Was gibt es Passenderes als Rossinis Musik für den Rossini-Saal, der ganz den Esprit und das Lebensgefühl jener Zeit widerspiegelt, in der der Schöpfer unzähliger italienischer Opern-Hits lebte? So waren die Nummern von Rossini – der übrigens 1856 selbst als Kurgast in Kissingen weilte – die Highlights des gut besuchten Konzerts im Arkadenbau. Dort stellten die Teilnehmer des Meisterkurses von Silvana Bazzoni-Bartoli beim Kissinger Sommer die Früchte ihrer Arbeit vor.
Silvana Bazzoni-Bartoli ist die Mutter wie auch die einzige Gesangslehrerin der berühmten Cecilia Bartolis. Und sie ist offensichtlich – nicht bloß bei ihrer Tochter – eine sehr gute Pädagogin. Selbst wenn die vier Teilnehmer – drei junge Damen und ein junger Herr alle schon eine beachtliche Höhe auf der gesanglichen Karriereleiter erklommen haben – die Qualität des Abschlusskonzert war fabelhaft.
Allen voran brillierte hier die in punkto Höhe und Geläufigkeit sagenhafte Koloratur-Sopranistin Katarzyna Dondalska, die mit der berühmten Rossini-Arie „Una voce poco fa“ begeisterte. Dass sie auch in höchster Höhe im feinsten Pianissimo jeden Ton zu gestalten versteht, bewies die Polin mit „Il bel sogno di Doretta“ von Puccini. Umwerfend auch die Mezzosopranistin Ileana Mateescu mit „Nacqui all‘ affanno e al pianto“ aus Rossinis La Cenerentola. Mit Beweglichkeit, herrlich timbriert in allen Lagen – besonders berückend freilich in ihrer edlen Mittellage – bewies die Rumänin Gesangskultur und enorme Bühnenpräsenz. Die intensive Interpretation der Arie der Gräfin aus der Mozart-Oper Figaros Hochzeit wurde bei der deutschen Sopranistin Felicitas Fuchs zu einem erst wunderschön wehmütigen, dann trotzigen Abgesang auf eine ganze Epoche – nämlich die des Ancien Régime vor der Französischen Revolution. Seine interessant gefärbte Stimme kostete der Bariton Grzegorz Rozkwitalski besonders in der Malatesta-Arie von Donizetti voll aus. Nuancenreich trug der Pole zudem die Arie des Riccardo aus Bellinis Puritani vor.
Phänomenal war die Pianistin Daniela Musca. die am Flügel weit mehr war als bloße Begleiterin. Mit ihrem Sinn für musikalische, komödiantische und dramatische Details sowie ihrer Rücksicht auf die Sänger agierte sie als musikalische Psychologin an der Klaviatur.
Wunderschön wie sich die Stimmen von Ileana Mateescu und Felicitas Fuchs im „Prendero quel brunettino“ aus Mozarts Cosi fan tutte mischten, ohne an Individualität zu verlieren. Das zeigten die beiden auch im amüsanten Katzenduett von Rossini, das sie als Zugabe gaben und bei dem sie sich auf höchstem musikalischen und theatralischen Niveau gegenseitig zumiauten. Der Text bestand aus einem einzigen Wort, das beide Sängerinnen vielfach wiederholten: „Miau“. Frank Kupke