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OBERLAURINGEN: Leo Trepp – „Ein deutsches Leben“

OBERLAURINGEN

Leo Trepp – „Ein deutsches Leben“

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    Erinnerung: Die Mutter des 2010 verstorbenen Rabbiners Leo Trepp stammt aus Oberlauringen. Der Humanist selbst verbrachte viele Sommer in der Gemeinde. Seine Witwe Gunda Trepp las in der Heilig-Kreuz-Kirche in Oberlauringen aus der unveröffentlichten Biografie.
    Erinnerung: Die Mutter des 2010 verstorbenen Rabbiners Leo Trepp stammt aus Oberlauringen. Der Humanist selbst verbrachte viele Sommer in der Gemeinde. Seine Witwe Gunda Trepp las in der Heilig-Kreuz-Kirche in Oberlauringen aus der unveröffentlichten Biografie. Foto: Foto: Hannes Helferich

    Die Sommerferien hat Leo Trepp bis kurz vor seinem Abitur stets in Oberlauringen verbracht. Die Großeltern aus der jüdischen Großfamilie Hirschberger lebten im heutigen Ortsteil der Marktgemeinde Stadtlauringen, seine Mutter Selma Zipora Hirschberger ist hier geboren. Der junge Trepp hat das Dorfgeschehen genau beobachtet und diese Erlebnisse aus seiner „glücklichsten Zeit“ aufgeschrieben.

    Leo Trepp, der letzte jüdische Student, der unter der Herrschaft der Nationalsozialisten an der Philosophischen Fakultät der Universität Würzburg 1935 promoviert wurde, ist 2010 im Alter von 97 Jahren gestorben. Seine Frau Gunda Trepp hat nun in der Heilig-Kreuz-Kirche in Oberlauringen aus der bisher unveröffentlichten Biografie gelesen und dabei natürlich das umfangreiche Kapitel über Oberlauringen ausgewählt.

    Gunda Trepp steigt professionell ein und beantwortet die beiden Fragen, die sich viele der rund 70 Zuhörer möglicherweise wirklich gestellt haben. Wie kommt sie zu einem „fast doppelt so alten Mann“? Und: Was hat es mit der unveröffentlichten Biografie auf sich? Die Antworten: Sie kannte die Trepps, war mit der später verstorbenen ersten Frau von Leo Trepp, Miriam, befreundet. Auch Gunda war schon einmal verheiratet, fühlte sich aber gerade in der Beziehung mit dem Rabbiner „sehr beglückt“. Sie beschreibt ihren Mann als bis zuletzt geistig und mental sehr fit. „Er war nie alt“, sagt sie.

    Die Pläne, die er für 2011 gemacht hatte, konnte er wegen seines dann doch überraschenden Todes nicht mehr realisieren. Als sie sein Ableben verarbeitet hatte, habe sie beschlossen, die Biografie zu Ende zu schreiben. Das Buch wird 2014 erscheinen, es trägt den Titel „Leo Trepp – ein deutsches Leben“. Zuvor veröffentlichte Gunda Trepp, Juristin und Journalistin, unter dem Titel „Lebendiges Judentum“ Essays ihres Mannes. Das Geleitwort dafür stammt übrigens von Kardinal Karl Lehmann. Trepp, Rabbiner, Religionsphilosoph und Humanist geht in den Texten aus den Jahren 1943 bis 2010 auf zwei zentrale Fragen ein: Wie kann das Judentum für die Juden aktuell und bedeutungsvoll bleiben? Was kann es den anderen Kulturen geben?

    Zurück nach Oberlauringen. Mutter Selma heiratet Maier Trepp aus Mainz. Dort auch erblickt Leo Trepp am 4. März 1913 das Licht der Welt. Sein Bruder Gustav wird 1917 geboren. Neben der familiären Bindung war die frische Landluft ein Grund für die regelmäßigen Besuche, weil der kleine Leo abgemagert war und kränkelte. Eine Passage, die Gunda Trepp vorliest, schildert das. Leo Trepp hatte arges Fieber, der Arzt, Dr. Heusinger, riet, den Buben in eiskaltes Wasser zu stecken. Wenn er das überlebt, habe er noch ein langes Leben vor sich. Dr. Heusinger sollte Recht behalten.

