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NEUHOF: Mit Willi und Miss Marple zum Zabelstein

NEUHOF

Mit Willi und Miss Marple zum Zabelstein

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    Tiere, Natur und lebendiger Geschichtsunterricht: Während sich die Erwachsenen bei der Eselwanderung zum Zabelstein vor allem für historische Hintergründe interessierten, waren die Kinder Feuer und Flamme für die vierbeinigen Begleiter.
    Tiere, Natur und lebendiger Geschichtsunterricht: Während sich die Erwachsenen bei der Eselwanderung zum Zabelstein vor allem für historische Hintergründe interessierten, waren die Kinder Feuer und Flamme für die vierbeinigen Begleiter. Foto: Foto: Beate Dahinten

    Tiere, Natur und lebendiger Geschichtsunterricht: Während sich die Erwachsenen bei der Eselwanderung zum Zabelstein vor allem für historische Hintergründe interessierten, waren die Kinder Feuer und Flamme für die vierbeinigen Begleiter. Angeboten wurde die Wanderung unter dem Motto „Der Zabelstein im Mittelalter“ vom UBiZ und dem Steigerwald-Erlebnishof.

    Der Wetterbericht hat Gewitter gemeldet. Und die dunklen Wolken über den Knetzbergen und dem Zabelstein scheinen die Vorhersage zu bestätigen. Tatsächlich fallen kurz vor der Ankunft in Neuhof die ersten Regentropfen. Auweia: Eine Wanderung mit Eseln bei Blitz und Donner? Das kann ja heiter werden. Also gleich die Regenjacke angezogen.

    Auch die anderen Teilnehmer haben offensichtlich den Hinweis auf „dem Wetter angepasste Kleidung“ in der Ausschreibung berücksichtigt und sich – mehr oder weniger – entsprechend ausgerüstet. Sandra Pfister jedoch gibt sich optimistisch, dass es bald wieder aufhört. Mit Lederhut und Leinenweste weckt sie tatsächlich nicht den Eindruck, dass sie mit dem großen Regen rechnet.

    Quasi in Mutterschutz

    Knapp 30 Erwachsene und Kinder sind auf dem „Steigerwald-Erlebnishof“ versammelt. Esel Willi steht schon fertig bepackt bereit. Seine Frau Miss Marple trägt ihre Last im Bauch statt auf dem Rücken: deutliche Rundungen zeigen an, dass die Eselstute bald ein Fohlen bekommt. In vier Wochen, schätzt Sandra Pfister, wird es soweit sein. Also genießt Marple, wie sie meistens genannt wird, quasi Mutterschutz und darf einfach so mit spazieren gehen.

    Nach der ersten Kontaktaufnahme zwischen Zwei- und Vierbeinern und einer kurzen Einweisung für die jungen Eselführer geht es los. Immer noch im leichten Regen, aber das macht nix. Das Abenteuer wartet.

    „Der Zabelstein im Mittelalter“: Beim ersten Stopp am Waldrand stimmt uns Sandra Pfister auf die Zeitreise ein. Mit einem Zollstock, der in diesem Fall als Zeitstab dient. Das Mittelalter liegt da wirklich ziemlich in der Mitte. Von der halben bis zur 1,50-Meter-Marke, will heißen von etwas 500 bis 1500 nach Christus, hat es sich erstreckt. Die Burg Zabelstein sei relativ spät errichtet worden, erfahren wir. Im 12. Jahrhundert wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. Aber wir werden nur noch auf Ruinen treffen, nachdem die Burg zuerst 1525 im Bauernkrieg und – nach dem Wiederaufbau – anno 1689 ein zweites Mal zerstört wurde.

    Burg hin, Ruine her, Willi interessiert sich recht wenig für die geschichtlichen Hintergründe. Nicht nur, weil ihm all das schon öfter zu seinen großen Ohren gekommen ist. Viel lieber hat er die Gelegenheit genutzt, seinen beiden jungen Begleitern gleich mal das leckere Gras am Wegesrand zu zeigen.

    Ein Ritterfan

    Familie Schalkhäuser ist viel im Steigerwald und am Zabelstein unterwegs. Diese Wanderung hat für sie einen besonderen Reiz: „Mit den Eseln ist das für Kinder eine tolle Sache“, nennt Mutter Diane den Beweggrund, weshalb sie wieder einmal von Schweinfurt herübergekommen sind. Außerdem sei der dreieinhalbjährige Leo ein Ritterfan.

