(fan) Ein Blitzschlag aus heiterem Himmel: Das Dressler-Bekleidungswerk in Stadtlauringen wird Ende Oktober geschlossen, verkündete Geschäftsführer Lars Kröckel am Mittwoch den 83 Beschäftigten, zwei Tage vor den zweiwöchigen Werksferien.
Kröckel begründet die Entscheidung in erster Linie mit dem Wegfall des „Burberry“-Auftrags vor zwei Jahren. Für die Edelmarke hatte das Stadtlauringer Werk in Lizenz gefertigt, stets zur größten Zufriedenheit des Auftraggebers, wie der Werkleiter betont. Der Auftragsverlust habe zu großen Kostenproblemen geführt. Die Suche nach Ersatzaufträgen sei leider erfolglos geblieben. Ferner seien für den Bekleidungssektor die Zeiten noch schwerer geworden.
„Sehr flexibles Superteam“
Dass das Produktionsgebäude aus den 50er Jahren energetisch veraltet und erheblich reparaturbedürftig sei, dass es nur noch zu einem kleinen Teil genutzt werde und hohe Investitionskosten verursachen würde, komme hinzu, so Kröckel. Das, sei aber nicht der ausschlaggebende Grund, sondern der ersatzlos weggebrochene „Burberry“-Auftrag. Zur Betriebsschließung sieht er keine Alternative, sonst sei das Gesamtunternehmen gefährdet. Die Bekanntgabe der Werksschließung „war mein schwerster Gang“, so Kröckel, zumal gegenüber einem „sehr flexiblen“ und tüchtigen „Superteam“.
„Wir waren total geschockt und sind es auch heute noch“, sagt Betriebsratsvorsitzender Tino Kraußlach zur Schließungsbekanntgabe. „In den letzten Wochen gab es Sparmaßnahmen, um den Gebäudeunterhalt so gering wie möglich zu halten – und jetzt das Aus.“ Abgefunden habe sich die Belegschaft damit aber noch nicht, „wir sind kämpferisch und in Gesprächen mit der IG Metall über das Vorgehen“. Nach dem Osterurlaub stünden Gespräche mit der Geschäftsleitung an.
Seitens der IG Metall kritisierte der zweite Bevollmächtigte Peter Kippes das Vorgehen der Geschäftsleitung als „kaltschnäuzig“, die Mitarbeiter mit einer solchen Hiobsbotschaft in die Werksferien zu schicken, wo der Beschluss des alleinigen Gesellschafters Brinkmann GmbH schon am 3. März gefasst worden sei. Man werde „alle Mittel ausschöpfen, um diese Pläne nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Für maximal 24 Mitarbeiter könnte es laut IG Metall Angebote zur Beschäftigung in Großostheim bei Aschaffenburg geben – 180 Kilometer von Stadtlauringen entfernt.
„Menschenverachtend“
„Arrogant“ und „menschenverachtend“ nennt Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer die Art und Weise, wie den 83 Mitarbeitern die Werksschließung kurz vor den Werksferien mitgeteilt wurde; das gelte auch für die Aufforderung an die Mitarbeiter, wer in Großostheim weiterbeschäftigt werden wolle, müsse sich äußerst kurzfristig entscheiden. Für den strukturschwachen Norden des Landkreises und den ländlichen Raum bedeute diese Entscheidung eine weitere Schwächung, so Heckenlauer. Er und Landrat Harald Leitherer würden ein entsprechendes Schreiben mit einem Gesprächsangebot an die Firma Dressler beziehungsweise deren Gesellschafter, die Brinkmann-Gruppe, senden sowie Wirtschaftsminister Zeil und Ministerpräsident Seehofer um Hilfe bitten. Wenn jetzt auch die Immobilie als Kostenfaktor angeführt werde, sei dies besonders erstaunlich. Schließlich habe Brinkmann die doch erst vor einem Jahr gekauft.
Firma Dressler
Die Geschichte: Im Jahr 1929 begann der Schneider Eduard Dressler, Anzüge industriell zu fertigen und gründete in Großostheim eine Textilfabrik. 1960 lockte ihn die Zonenrandfertigung zur Produktionserweiterung nach Stadtlauringen. In der Blüte waren dort bis zu 450 Mitarbeiter beschäftigt, Dressler avancierte zum größten Arbeitgeber des nördlichen Landkreises Schweinfurt.
Der Einbruch: 2003 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Brinkmann GmbH wurde Gesellschafter. In Entlassungswellen (2002, 2003, 2008) wurden in Stadtlauringen immer mehr Stellen gestrichen. 2010 soll nach dem Plan der Geschäftsführung das Ende des Dressler-Standorts bedeuten.