Die 30 Büro-Container, die seit geraumer Zeit vor dem Werksgelände von Fresenius Medical Care (FME) im Schweinfurter Hafen stehen, lassen es erahnen: Beim Hersteller von Dialysegeräten brummt das Geschäft. Und das soll auch in Zukunft so sein. In den letzten Jahren ist die Produktion jeweils um sechs Prozent gewachsen. Waren es 2011 noch 25 000 Dialysegeräte, die von FME hergestellt wurden, werden es heuer mehr als 45 000 sein. Das ist mehr als die Hälfte aller weltweiten verkauften Dialysegeräte. Um die Technologieführerschaft weiter zu pushen stellt das Unternehmen in Schweinfurt über 100 neue Entwickler ein.
Die Expansion schlägt sich jetzt auch baulich nieder. Noch in diesem Jahr sollen die Pläne für eine Erweiterung auf dem Werksgelände eingereicht werden. Baubeginn eines neuen rund 7000 Quadratmeter großen Technologiezentrums soll 2017 sein. In den neuen Räumen, für die alte Lagerhallen abgerissen werden, soll ab 2019 gearbeitet werden. Dafür investiert das Unternehmen eine zweistellige Millionensumme.
Konzentration in Schweinfurt
„Wir wollen den Standort weiter ausbauen und die weltweite Entwicklung und Produktion von Dialysegeräten in Schweinfurt noch stärker konzentrieren“, sagt Entwicklungsvorstand Olaf Schermeier im Interview mit dieser Redaktion. Die Produktion aus Fürth wurde bereits hierher verlegt, künftig sollen auch Dialysegeräte für Nordamerika komplett aus dem Betrieb in der Hafenstraße kommen. Bislang ist dies an den strengen US-Vorschriften gescheitert. „Die Qualitätsanforderungen werden schon heute erfüllt, jetzt geht es um die Anpassung der Dokumentation, der Qualitätssysteme und der Logistikwege“, sagt der Entwicklungschef.
In Schweinfurt begann Fresenius 1979 mit 30 Mitarbeitern und beschäftigt dort heute über 1200 Menschen, darunter rund 300 Entwickler. Die Entscheidung, den Standort auszubauen und zu stärken, der unter anderem als „Fabrik des Jahres“ ausgezeichnet worden ist, begründet Schermeier mit dem engen Zusammenspiel von Entwicklung und Produktion.
Betreiber von 3500 Dialysezentren
FME – 105 000 Mitarbeiter, 15,2 Milliarden Euro Umsatz –ist nicht nur Hersteller von Geräten und Dialysatoren, sondern betreibt auch rund 3500 Dialysezentren mit über 300 000 Patienten weltweit. Mit diesen Zentren arbeiten die Entwicklungsingenieure eng zusammen, sind oft vor Ort, um zu sehen, „was kann ich vereinfachen, was kann ich verbessern“. Das gilt auch für Regionen in China und Indien und ähnliche Länder, die erst jetzt in der Breite für die Dialyse erschlossen werden können. Für sie werden Basistherapiesysteme entwickelt, die einfacher zu bedienen und kostengünstiger sind.
Für Europa und Nordamerika geht es in eine andere Stoßrichtung. Dort heißen die Themen Automatisierung und Vernetzung der Systeme, um große Mengen Daten besser erfassen und nutzen zu können. Stichwort Industrie 4.0. Damit soll die Behandlung noch besser auf den Patienten abgestimmt und der Aufwand in den Dialysezentren verringert werden. Auch im neuen Technologiezentrum sollen Entwicklung und Produktion eng verzahnt bleiben. Schermeier spricht von einem offenen Konzept mit deutlich attraktiveren Arbeitsplätzen. An einzelnen Projekten arbeiten oft mehr als 100 Ingenieure zusammen. Für sie werden flexible Arbeitsräume geschaffen und die Kommunikationsinstrumente deutlich verbessert.
Motivierende Aufgaben
Was macht FME zuversichtlich, diese Ingenieure für Schweinfurt zu gewinnen? Das Unternehmen sei heute schon sehr attraktiv, sagt Schermeier. „Wir können gute Leute über die Aufgabe hier überzeugen.“ Es gehe nämlich nicht nur um Hightech, sondern um den Sinn dahinter. „Wenn ich ein gutes System baue, kann ich Leben retten und die Lebenssituation von Nierenkranken verbessern. Das ist Motivation.“
Dialyse
Funktion: Bei einem Nierenversagen übernimmt eine Dialysemaschine die Funktionen einer gesunden Niere. Bei dem Verfahren der Hämodialyse wird das Blut durch einen Dialysator, eine künstliche Niere, die wie ein Filter funktioniert, ausgetauscht. Dort nimmt das Dialysat, eine Spülflüssigkeit, Giftstoffe und überschüssige Wassermengen aus dem Blut auf.
Diese werden abtransportiert, das gereinigte Blut in einem separatem Kreislauf zurück in den Blutkreislauf des Nierenkranken überführt. Die Dialysemaschine überwacht während des gesamten Prozesses Messwerte, welche die Sicherheit für den Patienten gewährleisten. Die Behandlung erfolgt dreimal pro Woche und dauert vier bis fünf Stunden. kör