"Nathalie küsst". Den Titel könnte man durchaus als Hinweis verstehen, dass allzu viel Tiefgang an diesem Abend nicht zu erwarten ist. Aber: Die Komödie geht auf den überaus erfolgreichen und auch verfilmten Roman des Franzosen David Foenkinos zurück, den Anna Beckstein und Maxi Herz für die Bühne adaptiert haben.
Der Plot ist eigentlich hanebüchen. Nathalie hat den über alles geliebten Mann durch einen Unfall verloren. Seit drei Jahren lebt sie zurückgezogen, hat sich abgekapselt, hängt in warmen Socken im Wohnzimmer herum. Und dann begegnet sie Markus, drückt ihm urplötzlich ganz fest einen Kuss auf den Mund, findet ins Leben zurück.
Die Liebe eines Paares, das ungleicher nicht sein könnte
Es entwickelt sich die Liebe eines Paars, das ungleicher nicht sein könnte. Nathalie ist eine äußerst attraktive Frau, Markus ein trauriger, die Arme und Gesichtszüge hängenlassender Pedant, der Mathematik und Sprichwörter mag und gerade frustriert von einem Speed-Dating zurückkommt. Die Inszenierung Stefan Zimmermanns für das a.gon Theater München, die jetzt in Schweinfurt zu sehen war, beginnt etwas langatmig, gewinnt aber schnell an Fahrt.
Eine Reihe von Vorhängen dominiert die Bühne. Sie werden blitzschnell auf- und zugezogen, ermöglichen flotte Szenenwechsel. Ein Straßenmusikant (ausgezeichnet Michael Stark mit der Gitarre) verbindet sie mit Chansons und Canzones und dem ein oder anderen schlauen Spruch.
Hauptdarsteller überzeugen
Dass das Ganze letztlich Spaß macht, liegt an den beiden Protagonisten, die – leider manchmal nur schwer zu verstehen – mit großer Spielfreude zu Gange sind. Ursula Buschhorn (bekannt unter anderem aus der Serie "Alle meine Töchter") schafft den Wandel von der trauernden Witwe zur aufblühenden, Selbstbewusstsein und Wissen um die eigene Attraktivität gewinnende Managerin glänzend. Die Körpersprache und Mimik Peter Kremers als Markus (Serie "Siska") ist großartig. Wie ein Blitz fährt es in ihn herein, als ihn Nathalie küsst.
Gekonnt sein Verhaspeln, die Wortspiele wie "Apropos ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass herrlich, also etwas Positives, von Herr abgeleitet wird und dämlich, etwas eindeutig Negatives, von der Dame? Das ist doch nun wirklich dämlich."
Schade, dass sich die Regie mit den Nebenrollen nur wenig Mühe gibt. Michel Guillaume muss Nathalies Chef Charles völlig überzogen als notgeilen Schmierlappen geben, stark nur die Suffszene, als er in einem Restaurant Markus begegnet. Alisa Riccobene stöckelt kurzberockt als Dummchen durch die Szenerie.
Trotzdem sehr freundlicher Applaus.