Seit mehr als zehn Wochen wird der zwölfjährige Junge Antonio aus Angola im Leopoldina-Krankenhaus behandelt. Das Krankenhaus arbeitet mit der Hilfsorganisation Friedensdorf International zusammen und erklärte sich bereit, den Jungen kostenfrei aufzunehmen und medizinisch zu versorgen. Friedensdorf International ist seit 1967 in der medizinischen Einzelfallhilfe für Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten tätig, heißt es in einer Pressemitteilung des Krankenhauses. Damit Friedensdorf sich um schwerstverletzte Kinder kümmern kann, ist man auf die Unterstützung medizinischer Einrichtungen angewiesen.
Als im Herbst vergangenen Jahres die Anfrage von Friedensdorf an das Leopoldina zur Aufnahme eines Kindes aus Angola kam, mussten die Verantwortlichen Chefärzte Dr. med. Johannes Herrmann und Dr. med. Matthias Blanke nicht lange überlegen. Nach kurzer Abstimmung mit der kaufmännischen Seite gab man grünes Licht für die Behandlung.
Antonio (Name geändert) musste nach Aufnahme auf der Kinderstation zunächst isoliert werden, um eventuell ansteckende Vorerkrankungen auszuschließen. Mit viel Einfühlungsvermögen, denn für Antonio, der mit weiteren 37 kranken und verletzten Kindern nach Deutschland gekommen war, war ja alles neu und unbekannt, führten die Kinderärzte um Chefarzt Dr. Herrmann zahlreiche Untersuchungen durch, um vor allem Infektionskrankheiten auszuschließen, heißt es in der Mitteilung weiter.
Oberschenkelbruch in der Heimat wurde nicht fachgerecht versorgt
Nach Tagen der Isolation konnten die Orthopäden beginnen, die eigentliche Verletzung des Jungen zu therapieren. Er litt seit zwei Jahren unter den Folgen eines in seiner Heimat nicht versorgten Oberschenkelbruches. In dessen Folge war es zu einer Osteomyelitis, einer Entzündung des Knochens, und einer erheblichen Fehlstellung des Beines gekommen. Bei der Aufnahme im Leopoldina war der Junge nicht in der Lage zu gehen. Das Hüft- und Kniegelenk war durch die nicht fachgerechte Versorgung des Bruches fast vollkommen versteift.
Das Team der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie um Chefarzt Dr. Blanke und seinem Oberarzt Dr. Bezold, der Antonio intensiv betreute, konnte nun beginnen, den Knochen zu sanieren. In mehreren operativen Eingriffen entfernten sie abgestorbenes und entzündetes Knochengewebe. Insgesamt waren laut Mitteilung drei solcher Eingriffe nötig, bevor in einer vierten Operation die Fehlstellung des Oberschenkels behoben werden konnte. „Der Junge ist derzeit mit einem Fixateur versorgt, so können wir die Stellung des Knochens auch von außen beeinflussen", wird Blanke in der Mitteilung zitiert. Der Knochen brauche noch Zeit zum Heilen, doch aktuell sei Antonio relativ beschwerdefrei und kann sein Bein voll belasten. "In einigen Wochen werden wir nochmal operieren, um die Beweglichkeit des Kniegelenkes weiter zu verbessern. Er sollte sein Bein danach wie ein gesunder zwölfjähriger Junge einsetzen können“, sagt Blanke.
Seitens der Kinderklinik, in die sich Antonio während seines langen Aufenthaltes mittlerweile gut integriert hat, werden aktuell noch Untersuchungen gemacht, um weitere Erkrankungen auszuschließen. Antonio verstehe mittlerweile das eine oder andere Wort Deutsch "und wir lernen portugiesisch", sagt Dr. Herrmann. "Er macht uns viel Freude, vor allem wenn es uns gelingt, ihm sein Heimweh zu nehmen." Herrmann dankt auch den ehrenamtlichen Helfern, vor allem Pfarrerin Susanne Rosa und ihrem Team der ökumenischen Krankenhaushilfe.
In Angola hätte Antonio keine Chance auf Behandlung gehabt
Caroline Rech, eine von Antonios Begleiterinnen, blickt gerne auf das Erlebte zurück: „Der ganze Prozess war sehr erfüllend - wir haben gemeinsam mit ihm gelacht, gelitten und gefühlt", erklärt sie. Es sei schön gewesen, seine Entwicklung zu begleiten, denn am Anfang sei er noch sehr schüchtern gewesen, sagte nicht viel mehr als Ja oder Nein.
Noch einige Wochen, von denen Antonio laut Presseschreiben aller Wahrscheinlichkeit nach einen Großteil zusammen mit anderen Kindern in einer Einrichtung der Hilfsorganisation verbringen kann, und der Junge wird gesund in seine Heimat zurückkehren. In Angola hätte er keine Chance auf Behandlung und damit wenig Chancen auf ein uneingeschränktes Leben gehabt. Dank aller Unterstützer sind seine Möglichkeiten größer geworden.