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SCHWEINFURT: Medi-Globe-Chef: Noch im Gerichtssaal verhaftet

SCHWEINFURT

Medi-Globe-Chef: Noch im Gerichtssaal verhaftet

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    Das sanierte ehemalige Sachs-Gästehaus gehört dem Chef der Firma Medi-Globe. Die unbewohnte Villa wird aktuell im Internet für 9,5 Millionen Euro angeboten.
    Das sanierte ehemalige Sachs-Gästehaus gehört dem Chef der Firma Medi-Globe. Die unbewohnte Villa wird aktuell im Internet für 9,5 Millionen Euro angeboten. Foto: FOTOs Laszlo Ruppert

    W. hat einen hohen Bekanntheitsgrad auch durch den Erwerb des früheren Sachs-Gästehauses erlangt. Die sanierte Villa wird derzeit vom Immobilienmakler Engel & Völkers als „glamouröse Luxusresidenz der Extraklasse“ angeboten. Kaufpreis inklusive der 8000 Quadratmeter großen, „uneinsehbaren“ Parkanlage: 9,5 Millionen Euro.

    Auch in dem seit Anfang Mai laufenden Strafprozess am Landgericht München II ging es um Millionensummen. Die Staatsanwaltschaft warf dem Unternehmer vor, Anleger mit überteuerten Aktien um mehrere Millionen Dollar geprellt und Steuern von mehr als drei Millionen Euro hinterzogen zu haben. Der Prozess fand deshalb in der Landeshauptstadt statt, weil das Medizinunternehmen mit seinen Firmen auch in Rohrdorf-Achenmühle im Landkreis Rosenheim sitzt.

    Laut Anklage hatte der Medi-Globe-Präsident mit seiner Firma an die Börse gehen wollen. Als ihm das nicht gelang, beauftragte er eine Beratungsfirma mit einer Finanzanalyse. Dabei soll er aber falsche Angaben gemacht haben, um die Firma besser darzustellen. Unter anderem soll W. medizinische Entwicklungen entgegen der Realität als serienreif angepriesen haben. Außerdem habe er einen Investor ins Spiel gebracht, den es aber nicht gab.

    Frau bricht in Tränen aus

    Entsprechend falsch ist laut Anklage dann der Prospekt gewesen, der Anlegern vorgelegt wurde. Diese hätten – getäuscht durch die falschen Angaben – Aktien im Wert von allenfalls 15 Dollar für bis zu 52 Dollar erworben. Über den Fall berichtete unter anderem die Online-Ausgabe des Oberbayerischen Volksblattes Rosenheim mehrfach. W. habe die Vorwürfe abgestritten. Er sei überzeugt davon gewesen, dass der verlangte Aktienpreis angemessen gewesen sei, hieß es.

    Das Urteil wurde nun diese Woche gesprochen: schuldig, sieben Jahre Gefängnis. Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass die Anleger in Kenntnis der wahren Begebenheiten keine Aktien zum bezahlten Preis gekauft hätten. Dieser Schaden zu Lasten der Anleger wurde auf knapp drei Millionen Euro beziffert. In ähnlicher Höhe bewegt sich die Summe der hinterzogenen Steuern.

    W. habe das Urteil regungslos entgegengenommen. Die Ehefrau sei allerdings in Tränen ausgebrochen, habe ihn noch einmal umarmt, ehe er abgeführt wurde, schildern Prozessbeobachter.

    Größeren Ärger hatte W. auch in Schweinfurt – im Sommer 2007 mit dem Finanzamt. Die Behörde hatte wegen einer beträchtlichen Steuerschuld des Unternehmers ein Zwangsversteigerungsverfahren für die Sachs-Villa betrieben. Das Finanzamt ließ damals eine so genannte Zwangssicherungs-Hypothek in Höhe von rund einer Million in das Grundbuch der Luxusresidenz eintragen. Solche Hypotheken dienen dazu, eine Forderung zu sichern. W. bestätigte damals gegenüber dieser Zeitung, mit dem Finanzamt schon geraume Zeit „im Clinch“ zu liegen. Er werde sich aber vor dem Zwangsversteigerungstermin einigen. Die Versteigerung fand dann tatsächlich nicht statt.

    Kein Kommentar aus der Firma

    Vor kurzem ging es in einem Zivilstreit am Landgericht ebenfalls um das Ex-Sachs-Gästehaus. W. hatte die heutige Firma ZF Sachs wegen angeblicher Täuschungen im Kaufvertrag – erfolglos – verklagt.

    Medi-Globe hat in Schweinfurt Räume im städtischen Chancen-Center im Maintal und im ehemaligen Krankenhaus in der Robert-Koch-Straße gemietet, erstere von der SWG, letztere von der Leopoldina GmbH. Mit dem Krankenhaus gab es eine Zusammenarbeit.

    Der städtische Wirtschaftsförderer Hans Schnabel bestätigte, dass die Mieten wegen jeweils beträchtlicher Umbauten mit hohen Aufschlägen versehen waren, aber immer bezahlt worden seien. Bei der Stadt habe man das Unternehmen dennoch mit Skepsis beobachtet, weil in beiden Objekten „kaum Betrieb und Leute zu sehen waren“. Medi-Globe habe man angekündigt, dass die Robert-Koch-Straße wegen des geplanten Gesundheitsparks bald nicht mehr zur Verfügung steht. Als sich Medi-Globe vor Jahren ansiedelte, hatte Schnabel im Stadtrat W. noch als den „Bill Gates der Medizin oder Scharlatan“ bezeichnet.

    Unbeantwortet blieb die Frage dieser Zeitung an Medi-Globe, wie es nun ohne den Chef weitergehen soll. „Kein Kommentar“, hieß es in Schweinfurt und in Rohrdorf. Keine Reaktion auch auf die Bitte um eine schriftliche Stellungnahme. Die Firma begann 1985 als GIP Medizintechnik, wurde 1996 von der deutsch-amerikanischen Medi-Globe-Gruppe übernommen. 2002 wurde GIP in Medi-Globe umbenannt. Hergestellt werden unter anderem Produkte zur Wundversorgung. Ergänzung: Das Oberlandesgericht hat die Haft gegen Zahlung einer hohen Sicherheitsleistung aufgehoben. Die Anwälte von W. haben zudem gegen das vom Landgericht München II wegen Betrugs und Steuerhinterziehung ausgesprochene Urteil von sieben Jahren Rechtsmittel eingelegt. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshof über dieses Rechtsmittel der Revision ist noch nicht erfolgt.

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