Lasset die Kinder zu mir kommen: Gleich zu Beginn des Konzerts darf der Nachwuchs mit auf die Bühne des „Christlichen Glaubenszentrums“ und grooven. Rund 30 junge Menschen aus Holland, England und der Schweiz (drei Deutsche sind auch dabei) preisen neben einem schlichten Balkenkreuz den Herrn, zeigen den Jüngsten die Bewegungsfolge: „auf“, „ab“, „tanzen“, „schwimmen“ und natürlich „beten“.
„Go on“ nennt sich die Tour der Pop-Gospel-Sänger aus den Reihen der „Continentals“, die weltweit mit 20 Gruppen unterwegs sind: Hier als „Young Continentals“ im schwarz-grünen Teenie-Look. „Mach weiter“, übersetzt Dirigentin Bettina Klonz aus Bremen das Motto: Gib niemals auf, auch wenn's schwer fällt.
Die Choreographie zwischen Pop, Rock, Swing, HipHop und Psalmodie passt ins VIVA- und MTV-Zeitalter, der Gesang ist gefällig, zwischen den Lobpreisungen wechseln die Teenies die Positionen, feiern die Bibel oder heben die Hände zum Himmel.
Aufgeregt und in stockendem Deutsch werben die jungen Leute außerdem für die christliche Hilfsorganisation „World Vision“ und Patenschaften in der „Dritten Welt“.
Die musikalische Erweckungsbewegung der „Continentals“ stammt aus Amerika, wo die Mitglieder seit 1967 den ganzen Kontinent (und mittlerweile auch die übrige Welt) bereisen – daher der Name. Die europäische Zentrale liegt in Rotterdam. Die Teenie-Band ist modern und weltoffen im Outfit, aber durchaus radikal im Anspruch, Mission für ein Christentum im Sinne der Bibel – als „lebendiges Wort Gottes“ – zu betreiben.
Der Eintritt ist frei, aber irgendwie soll der Chor auf seine Kosten kommen: „Seid nicht geizig, seid nicht knausrig“, animiert Pastor Gert Hoinle seine Gemeinde zum fleißigen „Opfern“, dann werden Plastikeimer herumgereicht. Denn: „Wer gibt, dem wird gegeben werden“. 750 Euro bräuchten die „Young Continentals“, die ohne Gage singen, an diesem Abend mindestens, predigt Hoinle.
„Wir sind keine Sekte“
In der Pause führt der Pastor den Zeitungsreporter stolz durch das ehemalige Lagerhaus im Gewerbegebiet. Besonders haben es ihm Deckenventilatoren oben im Ersten Stock angetan: schmucke Überbleibsel der amerikanischen Vormieter.
150 Mitglieder zählt seine kleine evangelische Freikirche, die offiziell unter dem Namen DCD – „Delta Christliche Dienste e.V.“ - firmiert. „Wir sind keine Sekte“, betont der Mittvierziger aus Mittelfranken, es gehe ihm um Charakter- und Persönlichkeitsbildung.
Hoinle hat ein breites Kreuz. Schon körperlich vom Evangelium aufgerichtet, freundlich im Ton, aber verbindlich in der Sache, präsent und charismatisch, könnte man ihn leicht für einen Streetworker halten. Früher habe er mit Holland, woher die meisten „Young Continentals“ stammen, Rauschgift statt Religion verbunden, erzählt Hoinle freimütig, bevor er 1982 ein „dramatisches Erlebnis mit Jesus“ hatte.
Ein Freund, der psychisch unter den Nachwirkungen von LSD-Trips gelitten habe, sei plötzlich geheilt gewesen. Gert Hoinle ist sich sicher: Eine dritte Person war in diesem Moment mit im Raum – „das hatte nichts mit Drogen zu tun“.
Hoinle ging in die USA, wurde in Tulsa, Oklahoma, zum vollzertifizierten Prediger ausgebildet („eigentlich bin ich Reverend“), heiratete eine Amerikanerin und verbreitet seitdem die frohe Botschaft in Deutschland und Asien.
Großzügige Spender
Dass man für seinen Glauben schon mal leiden muss, davon wissen die „Young Continentals“ ein Lied zu singen. Martina berichtet, dass sie früher ob ihres Bekenntnisses in der Schule gemobbt wurde, mittlerweile habe das aufgrund des Beistands „von oben“ nachgelassen. Benny litt unter schlechten Schulnoten, aber durch innige Gebete konnte der „Fünfer“ in Biologie in letzter Minute abgewendet werden. Versetzung geschafft. Spontaner Beifall im Saal.
Aus Geldersheim gibt es ebenfalls Erfreuliches zu vermelden: Bei den Opfergaben wurde die tausend Euro-Marke locker geknackt, teilt Pastor Gert Hoinle der Gemeinde mit. Die Nacht werden die Gospelsänger bei Gastfamilien verbringen. „Der Herr sieht im Verborgenen und wird sich revanchieren, wenn Ihr es nicht erwartet“, verkündet dazu der Newsletter, der im Foyer ausliegt.