Eigentlich fragt man eine rüstige Dame nicht nach dem Alter. In diesem Fall hat sie sich aber wirklich gut gehalten: Der Evangelische Frauenverein-Diakonieverein wird 100 Jahre alt.
1913, im Kaiserreich, war eine christliche Vereinigung für das vermeintlich „schwache Geschlecht“, damals Bürger zweiter Klasse, keine Selbstverständlichkeit. Die Jubilarinnen sind heute nicht nachtragend: „Wir haben auch Männer als Mitglieder“, betont die Erste Vorsitzende Inge Stephan. Der Verein zählt mit 204 Mitgliedern zu den „Großen“, könnte allerdings Neuzugänge gebrauchen. Der Altersdurchschnitt liege bei 66.
Nichtsdestotrotz sind die Frauen in der Gemeindearbeit tatkräftig und jugendfrisch dabei: bei der finanziellen Unterstützung der Diakonie-Station etwa oder beim „Kappenabend“ im Fasching, bei der Gestaltung des „Diakoniesonntags“ im Oktober, mit gemeinsamem Suppenessen, im Handarbeitskreis (wo ständig Mitarbeiter gesucht werden) oder im „Dorfcafé“ des Martin Luther-Hauses, bei der Fastenaktion, dem meditativen Malen oder Selbstverteidigungskursen für Frauen. Dazu gesellen sich die Kaffeebar am Weihnachtsmarkt, die Mitarbeit am kirchlichen Umweltzertifikat „Grüner Gockel“, ein Stammtisch, die Ökumene, Geburtstags- und Krankenbesuche, Wanderungen und Ausflüge. Die Benefizaktionen kommen meist der Entwicklungshilfe, etwa in Brasilien und Tansania, oder der Schweinfurter Palliativstation zugute.
Los ging es am 13. Februar 1913 mit der Gründung durch 36 Frauen, Pfarrer Hermann Bohrer und dessen Ehefrau, der ersten Vorsitzenden Käthe Bohrer (bis 1918). Mitmachen durften bürgerliche Frauen über 21, es ging um Fürsorge für Vorschulkinder und junge Frauen, Krankenpflege und das Schmücken des Gotteshauses.
Zur Kriegsweihnacht 1914 veranstaltete der Verein eine Tombola, mit einem Christbaum als Hauptpreis: Dafür erhielten kleine Kinder der Niederwerrner Soldatenfamilien eine Weihnachtsbescherung, für immerhin 1,50 Mark (rund sieben Euro). Von 1920 bis 1936 war Babette Lauerbach Vorsitzende, in dieser Zeit, unter Pfarrer Friedrich Späth, wurde die erste „Kinderbewahranstalt“, der Kindergarten am heutigen Jugendtreff, eingerichtet (1927).
Zu dessen Unterstützung organisierten die Frauen Theaterabende (ein Vorläufer des Dramatischen Vereins) und Tombolas, außerdem Wäsche, Handtücher, Vorhänge und einen Ofen (1933).
In der Nazizeit, unter der Vorsitzenden Luise Gäb (1937 bis 1958), wurde soziale Tätigkeit zwar geduldet, das Vereinsleben ruhte aber weitgehend. Ab 1947 gab es mit Johanna Vogel eine Gemeindeschwester, die (unter anderem) mit der Gesundheit der Gemeindemitglieder befasst war.
1949 folgte Martha Engel, die Wehwehchen der Kinder mit Jod und Pflaster behandelte. Von 1958 bis 1969 war Hedwig Götzelmann „Dorfhelferin“. Seit 1982 ist man Teil des Diakonischen Werks, als Frauenverein-Diakonieverein, mit dem neuen „Trend“ Alten- und Krankenpflege.
1983 wurde die Diakoniestation am Kirchplatz eingerichtet. Von 1959 bis 1980 leitete Karola Ammon prägend den Verein, gefolgt von Irmgard Günzel, Ilse Zirkelbach (1986) und Ilse Lehnemann (ab 1989). Von 1995 bis 2001 stand Helga Popp an der Vereinsspitze, die Vorgängerin von Inge Stephan.
Gefeiert wurde das Jubiläumsjahr schon, etwa mit dem Juli-Konzert des Gospelchors „Profil“ im Gemeindezentrum. Am Samstag, 12. Oktober, startet an gleicher Stelle ab 19 Uhr der Festabend, mit Jungbläsern und dem Evangelischen Posaunenchor. Den Festgottesdienst am Sonntag, 13.Oktober, leitet ab 10.30 Uhr Pfarrerin Grit Plößel. Die Festpredigt hält die Münchner Oberkirchenrätin Susanne Breit-Keßler, erste Regionalbischöfin der evangelischen Landeskirche: Frau hat es in 100 Jahren weit gebracht.