„Wir bekommen einen neuen Gastwirt, direkt aus der Hadergasse und hoffentlich lebenslänglich.“ Hans Appold, der inzwischen verstorbene langjährige Vorsitzende der Turngemeinde 1848 hat die Anwerbung von Lothar Kreile 1973 im TG-Vereinsheft auf diese hintergründige Weise beschrieben.
Appold sollte Recht behalten: 40 Jahre kocht der Kult-Koch Lothar Kreile nun schon in der „Gemee“. Das hat fürwahr Seltenheitswert. Zuvor war Kreile Pächter der „Rhönlust“ in der Hadergasse gewesen, nahe der Villa Rosa, dem Knast, wo lebenslänglich noch nie einer gesessen hat.
Kreile, geboren 1946 in Schweinfurt, ist ein Unikat voller Humor und voller Anekdoten. Vater Bernhard und Mutter Margot hatten zu tun, die vier Jungs durchzubringen. „Aber bei Onkel Eberhard, da hatte ich immer was zu essen.“ Der Onkel betrieb die Gaststätte „Sonne“ in Bischofsheim und war der Grund, dass Kreile schon als Kind gerne gebacken und gekocht hat und Koch werden wollte.
Kreile absolviert in Rothenburg zunächst eine Konditorenlehre. Die Kochausbildung folgt in Bad Kissingen. In Rothenburg lernt er seine Frau Hildegard kennen. Tochter Gudrun wird noch vor der Hochzeit 1965 geboren. Mit 21 ist Lothar Kreile dreifacher Vater (heute vierfach), gelernter Koch und Konditor. Er geht zu den Amerikanern in den Offiziersklub. Roland Moser, später Jahn-Wirt, ist dort der Chef. Nächste Stationen sind die Hauptbahnhof-Gaststätte, er leitet bald die Küche, ebenso nach dem Wechsel zum „Riedener Wald“, wo ihm die bekannten Wirte Herbert Beifuß und Bertl Schmidt begegnen – seitdem sind sie Freunde. 1972 übernimmt Kreile die vakante Gaststätte „Rhönlust“.
Dann die Abwerbung durch die TG-Führung, neben Appold klopfen Rudi Eckenweber, Georg Belleth und Wolfgang Gehe an. „Da hat jeder was zu sagen, nur nicht der Wirt“, begründet er zunächst sein Nein. Als Appold zusagt, dass er jeden rauswerfen darf, der sich nicht benimmt, sagt Kreile zu. Am 1. September 1973 geht's los.
Unvergessliche Ereignisse? Kreile lacht, was er während des Gesprächs dauernd tut. Zur 1200-Jahrfeier der Stadt findet 1991 in der „Gemee“ die „größte Schlachtschüssel der Welt statt“: 1200 Leute. Weil der Schweinfurter Köcheverein hilft, wird Kreile Mitglied. Um Bundeskanzler Helmut Kohl zu sehen, kommen 5000 Menschen zum Lindenbrunnenweg. Und dann natürlich die legendären TG-Faschings, die von Freitag bis Rosenmontag dauern. 20 Mal habe er „diesen verrückten Marathon“ gemeistert.
Die Küche habe er stets daran orientiert, dass die TG ein Sportverein und die Gaststätte ein „Sportheim und kein Gourmet-Restaurant ist“. Mit der richtigen Mischung habe er erfolgreich auch viele Gruppen an Land gezogen: Sängerkreise, Kartler, Rentnergruppen, seit kurzem die Schweinfurter Kugelleger. Ihre Anlage befindet sich auf dem Platz neben dem Biergarten, der Vorstand heißt Andreas Kreile, viertes Kind von Lothar und Hildegard und Nachzügler der Familie.
Der Chef der Fußballabteilung heißt: Lothar Kreile. Ja, lacht er und erzählt. Elmar Jabs hatte ihn zur Übernahme des Stellvertreterpostens überredet, und als Jabs vor fast 25 Jahren aufhörte, „bin ich halt aufgerückt und da erst Mitglied geworden“. Über seine Fußballer gerät er ins Schwärmen. Mitgliedermäßig die drittgrößte in Schweinfurt, drei Frauenteams und eine einmalig gute Jugendarbeit. Dass die Erste Herrenmannschaft in einer unteren Klasse kickt, ist Lothar Kreile nicht so wichtig. Ihm gefallen die internationale Vielfalt und die immer wieder jungen Gesichter.
Jetzt muss er ein paar Namen nennen. Vornweg den TG-Akteur Jürgen Kolbe, Dauerhelfer im Sport und in der Gaststätte. Hier half auch Mathilde Kimmel. Sie hörte 2010 nach über 20 Jahren auf. Stellvertretend für die „generationenübergreifend Beschäftigten“ steht Familie Niestroj. Irmgard folgte nach Jahren Schwiegertochter Monika, ihr folgte deren Tochter Alexandra. Monika ist übrigens nach wie vor stellvertretende Fußball-Abteilungsleiterin.
Lothar Kreile wird am Sonntag geehrt, vom BLSV und von der Stadt, die Bürgermeister Klaus Rehberger schickt, worüber sich Kreile freut, „weil Rehberger schon bei mir in der Rhönlust Gast war“.
Wie lange macht er noch weiter, bis 70? „Ich kenne keine Grenzen“, grinst er. Sein persönliches Lieblingsessen? Verrät er nicht. Sehr wohl aber, dass er Kalbskopf und Schnickerli am liebsten kocht. Hat er 40 Jahre TG bereut? Jetzt lacht er kräftig und sagt: „Ich war schon immer Optimist, mir ist es einfach nicht gelungen, alle rauszukochen.“ Nein, nein, fügt er flugs an: „Ich habe das immer mit Freude gemacht.“ Und am Ende erwähnt er, dass er seit drei Jahren Vorstand des VdK Nord und Ost ist. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.