    Beim Aufstieg durch den Wald macht sich der Regen kaum noch bemerkbar, auch dank der hohen Buchen. Zum Glück, denn spätestens an der ersten Wegkreuzung ist den meisten warm geworden. Runter mit der Regenjacke. Zu Zeiten der Burg Zabelstein, erbaut von den Rittern gleichen Namens, hätten man sich nicht im Schutze des Waldes nähern können. Damals, erklärt Sandra Pfister, wären alle durch Weinberge gelaufen und leicht zu sichten gewesen.

    Der Wein übrigens war seinerzeit zum Trinken gebräuchlicher – weil gesünder als Wasser –, und das sogar für die Kinder, die ihn pur oder mit Wasser bekamen. Allerdings sei die Qualität des gewöhnlichen Weines von damals eher mit Essig vergleichbar. Ganz früher sei hier auch Wald gewesen, erfuhren die Wanderer später: daraus wurde das Bauholz für die Burg gewonnen. Viel Bauholz brauchte man da.

    Hintergrundwissen

    Die Vermittlung von historischem Hintergrundwissen über die Region ist ein Element dieser Wanderung, das Uli aus Röthlein besonders anspricht. Schließlich sei es doch so, dass man „oft von solchen Dingen nichts weiß“, sagt die Mutter zweier Kinder.

    Schon tauchen die ersten Mauern auf. Die Gruppe ist fast am Ziel. Fast. Die Reste der Vorburg vor Augen, erfahren alle, was außer Holz noch so gebraucht wurde für so ein Bauwerk. Sandstein und Lehm waren ebenfalls in der Umgebung zu finden. Ein wichtiger Standortfaktor. Und tatsächlich führt Sandra Pfister in einen großen Steinbruch. Vorstellungen, wie hier Baumaterial für die Burg gewonnen wurde, durchkreuzt sie allerdings: Die großen Lücken stammen nicht aus dem Mittelalter, sondern aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als amerikanische Soldaten hier übten. Und die Vorburg, die unter anderem als Marktplatz und bei Angriffen als Schutzraum diente, befand sich oben auf dem Steinbruch.

    Für drei Familien aus Eltmann ist die Wanderung eine unverhoffte Gemeinschaftsunternehmung, wie Melanie Funk berichtet. Ganz ohne Absprache haben sie sich angemeldet. Funks haben zuhause Pferde und Ponys. Kein Wunder also, dass für Tochter Julia genauso wie für die anderen Kinder die Tiere das Schönste bei diesem Ausflug sind.

    Interessen kombiniert

    Zu den Teilnehmern gehören aber nicht nur Eltern mit Kindern. Kathinka Brandl findet es reizvoll, dass sie verschiedene Interessen kombinieren kann. „Tiere, Pflanzen, Natur und die Gegend kennen lernen“, sagt die 30-Jährige aus Sylbach. Die Kinder unterdessen haben nur Augen für die Vierbeiner. Bisweilen gibt es sogar Tränen, weil nicht alle gleichzeitig Eselführer sein können.

    Die Gruppe ist im Burggraben angekommen. Und Sandra Pfister beim Besitzerwechsel im Jahr 1103. Keine feindliche Übernahme, sondern ein gewöhnlicher Verkauf an den Würzburger Fürstbischof. Die Burg Zabelstein wurde zur nördlichsten Befestigung in Richtung des Erzbistums Bamberg. Als Machtsymbol sei die Burg Zabelstein „sehr stark bewehrt“ gewesen. Von den Dimensionen her ähnlich der Festung Marienberg. Bei einem Angriff auf den damaligen Bischofssitz oberhalb von Würzburg soll der Sage nach sogar ein Schatz auf dem Zabelstein in Sicherheit gebracht worden sein.

    So langsam bekommt die Fantasie Flügel. Und spätestens, als alle im ehemaligen Burghof ankommen, hebt sie ab. Das Lingmann-Haus wird zum Palas, dem mehrstöckigen Hauptgebäude. Anstelle des hölzernen Aussichtsturms – ein Höhepunkt ganz ohne Esel – könnte einer der zwei Bergfriede oder vier Türme gestanden haben. Die Zelte mit den bunten Dächern sind nicht für das Bergfest des Steigerwaldklubs, sondern für ein Ritterturnier aufgebaut, für das die Untertanen alias Mitglieder des Klubs in ihren großen Wagen mit zwei oder vier statt 80 oder 100 Pferdestärken Proviant heranschaffen. Nur das Brummen des Generators will überhaupt nicht ins Bild passen. Und der Blick auf die Uhr zeigt, dass die Zeit doch nicht stehen geblieben ist. Der nächste Termin wartet.

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