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SCHWEINFURT: Lieder von Liebe und Tod

SCHWEINFURT

Lieder von Liebe und Tod

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    Neuinterpretationen und Neuvertonungen deutscher Volkslieder präsentierten die Sängerin Bobo vom Duo „Bobo & Herzfeld“ und der weißrussische Akkordeonspieler Yegor Zabelov in der Disharmonie.
    Neuinterpretationen und Neuvertonungen deutscher Volkslieder präsentierten die Sängerin Bobo vom Duo „Bobo & Herzfeld“ und der weißrussische Akkordeonspieler Yegor Zabelov in der Disharmonie. Foto: Foto: Josef lamber

    Zu einem außergewöhnlichen Liederabend, einer innovativen Mischung aus Poesie und Musik, hatte die Disharmonie eingeladen. Das Publikum im voll besetzten Saal begrüßte dazu das Duo „Bobo und Herzfeld“, dazu den weißrussischen Akkordeonspieler Yegor Zabelov. Neuinterpretationen und Neuvertonungen deutscher Volkslieder und Gedichte der Romantik von Joseph von Eichendorff, Friedrich Rückert und Johann Wolfgang von Goethe standen auf dem Programm, man durfte gespannt sein.

    Die Sängerin Bobo war in den Neunzigern Frontfrau der Indie-Rock-Band „Bobo in White Wooden Houses“. Seit etwa zehn Jahren ist sie mit dem Komponisten und Pianisten Sebastian Herzfeld mit Liederprojekten unterwegs: „Unsere Reminiszenz an die Sehnsucht und Leidenschaft der deutschen Romantik“, sagt die Sängerin. Und fügt hinzu: „Viele der alten Texte sind so gut geschrieben, dass sie selbst schon wie Musik sind. Wir haben versucht, das Zeitlose herauszufiltern, das Symbolische und Mystische“.

    Atemlose Interpretation

    „Es pfeift der Wind mir schneidend durchs Haar“, heißt es in „Der irre Spielmann“ von Joseph von Eichendorff. Bobo interpretiert dieses Gedicht fast gehetzt und atemlos: Von der Zerrissenheit eines Mannes, der ohne Zuhause einsam durch das Leben jagt und verzweifelt nach Erlösung sucht. Bobo singt diese Lieder mit heller klarer Stimme, ohne Pathos. Die nötige Power erhalten die lyrischen Texte durch die eigenwillige Vertonung von Sebastian Herzfeld, der aus präpariertem Klavier, Harmonium, Bass und Metallinstrumenten einen „orchestralen“ Soundtrack beisteuert. Verstärkt wird dies vom rhythmischen Akkordspiel von Zabelov am Akkordeon.

    Zu diesem Eindruck einer viel größeren Besetzung trägt auch ein großes Arsenal von elektronischen Effekten wie Echo, Verzerrung oder das so genannte Live-Looping bei. Hier erklingen während des Stückes aufgenommene Sequenzen von Rhythmen, Basslinien oder Melodiephrasen später unverändert wieder.

    Die Arrangements der Stücke ähneln sich: Nachdem Bobo die Volkslieder oder Gedichte vorgetragen hat, unterstreichen Herzfeld und Zabelov die Aussagen der Texte mit ihren expressiven Klangwelten, sorgen mit dramatischen Steigerungen für einen starken Gesamteindruck. Doch kommen dabei nicht manchmal die Aussagen und die Qualität der literarischen Texte zu kurz?

    Viele der romantischen Gedichte handeln von Liebe, Abschied und Tod. So endet das anfangs tänzerisch-beschwingte „Schwesterlein, Schwesterlein“ mit der Zeile „Es wird fein unterm Rasen sein“. Und im fröhlichen „Hoch auf dem gelben Wagen“ sitzt irgendwann ein Totengerippe auf dem Kutschbock. Wunderschön interpretiert Bobo das Volkslied „Es saß ein klein wild Vögelein“ aus Siebenbürgen und in von Eichendorffs „Der Freund“ erzählt sie von den Stürmen des Lebens. Aus dem Abschiedsschmerz in „Es geht eine dunkle Wolk herein“ gestalten die drei eine fast theatralische Szene, mit Klageschreien der Zurückgelassenen.

    Auch zwei Gedichte von Friedrich Rückert hat Sebastian Herzfeld vertont. „Seufzend sprach ich zu der Liebe“ und „Herbsthauch“, das Bobo voller Melancholie enden lässt: „Alles o Herz, ist ein Wind und ein Hauch, was wir geliebt und gedichtet“. In einem brillanten Akkordeonsolo beweist Yegor Zabelov sein Können: Aus ruhigen Klangmalereien brechen plötzlich überraschend Presto-Passagen, in denen der Künstler mit seinem virtuosen Spiel begeistert.

    Großer langer Applaus für Bobo und ihre musikalischen Begleiter, für einen interessanten alternativen Liederabend.

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