Nicht weniger als 13 Säcke voller Müll haben 20 Kinder, Jugendliche und Erwachsene am vergangenen Samstag, 22. April, in Gerolzhofen gesammelt – freiwillig. Sie waren einem entsprechenden Appell der Stadt gefolgt, die alle Einwohnerinnen und Einwohner von Gerolzhofen zu dieser Form des Frühjahrsputzes entlang der Grünanlagen und Wege in der Stadt aufgerufen hatte.
Nun hat sich hierzu der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern in Person von Harald Vorberg aus Hambach zu Wort gemeldet. Er ist der stellvertretende Vorsitzender der LBV-Kreisgruppe Schweinfurt. In einem Schreiben an diese Redaktion lobt er "solche Aktionen zum Entfernen der Hinterlassenschaften von gedankenlosen oder rücksichtslosen Mitbürgern", wie die jüngst in Gerolzhofen. Doch Vorberg bringt auch einen Einwand vor: Der Zeitpunkt sei falsch gewählt, um Grünflächen und Dickicht nach Müll zu durchstreifen.
Er begründet dies aus fachlicher Sicht mit dem Hinweis darauf, dass im Frühjahr jede unnötige Störung der Tier- und Pflanzenwelt zu vermeiden sei. Denn in dieser Zeit beginne nicht nur die Vegetationszeit der Pflanzenwelt, sondern Tiere, die am Boden- und Hecken brüten und dort ihren Nachwuchs aufziehen, etwa etliche Vögel, aber auch Feldhasen, seien darauf angewiesen, dass sie währenddessen ungestört blieben.
Schäden übertreffen den Nutzen
Vorberg appelliert deshalb darum an alle Verantwortlichen von Müllsammel-Aktionen, eine aus Sicht des Naturschutzes geeignetere Jahreszeit zu wählen. Er schlägt den Herbst oder den Winterzeitraum bis spätestens Ende Februar vor. Dies würde massive Störungen beim Brutgeschehen und erhebliche Trittschäden in der Pflanzenwelt vermeiden. Diese Schäden überträfen den Nutzen "der eigentlich sinnvollen und notwendigen Saüberungsaktionen weit", meint Vorberg.
Dieser Meinung schließt sich auf Nachfrage dieser Redaktion Edo Günther, der Vorsitzende der Schweinfurter Kreisgruppe des Bund Naturschutzes, an. Auch er empfiehlt, gezielt auf den Zeitpunkt für solche weit verbreiteten Sammelaktionen von Unrat zu achten. Der Herbst böte sich hierfür am ehesten an.
Verantwortliche stimmen den Bedenken zu
Bei den Initiatoren der Müllsammelaktion in Gerolzhofen stoßen die Naturschützer mit ihren Einwänden grundsätzlich auf offene Ohren. Wie Benedikt Friedrich (CSU), der zusammen mit seinen Stadtratskolleginnen Kerstin Krammer-Kneissl und Stefanie Döpfner (beide Geo-net), die Aktion per Antrag in den Stadtrat und damit an den Start gebracht hat, sagt: Ihnen sei der Umstand mit der Brutzeit der Vögel bewusst gewesen. Dennoch habe man die erste Sammelaktion noch unbedingt vor Ende April durchführen wollen, damit die Idee dahinter am Ende nicht in der Versenkung verschwindet.
Es sei bereits jetzt klar, so Friedrich, dass folgende Müllsammelaktionen nicht mehr im Frühjahr stattfinden werden. Eventuell werde es diesen Herbst eine weitere Aktion geben, auch deshalb, weil man während der Aktion am 22. April gemerkt habe, dass in der Stadt weniger Müll als erwartet herumlag. "Den Sommer über sammelt sich vielleicht mehr Müll an, so dass eine Sammelaktion im Herbst ohnehin günstiger ist", vermutet Friedrich. Vielleicht fänden sich dann auch mehr Menschen, die mitmachen, hofft er zudem.