Grellbunte Fische, vielarmige Kraken und ein fröhliches Anime beleben seit kurzem eine meterlange Wand im Haus Marienthal.
Ganz fertig ist die Wandarbeit zum Pressetermin noch nicht; ein wenig muss noch an der 3D-Dimensionalität gefeilt werden, erklärt Künstlerin Ronni Zettner. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen der Einrichtung arbeitet sie seit mehreren Samstagen unter dem geschützten Scheunendach im Außenbereich an einem spannend-bunten Streetart-Kunstwerk mit Graffiti-Feel, wie es die Künstlerin umschreibt.
Das Projekt hat für das Haus Marienthal einen besonderen Stellenwert. Wie Erzieherin Samira Meinhardt erläutert, sei es in Pandemiezeiten eher die Ausnahme, dass gruppenübergreifend etwas zusammen gemacht werde, und daher die Aktion umso willkommener. Und so sind seit mehreren Samstagen gut 15 Kinder und Jugendliche von neun bis 17 Jahren immer wieder gemeinsam am Werkeln – eine bunte Truppe, und das ist angesichts der frischen "Body-Paintings" auch buchstäblich gemeint.
"Superglücklich und sehr dankbar"
Eine "wunderbare" Sache, findet Erzieherin Meinhardt; eben auch, weil alles freiwillig und offen gehalten ist. Die Jugendlichen kommen und gehen, um gemeinsam Stück für Stück das große knallbunte Ganze entstehen zu lassen. Sie sind hochmotiviert, "superglücklich und sehr dankbar", dass endlich mal wieder gruppen- und altersübergreifend etwas läuft. Es ist nämlich gar nicht so einfach, die Jüngsten und Ältesten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen - doch die Kunst kennt eben keine Altersschranken.
Die Offenheit der Künstlerin wird von den Jugendlichen "sehr geschätzt". Für das Projekt wurde sogar ganz ohne Murren eine Stunde eher gefrühstückt, um möglichst pünktlich loszulegen. Und auch die anfänglichen Befürchtungen, vielleicht nicht malen zu können, wurden von Ronni Zettner schnell zerstreut.
Alle haben sich "ganz entspannt" auf das Kunstprojekt eingelassen und mit jedem Lob wuchs das Selbstbewusstsein, erzählt Meinhardt begeistert. Lernen mussten sie auch, grinst die Erzieherin, dass man an einer Wand überhaupt malen darf. Doch die Scheu ist schnell abgelegt, und nun gestalten alle in Teamwork das meterlanges Wandbild.
Grell, aber harmonisch
Die neunjährige Emmily ist wie alle anderen mächtig stolz auf das lebensfrohe Gemeinschaftskunstwerk und zeigt Fisch, Schnecke und Krebs, die sie selbst ausgestaltet hat. Die Farben sind zwar grell, harmonieren aber im Gesamtkunstwerk perfekt. Auch das Mischen der Grundfarben und ein Auge für die richtige Farbgebung haben sie im Rahmen des Projektes gelernt, wie sie erzählen.
Das Projekt wurde vom "Rotary Club Schweinfurt Friedrich Rückert" angestoßen und finanziell unterstützt mit der Intention, den Kindern und Jugendlichen eine schöne Zeit zu schenken, erklärt Rotary-Past-Präsidentin und Initiatorin Sabine Fehn, die unterstützt von Heike Weipert die Malaktion koordiniert.
Spiegelbild der eigenen Wünsche, Ängste und Sorgen
Nach einem ersten Kontakt mit Einrichtungsleiter Rainer Brandenstein ging alles sehr schnell: Als Künstlerin wurde Ronni Zettner gewonnen, die Vertrauenserzieher übernahmen die Organisation im Haus Marienthal; gemeinsam mit Gruppensprechern und Rotariern gab es ein erstes Treffen zur Projektvorstellung.
Anschließend wurden in den Gruppen Herzensthemen herausgearbeitet; in einem Graffiti soll man sich schließlich selbst wiederfinden, so Künstlerin Zettner, sind doch die bildlichen und schriftlichen Gestaltungen auch immer Spiegelbild der eigenen Wünsche, Ängste und Sorgen.
Überraschende Elemente
Ronni Zettner weiß, worauf es bei der künstlerischen Arbeit mit jungen Menschen ankommt: Seit Jahren führt die Künstlerin in ihrer "Sommerkunstschule" mit vielen praktischen Übungen an die verschiedenen Bereiche der Kunst heran – aktuell leider Corona bedingt in sehr reduzierter Form.
Umso schöner ist es auch für Zettner, an einem solchen Projekt mit den Jugendlichen zu arbeiten. Die eingebrachten Vorschläge hat sie sortiert, unter einen thematischen "Hut gebracht" und dann zu einem großen Gemälde zusammengefügt, das – vorgezeichnet – an den Samstagen ausgestaltet und demnächst begeistern und beschäftigen wird: Bei näherer Betrachtung finden sich nämlich immer wieder unvorhergesehene und überraschende Elemente.