Der Name der Gerolzhöfer Dreimühlenstraße deutet es schon an: Hier herrschte früher einmal reger Mühlenbetrieb. Gleich an drei Stellen wurden Getreidekörner gemahlen und Mehlsäcke herumgewuchtet – in der Vogtsmühle, der Erlesmühle und der Wasenmühle.
Die Vogtsmühle stand über Jahrhunderte hinweg an der jetzigen Stelle des doppelstöckigen Wohnhauses an der Nördlichen Allee 1. Dort, wo jetzt eine Fußgängerampel steht, kam der Mühlbach der Volkach auf das Mühlgebäude zugeflossen und verschwand im Inneren, wo er auf die mehrstöckige Mühleneinrichtung traf. An der linken Seite des Hauses, dessen hinterer Teil übrigens auch als Wohnhaus genutzt wurde, trat der Bach dann wieder ans Tageslicht und rauschte weiter zu den anderen beiden Mühlen.
Wieso die Vogtsmühle noch heute hauptsächlich unter diesem Namen bekannt ist, obwohl sich eigentlich die Bezeichnung „Stumpfmühle“ oder „Krausenmühle“ (gemäß der letzten Müllersfamilien) hätte durchsetzen müssen, liegt wohl an der über Jahrhunderte gepflegten Gewohnheit. Der Name „Vogtsmühle“ geht zurück auf Jobst Krämer, wohl ehemals fürstbischöflicher Vogt. Dieser erwarb die Mühle 1606. Noch heute erinnert ein Stein mit der eingemeißelten Jahreszahl und dem Julius-Echter-Wappen an die damalige Zeit. Die noch lebenden Nachkommen der Mühle gehen auf die Familie Stumpf zurück. Diese erwarb die Mühle 1881 und machte den neuen Betrieb auch gleich publik. So verkündete Johann Adam Stumpf noch im selben Jahr im katholischen Unterhaltungsblatt „Deutscher Hausschatz“: „Theile allen hiesigen wie auswärtigen geehrten Einwohnern freundlichst mit, daß ich nun auch mein Geschäft für Melberei eingerichtet habe und stets für reine und gute Mehle Sorge zu tragen bestrebt sein werde.“
Der Mühlenbetrieb mit angeschlossener Mehlhandlung schien gut zu laufen, denn die Familie bewirtschaftete die Mühle noch einige Jahre. Zuletzt übernahm Kilian Kraus 1948 die Stumpfmühle. Sein Sohn, der 59-jährige Kilian Kraus Junior, erinnert sich nur noch vage an die Mühle: „Unsere Kundschaft kam hauptsächlich aus den Ortschaften in Richtung Steigerwald. Aus der Schweinfurter oder Volkacher Ecke war niemand dabei.“ Bereits sein Vater habe schon Strom aus einer Turbine zu Hilfe genommen, um Getreide zu mahlen. 1968 entstand dann
ein neues Mühlengebäude, das alte wich 1976 einem doppelstöckigen Wohnhaus. Heute mahlt Kraus zwar nicht mehr selbst, nimmt bei der Ernte aber Getreide zum Reinigen an. Dem Verlauf des Gerolzhöfer Mühlbachs folgend, stößt man nach der Erlesmühle (Wernermühle), auf den Grund der ehemaligen Wasenmühle. Heute befinden sich dort der Saunagarten und ein Wohnhaus. Die Mühle selbst ist Anfang der 70er Jahre abgerissen worden. Der 1935 geborene Alfred Müller hat früher oft das Mühlenhaus seines Großvaters Andreas Müller besucht. Selbst dieser war längst kein Müller mehr, sondern nutzte das Mühlenanwesen zum Wohnen und für die Landwirtschaft. Der eigentliche Mühlenbetrieb dürfte also bereits Ende des 19. Jahrhunderts ausgelaufen sein. Trotzdem floss noch Mitte des letzten Jahrhunderts der Mühlbach munter durch das Wasenmühlenhaus. Alfred Müllers Cousine, Waltraud Sieling (geb. Bauer), ist mit diesem Bach im Haus aufgewachsen. Sie erinnert sich noch, wie der Bach unter dem Haus hindurchplätscherte. Da die Wasserkraft für keinen Mühlenbetrieb gebraucht wurde, konnte man den Bach im Sommer einfach anstauen, um mehr Gießwasser für den Garten vorrätig zu haben. Dazu wurden einfach Bretter in den so genannten Wasserbau gesetzt. Und wenn es einmal zu viel Wasser gab? „Bei Hochwasser stieg natürlich auch das Wasser unter dem Haus“, so Sieling. „Da kamen dann die Ratten zum Vorschein.“
Alfred Müller machte sogar einmal ganz enge Bekanntschaft mit dem Mühlbach. Beim Spielen fiel er eines Tages in das Loch, durch das das Wasser im Haus verschwand. „Da bin ich dann im Keller wieder zum Vorschein gekommen“, erzählt der Rentner heute schmunzelnd. Er und seine Cousine Waltraud strahlen noch heute, wenn sie von dem Leben mit dem Bach im Haus berichten. Nicht jeder ist schließlich in einem so besonderen Gebäude aufgewachsen, nicht jeder fühlt sich mit dem ewig fließenden Element so verbunden wie die Mühlenfamilien.