    Es finden sich viele solche Anekdoten im Lebensbericht des jungen Leo Trepp, aber auch viel Hintergründiges. Er hat sehr genau beobachtet, dass die Christen und Juden im Dorf „wenig Kontakt hatten“. Im Hintergrund habe „immer das Vorurteil gelauert“. Trepp hat auch später Gehörtes aufgezeichnet. 1935 sollen junge Mädchen den jüdischen Metzgermeister mit Dreck beworfen haben. Er beschreibt auch die strikte räumliche Trennung der Juden von den Katholiken und Protestanten. Aber auch zum Schmunzeln sind viele der Geschichten. Etwa die von Salomon Friedenthal, der wegen seines offensichtlich penetranten Körpergeruchs zwangsgereinigt wurde.

    Nach dem Abitur 1931 studierte Trepp Philosophie und Geisteswissenschaften an den Universitäten Frankfurt, Berlin und Würzburg. Zur gleichen Zeit studierte er an der Talmudhochschule in Frankfurt und dem Rabbinischen Seminar in Berlin, wo er 1936 auch als einer der letzten Rabbiner in der NS-Zeit ordiniert wurde. 1936 nahm Trepp die Stelle als Landesrabbiner des Staates Oldenburg in Norddeutschland an. Während der Reichspogromnacht 1938 wurde Trepp verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert. Dank der Hilfe des Chef-Rabbiners von Großbritannien wurde er schnell wieder entlassen.

    Mit dem Bruder gelang ihm die Flucht zunächst nach Großbritannien, danach emigrierte er in die USA. Dort nahm er nach verschiedenen Zwischenstationen im Jahr 1948 das Angebot der neu gegründeten jüdischen Gemeinde in Berkely, Kalifornien, an und wurde ihr erster Vollzeit-Rabbiner. Schon seit den 1950ern reiste Trepp regelmäßig mit Studierenden nach Deutschland und hielt eine Vielzahl von öffentlichen Vorträgen.

    Sein Ziel war es, Wissen über das Judentum und die Philosophie des jüdischen Volkes besonders jungen Menschen zu vermitteln und so neuem Antisemitismus entgegenzuwirken. 1981 wurde Trepp nach Deutschland eingeladen, um an Universitäten und in Gemeinden das Judentum zu lehren. Trepp nahm an und unterrichtete seither jedes Jahr ein Semester lang in Deutschland. Im Jahr 2010 zeichnete die Uni Würzburg Trepp mit der Würde eines Ehrenmitglieds aus. Leo Trepp starb am 2. September 2010 in seiner Heimatstadt San Francisco.

    In Oberlauringen war er mehrmals. Zuletzt 2009. Die Veranstaltung ermöglichte ein rühriger Kreis Bürger, die sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte der ausgelöschten jüdischen Bevölkerung beschäftigen und auch Stolpersteine in Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis initiierten. Winfried Krappweis, Friedel Korten und Ferdinand Freudinger seien genannt, der wie Bürgermeister Friedel Heckenlauer an das Leitwort Trepps erinnerte: Die jungen Deutschen tragen keine Schuld, aber sie sollen jedem Antisemitismus entgegenwirken.

    Leo Trepps Mutter Selma wurde am 25. März 1942 nach Piaski deportiert. Vater Maier Trepp starb am 1. August 1941 an Herzversagen. Bruder Gustav lebt heute in Jerusalem. Die gemeinsame Tochter von Leo und Miriam Trepp, Susan Lachtmann, lebt in Washington in den USA. Gunda Trepp will nach der Veröffentlichung des Buches 2014 zu einer weiteren Lesung nach Oberlauringen kommen, kündigte sie bei einem Empfang der Gemeinde nach der Lesung in der Kirchenburg an.

    „Die jungen Deutschen tragen keine Schuld, aber sie sollen jedem Antisemitismus entgegenwirken “

    Leitspruch des Rabbiners Leo Trepp

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