mit Spahn (der nichts zustande gebracht habe als den Erwerb einer Vier-Millionen-Villa) und Scheuer "kommt die Satire an ihre Grenzen".
Ein bisschen bekommen auch die anderen ab. Annalena Baerbock hätte doch wissen müssen, dass bei einer Kanzlerkandidatin genau hingeschaut werde. "Wie kann man nur so doof sein?"
Da hagele es Kritik, die es bei Frau Merkel, die in diesem Programm kaum noch eine Rolle spielt, nie gegeben habe. Altkanzler Schröder ist der "Gas-Ableser Putins", Kanzlerkandidat Scholz zu nahe dran an den "Hamburger Pfeffersäcken".
Ein besonderes Verhältnis hat Priol zu Winfried Kretschmann, dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg – wo seit zehn Jahren bekanntlich die "größtmögliche Ökodiktatur herrscht". Nahezu perfekt macht er dessen pastoralen Tonfall, seinen alle umarmenden Stil, nach.
Das Thema Gendern darf nicht fehlen. "Ist die Möhre die weibliche Form von Mohr?" oder "Wäre es heute in Ordnung, wenn Roy Black ´Ganz in Weiß` singen würde?"
Demokratie ist Sisyphusarbeit
Zum Schluss des langen Abends wird Priol, fast schon ein bisschen philosophisch. Es geht um die Klimakrise. Er spricht alle Menschen an, sie seien die Aufsichtsräte der Regierenden und sollten es denen möglichst schwer machen. In einem Poetry Slam-Song mahnt er, Demokratie ist Sisyphusarbeit. Alles im Fluss. Das ist auch der Titel des aktuellen Programms.
