Schmerz ist so alt wie die Menschheit, sagt Dr. Jutta Albrecht, Chefärztin der Klinik für Spezielle Schmerztherapie am Leopoldina. Schmerz ist für viele Menschen ein Problem, das ihnen ihr Leben oft unerträglich macht. Über 15 Millionen Menschen in Deutschland leiden an chronischen Schmerzen, schätzt Albrecht. Die Tagesklinik wurde vor zehn Jahren gegründet. Schmerztherapie ist in der Medizin immer noch ein relativer Exot. 16 Schmerzkliniken gibt es in Bayern, die meisten im Raum München.
Ganzheitlicher Ansatz
Die körperliche Ursache des Schmerzes ist oft nicht mehr bestimmbar. Doch die körperlichen Probleme wirken sich auf die Psyche aus, sie strahlen auf den beruflichen, sozialen, emotionalen Bereich aus. Deswegen setzen Albrecht und ihr Team auf einen ganzheitlichen, multimodalen Ansatz.
Dazu gehören Verhaltenstherapie, Gesprächsgruppen, Physiotherapie, Entspannungsverfahren. Die Therapie kann je nach Fall ambulant, vollstationär oder tagesstationär sein. Ziel: den Patienten helfen, sich zu helfen, dem Schmerz die Macht über ihr Leben wegnehmen. Denn Schmerz überstrahlt alles.
Kontrolle zurückbekommen
Auf die Frage „Haben Sie Schmerzen oder hat der Schmerz Sie?“, antworten viele: Er hat mich, sagt Dr. Albrecht. Die Behandlung kann nicht jedem die Schmerzen nehmen, aber ihm helfen, die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen. Und mit Schmerz zu leben.
Zum zehnjährigen Bestehen („Eine schöne Aufgabe“, so Dr. Albrecht) veranstaltete die Klinik ein Symposium im Konferenzzentrum. „Am Anfang war der Gedanke, eine Schmerzklinik aufzubauen, ein Traum“, sagt Albrecht. Jetzt lebt das 15-köpfige Team diesen Traum und hat sich, so auch der OB in seinem Grußwort, einen hervorragenden Ruf erarbeitet.
Zum Schmerz gehören auch Schmerzmittel. Ein Teil des Symposiums beschäftigte sich mit der Frage „Fahrsicherheit unter zentral wirksamen Substanzen.“ Schmerztherapeut Rainer Sabatowski, Rechtsmediziner und Gutachter Michael Bohnert und Polizist Horst Sponheimer beleuchteten das Thema. Eines vorneweg: Es gibt kein Patentrezept, ob jemand Auto fahren kann oder nicht, wenn er ein bestimmtes Medikament genommen hat. Jeder Mensch ist unterschiedlich, reagiert unterschiedlich auf Wirkstoffe. „Eine Standardisierung ist schwierig“, so Sabatowski.
Verantwortung für sich selbst
Benzos oder klassische Antidepressiva können die Fahrtüchtigkeit einschränken. Beobachtungen haben gezeigt, dass in der Einstellphase auf ein Medikament, beim Wechsel auf ein neues Opioid-Präparat oder bei einer Dosis-Korrektur der Patient nicht mehr in der Lage ist, Auto zu fahren. Hier sei die Verantwortung des Arztes gefragt, mit dem Patienten zu reden. Aber auch der Patient müsse vernünftig sein, Verantwortung für sich übernehmen.
„Es bleibt schwierig“, so Sabatowski. Jeder Patient sollte bei der Verschreibung eines Medikamentes über eventuelle Probleme mit Fahrtüchtigkeit aufgeklärt werden. Der Patient habe aber auch die Verpflichtung, sich den Beipackzettel durchzulesen und sollte im Zweifelsfall lieber vorsichtig zu sein. Ist ein Arzt der Meinung, der Patient gefährde sich und andere, wenn er unter dem Einfluss eines Medikamentes Auto fahren, könne er die Behörden informieren.
Hat ein Unfall etwas mit einer Substanz zu tun? Das prüft Gutachter Michael Bohnert. Das ist nicht so einfach, schließlich muss er wissen, wonach er suchen soll. Der Nachweis von Medikamenten im Blut ist daher schwieriger als der von Alkohol. Ein Hinweis ist, ob der Polizei bei der Unfallaufnahme Ausfallerscheinungen aufgefallen sind. Das kann ein Hinweis auf Drogen/Medikamente sein. Tests, wie Einbeinstand, eine gerade Linie laufen können weiteren Aufschluss geben, aber die sind freiwillig. Die Blutprobe nicht: „Und da klappen die größten Bären zusammen.“
Horst Spanheimer, Dienstgruppenleiter der Autobahnpolizei Biebelried, arbeitet seit 20 Jahren daran zu erkennen, was mit einem Autofahrer nicht stimmt. Das können Waffen, Drogen, Medikamente sein. 70 000 Autos am Tag fahren am Tag durch seinen Bereich. „Wir ziehen Leute raus“. Die Zahl der Leute, die unter Drogeneinfluss fahre, ist erheblich gestiegen. Das liegt aber auch an den intensivierten Kontrollen.
Hohe Eigenverantwortung
Die Zahl der Unfälle, bei denen Opioide im Spiel waren, stieg auch. Medikamente am Steuer? Auch für Spanheimer steht fest: „Der Patient hat eine hohe Eigenverantwortung“. Auf Alkohol reagiert jeder Mensch anders, einer ist bei 0,3 Promille platt, ein anderer merkt gar nichts. Aber Spanheimer hat eine Faustregel: „Alles über 1,1 Promille ist fahruntüchtig“.
Hat es einen Sinn, wenn ein Patient im Vorfeld untersuchen lässt, ob er mit einem Medikament fahren kann, fragt ein Teilnehmer. Da gibt es keine pauschale Möglichkeit, das hängt von vielen Faktoren ab. Spanheimer rät Leuten, die sich überlegen, ob sie fahren können, sich eine Frage zu stellen: „Würde ich jetzt mein Kind mit mir fahren lassen?“