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SCHWEINFURT: Morgendlicher Gretchen-Blues

SCHWEINFURT

Morgendlicher Gretchen-Blues

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    Michael Quast, das quirlig-nervöse, grimassierende Rumpelstilzchen.
    Michael Quast, das quirlig-nervöse, grimassierende Rumpelstilzchen. Foto: FOTO Waltraud Fuchs-Mauder

    Im Mittelpunkt der „kommentierten“ Faust-I-Darbietung stehen die kleinen gelben Reclam-Texthefte, bei deren Anblick schon manchen Schülern das Lachen vergangen ist.

    Nicht so beim Jugendtheater auf der morgendlichen, zweimal ausverkauften Studiobühne: Michael Quast, Meister der multiplen Rollengestaltung, und Philipp Mosetter, Pedant der Fußnote, machten aus Goethes Knittelversen eine respektlos-freche Unterrichtsstunde.

    Auch in dieser Kurzfassung des sonst längeren Abendprogramms hatten die Schülerinnen und Schüler aus Realschulen und Gymnasien wirklich was zu lachen.

    Auf Werktreue wird nicht verzichtet, das behaupten zumindest die Akteure. Aus „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“ folgern sie, dass Goethe selbst nur zwei Darsteller für sein Werk vorgesehen habe. An dem einen Lesetisch sitzt Mosetter, der den Regisseur mimt, durch seine oft abstrusen Gedanken zu Goethe und zu eigenen Erlebnissen mit der Langeweile spielt.

    Quasts Lust am Unsinn

    Doch die kann gar nicht aufkommen, denn am anderen Schreibtisch residiert ja Kabarettist Michael Quast, das quirlig-nervöse, grimassierende Rumpelstilzchen, dessen größte Stärke, nach eigener Aussage, die Lust am Unsinn ist.

    Quast spielt alle Rollen, ist dabei immer strebend bemüht – etwa um den sabbernden, zahnlosen Ton des alten Faust oder den cool-draufgängerischen des jungen. Als Wagner begeistert er mit hessischem Gebabbel, und in Auerbachs Keller mit feinstem Sächsisch.

    Doch seine oft abenteuerliche Darstellung wird immer wieder vom steif-korrekten Spielleiter unterbrochen. Mal feilt Mosetter am Pathos, mal kommentiert er den Text, wobei oft Erstaunliches zutage kommt: In seinen Metaphern habe Goethe auch seine Sexualängste offenbart, etwa indem er von „dunkler Hülle“ oder „engem Mund“ spreche.

    Munter wird weiter fabuliert: Über Goethes Auslassungen zur Quantenphysik (was die Welt im Innersten zusammenhält) oder zum Urknall. Doch manchmal habe der Herr Geheimrat zwischen den Zeilen lediglich seine Verdauungsstörungen thematisieren wollen, so das schräge literarische Forscherteam.

    Mosetter will Gretchen sein

    Die Handlung entwickelt sich: Osterspaziergang, Teufelspakt, Hexenküche, Begegnung mit Gretchen. Das will jetzt partout Mosetter spielen. Und während er „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer“ rezitiert, intoniert Quast – ohne Instrumente – umwerfend komisch den „Gretchen-Blues“: Das Schlagzeug zischt, die Mundharmonika weint, die Trompete flüstert, und erdige Akkorde geben den Rhythmus vor – Quasts Mundwerk ist wahrlich unerschöpflich.

    Der große Applaus am Ende steht für die Begeisterung des Publikums.

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