Weit gefehlt: Ohne den Einsatz moderner EDV-Verfahren wäre der Geschäftsanfall bei Gerichten und Staatsanwaltschaften schon längst nicht mehr zu bewältigen.
Zuständig für Erstellung, Tests und Einführung aller EDV-Verfahren ist die beim Präsidenten des Oberlandesgerichts München angesiedelte "Gemeinsame IT-Stelle der bayerischen Justiz". In Schweinfurt wiederum sitzt deren mit zehn IT-Fachleuten bestücktes Testzentrum. Zur Zeit wird im Iduna-Hochhaus an einem neuen Projekt gebastelt, das den Staatsanwaltschaften in Bayern und acht Bundesländern die Arbeit erleichtern, den Gaunern gleichzeitig das Leben erschweren soll.
Die 22 bayerischen Staatsanwaltschaften und die von Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen setzen seit 2003 das in Schweinfurt getestete Programm "web-sta" ein. Darin werden alle für ein Verfahren notwendigen Daten von Beschuldigten, Geschädigten, von Rechtsanwälten oder Zeugen gespeichert. Beim Erstellen von Schriftstücken, Strafbefehlen oder Anklagen, aber auch bei einfachen Anfragen und Mitteilungen können diese Daten verwendet werden.
Die Zeiten, in denen Informationen mühsam von Hand erfasst werden mussten, sind vorbei. Man übernimmt die Daten - automatisiert - aus den Beständen der Polizei, wo in der Regel jede Straftat zuerst erfasst wird. Automatisch abgefragt werden auch Verkehrs- oder Bundeszentralregister und Straftaten aus anderen Gerichtsbezirken.
Die Aufnahme von Rheinland-Pfalz in den Länder-Verbund machte es jetzt nötig, "den Funktionsumfang zu vergrößern", wie Christoph Steffen vom Testzentrum erläutert. Als Beispiel nennt er die Verwaltung des Sitzungsdienstes für Staatsanwälte oder das Thema Vollstreckung. Via EDV wird künftig berechnet, wie lange ein sich gut führender Straftäter tatsächlich sitzen muss.
Noch bis Ende dieses Jahres wird an der neuen "web-sta"-Version gearbeitet. Immer wieder halten sich deshalb Anwender und Spezialisten der beteiligten Bundesländer in Schweinfurt auf, um "in akribischer Kleinarbeit jeden Mausklick und jede Funktion der von den Herstellerfirmen gelieferten Programmteile zu testen", sagt Steffen.
Landgerichts-Präsident Hans-Peter Hofmann weist hier auf den wirtschaftlichen Aspekt für Schweinfurt hin. Er meint damit nicht allein die zehn Arbeitsplätze im Testzentrum: "Die EDV-Spezialisten übernachten oftmals über Wochen in der Stadt".
In absehbarer Zeit soll auch das derzeit für die Gerichte entwickelte Verfahren "forumStar" vom vorhandenen Datenbestand profitieren. Ein Datenaustausch zwischen staatsanwaltlichem und gerichtlichem EDV-Verfahren befindet sich derzeit in der Testphase.
Um den erhöhten Testaufwand meistern zu können, wird das Teszentrum Schweinfurt im zweiten Stock des Iduna-Hochhauses zur Zeit erweitert. Verlagert werden deshalb die Schulungsräume für die Justizbediensteten. Unter anderm Staatsanwälte und Beschäftigte der Anklagebehörde üben künftig im vierten Stock des Hochhaues, damit die erweiterte web.sta-Version wie geplant Anfang 2006 laufen kann.