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Gerolzhofen: Landwirt spritzte am 1. Mai: "Er vertrieb uns für mehrere Stunden aus dem Garten"

Gerolzhofen

Landwirt spritzte am 1. Mai: "Er vertrieb uns für mehrere Stunden aus dem Garten"

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    Ein Landwirt versprüht Pflanzenschutzmittel auf einem Feld. In Gerolzhofen gibt es jetzt wegen des Spritzmitteleinsatzes am Feiertag 1. Mai Ärger.  
    Ein Landwirt versprüht Pflanzenschutzmittel auf einem Feld. In Gerolzhofen gibt es jetzt wegen des Spritzmitteleinsatzes am Feiertag 1. Mai Ärger.   Foto: Patrick Pleul

    "Ist denn das noch normal?" Der Ärger ist dem Gerolzhöfer noch immer anzumerken, wenn er von dem Vorfall berichtet, der sich am Nachmittag des gesetzlichen Feiertags am 1. Mai am westlichen Rand des Neubaugebiets an der Weißen Marter zugetragen hat. Bei bestem Frühlingswetter hatte es sich die Familie am Feiertag zur Kaffeezeit auf der Terrasse bequem gemacht, als gegen 15 Uhr ein Landwirt mit einem Traktor samt Geräteanbau auftaucht und beginnt, den Getreideacker, der hinter dem Hochwasserwall direkt an insgesamt neun Wohnhäuser angrenzt, mit Spritzmittel zu behandeln.

    Welches Mittel der Landwirt gespritzt hat, weiß der Anwohner nicht. "Er vertrieb uns aber für mehrere Stunden aus dem Garten." Ähnlich erging es den umliegenden Nachbarn, denn der Bauer habe für mehrere Stunden eine regelrechte Dunstglocke über der Siedlung erzeugt. "Noch gegen 20 Uhr lag der Geruch des Spritzmittels in der Luft."

    Der Hund der Familie habe plötzlich gesundheitliche Probleme bekommen. "Er hatte Magenbeschwerden und Durchfall, zitterte am ganzen Körper", erzählt der Mann. Und der Tierarzt, der den Hund daraufhin behandelt habe, habe gesagt, dass diese Symptome durchaus von einem Spritzmittel herrühren könnten.  Für die tierärztliche Behandlung sei es aber wichtig zu wissen, um welches Spritzmittel es sich gehandelt habe. "Meine Frau ging daraufhin zum Eigentümer des Ackers, um die Art des Spritzmittels zu erfahren. Allerdings stritt der Mann erst einmal ab, dass er überhaupt dort gespritzt hat."

    Feldarbeit am Sonntag?

    Der Anwohner stellt die Grundsatzfrage: "Müssen Landwirte unbedingt am Feiertag solche Arbeiten durchführen?" Er beobachte sowieso, dass sonntägliche Arbeiten auf den Feldern oder das Ackern selbst in den späten Abendstunden oder mitten in der Nacht zunehmend beliebter werden. "Dies stört uns aber nicht so, wie das Spritzen mitten am Nachmittag an einem Feiertag."

    Joachim Dömling vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt erklärt, dass Landwirte auch an Sonn- und Feiertagen in bestimmten Ausnahmefällen auf ihre Felder dürfen, wenn es sich dabei um unaufschiebbare Arbeiten handelt. Dieses "unaufschiebbar" sei dann gegeben, wenn erhebliche Schäden für den Betrieb drohen würden. Der Landwirt könne in solchen Fällen bei der örtlichen Gemeindeverwaltung eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

    Zwingende Gründe

    Unaufschiebbare landwirtschaftliche Arbeiten würden in erster Linie zur Erntezeit anfallen, sagt Dömling, wenn beispielsweise durch ungünstige Witterung die Gefahr besteht, dass das reife Getreide auf dem Acker schon ausschlägt. Aber auch beim Einsatz von Spritzmitteln seien unaufschiebbare Arbeiten durchaus denkbar, etwa wenn es wochenlang Dauerregen gegeben habe und die einzigen zwei schönen Tage vor dem nächsten angekündigten Regengebiet ausgerechnet auf ein Wochenende fallen. Im konkreten Fall mit dem Spritzen am Feiertag direkt neben einem Wohngebiet hätte man vom betreffenden Landwirt allerdings ein "etwas sensibleres Vorgehen" erwarten dürfen, meint Joachim Dömling, der am Landwirtschaftsamt als Pflanzenbau-Fachberater tätig ist.

    Eine ähnliche Auskunft haben auch Anwohner der Weißen Marter erhalten, als sie sich beim Fachzentrum Pflanzenbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Würzburg erkundigten. Das Fachzentrum ist zuständig für alle Landkreise im Regierungsbezirk Unterfranken. Maria Staufer vom Fachzentrum habe am Telefon erklärt, dass grundsätzlich nicht an Sonn- oder Feiertagen gespritzt werden darf, außer es würden zwingende Gründe vorliegen, beispielsweise wenn auf dem Acker kurzfristig eine Epidemie von Ungeziefer ausgebrochen sei.

    Gegen Pilze oder für kurzen Halm?

    Doch was beziehungsweise gegen was könnte der Bauer am Tag der Arbeit am 1. Mai tatsächlich gespritzt haben? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Laut den Anwohnern an der Weißen Marter soll auf dem bespritzten Feld Getreide wachsen. Welche Sorte, das ist unbekannt. Wintergerste und Triticale (eine Mischung aus Roggen und Weizen) werden momentan mit Fungiziden gegen Pilzbefall behandelt. Winterweizen hingegen wird in diesen Tagen bereits mit einem den Halm verkürzenden und stabilisierenden Mittel gespritzt, das die spätere Standfestigkeit der Getreidepflanzen erhöht.

    Grundsätzlich müsse ein Bauer bei seiner Berufsausübung immer auch die Witterung im Blick haben, sagt ein anderer Landwirt, der auf Anfrage dieser Redaktion die Anwendungsgebiete der verschiedenen Spritzmittel erklärt hat. Für die Folgetage nach dem 1. Mai sei im Wetterbericht stärkerer Wind gemeldet gewesen und außerdem hätten die Meteorologen auch eine Kaltfront mit Schneeregen angekündigt. "Vielleicht waren dies die Beweggründe, warum der Mann am Feiertag aufs Feld ist." Aus seiner Sicht sei es allerdings fachlich nicht dringend nötig gewesen, unbedingt noch am 1. Mai zu spritzen. 

    Anzeige erstattet

    Die Spritz-Aktion am gesetzlichen Feiertag hat für den Landwirt möglicherweise juristische Konsequenzen. Die Leiterin der Polizeiinspektion Gerolzhofen, Margit Endres, hat bestätigt, dass eine Anwohnerin aus dem Gebiet "Weißen Marter" inzwischen bei der Inspektion vorstellig wurde und Anzeige gegen einen Landwirt erstattet hat. "Die Anzeige bezieht sich aber nur auf einen Verstoß gegen das Feiertagsgesetz", sagt Endres.

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