Greta Thunberg in immergleicher Ausführung in Plastik – ist das ein Skandal oder ist es einfach nur Diskussionsfutter für die Schweinfurter Kulturinteressierten? Ein bisschen seltsam mutet es durchaus an, die vervielfältigten kleinen grauen Mädchen im Innenhof der Kunsthalle sitzen zu sehen bei der neuen Sonderausstellung des Künstlers Ottmar Hörl.
Plan B heißt die Einzelpräsentation, die an drei Ausstellungsorten zu sehen ist. Den Schweinfurtern ist der Künstler spätestens seit seinen bunten Rückert-Köpfen bekannt. Greta Thunberg ist nun die erste lebende Person, die der Künstler als serielle Skulptur aufgreift. Und tatsächlich ergibt sich unter diesem Aspekt ein neues Seh-Gefühl, das erst einmal wirken muss in der Betrachterseele. Geht es nicht bei der Kunst genau darum? Oder ist das eine Übergriffigkeit und missbräuchliche Nutzung des realen Mädchens, das längst schon plakativ für vieles verwendet wird über ihre dringlich Botschaft hinaus? Ausgerechnet in Plastik? Oder ist es das eigene schlechte Gewissen, das einen plagt?

Der ehemalige Präsident der Akademie der Künste in Nürnberg, Ottmar Hörl, bezieht sich durchaus auf Greta Thunbergs Botschaft, dass nämlich dringend etwas am Zustand unseres Lebens und Wirtschaftens geändert werden muss. Er will gerade durch die Vervielfältigung den Aspekt eröffnen, dass es die Einzelnen sind, die mit Entschlossenheit und Ausdauer durchaus die Kraft haben, Veränderungen zu bewirken. "Das Gewissen der Welt" heißt die Installation.
Bei der Eröffnung der Ausstellung verweist die Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunsthalle, Maria Schabel, auf den Gesamtkontext von Hörls aktuellen Fragestellungen. Die umfassend angelegte Werkschau stelle zum Beispiel das Werk "Die Rede an die Menschheit" in einen direkten Zusammenhang mit der Installation Orakel, die auf die Ursprünge unserer Demokratie verweist.
Sie verwandelt Pappkartons zu griechischen Säulen, Aktenschränke mit den unzähligen "Reden" verweisen auf unzählige Aspekte, die sicherlich auf unzähligen UN-Versammlungen bereits vielfach erwähnt wurden. Eine Weltkarte dreht sich schwindelerzeugend um sich selbst. Im anderen Raum der zweigeteilten Halle stehen zahlreiche vervielfältigte Astronauten, kopierte Menschen in ihren Schutzanzügen, herum, Raumkapseln und Bilder vom Weltall ergänzen die Atmosphäre. Sie zeigen die Irrwitzigkeit eines solchen Plans B auf. Die dünnen, armseligen Schläuche, mit denen die Astronauten mit ihren Sauerstoff-Rucksäcken verbunden sind, verweisen auf die Nabelschnur, mit der unser aller Start ins Leben begonnen hat.

Hörls Werk gebe uns geistige Schubser, so Schabel, die unseren Blick immer wieder auf die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge lenkten, auf die Weltlage "so düster wie der Nachmittagshimmel".
In ihrem Grußwort weist stellvertretende Bürgermeisterin Sorya Lippert darauf hin, dass wir "mit Hörls Kunst die Beziehung von Individuum und Gesellschaft ganz neu zu fassen kriegen, egal welcher Herkunft wir sind."
Die Ausstellung Plan B zeigt neben den unbekannteren malerischen Arbeiten in der Sparkassengalerie auch im Kunstsalong eine Installation Hörls. "Schüchterne Skulpturen" trauen sich nicht aus ihren Transportkisten, "nervöse Skulpturen" stehen im Raum verteilt, und spätestens hier werden die Besucher selbst zu mehr oder weniger nervösen Objekten.
Dass diese Ausstellung mitten im Weltgeschehen steht, lässt sich auch an den einzelnen Begriffen erlauschen, die in den Besuchergesprächen auftauchen. Da kommen Putin, Klima, Ukraine, Geld, Gas, Grauen und Bombe in die Kunst hinein und wirken mit. Vielleicht ist es tröstlich, dass die Besucher, nach ausdrücklicher Aufforderung Schabels, sogleich mit den Figuren zu spielen beginnen und sie in neue Kontexte stellen. Da berühren sich plötzlich die Figuren an den Händen, sie sitzen im Kreis und zeigen plötzlich eine menschliche Zugewandtheit auf. Vielleicht ist das ein Schlüssel für zukünftige Lösungen.