Harry Scharold warnt gleich vor : "Einen Biber werden wir auf unserer nachmittäglichen Tour nicht sehen"; das Nagetier ist nämlich dämmerungs- und nachtaktiv. Macht nichts, dafür gibt es auf der etwa zweieinhalbstündigen Tour entlang des Altmainlaufs und den Ufern der Angel- und Badeseen unglaublich viel Natur zu entdecken und am Ende wissen alle Teilnehmer ziemlich genau, wann sie sich wo für eine Bibersichtung auf die Lauer legen müssen.
Seit vier Jahren macht der Grafenrheinfelder Harry Scharold diese Tour und ist jedes Mal wieder glücklich, wenn er alle für das "herrliche Fleckchen Erde" begeistern kann. Als Vorsitzender der Grafenrheinfelder Anglergemeinschaft kommt er viel in der Natur herum; kennt also die Gegend wie seine Westentasche. Die Angler haben sich mit den Bibern arrangiert; man lebt zufrieden nebeneinander: Der Biber ist Vegetarier und nicht an Fischen interessiert, dafür lassen ihn die Angler in Ruhe, schützen aber auch die für die Artenvielfalt wichtigen Weiden, Silberpappeln, Eichen und Kirschen mit Drahthosen, schütten große Löcher am Ufer zu und sorgen dafür, dass "angebiberte" Bäume nicht Spaziergänger gefährden.
Nicht selten erschreckt der schwere Biber die Angler
Nicht selten erschreckt der durchschnittlich 20 Kilogramm schwere Biber die Angler mit einem lauten Platsch; tolle Fotos sind Scharold da schon gelungen, die er neben vielen anderen Naturfotos herum zeigt. Am Leonhard-See lotst der Naturführer seine Truppe, darunter als Jüngster der elfjährige Leif aus Bergrheinfeld, durchs Gestrüpp zu einer riesigen Biberburg; alljährlich bringt das monogam lebende Biberpaar dort Junge zur Welt, die dann mit dem Erreichen der Geschlechtsreife – erzählt Scharold – notfalls mit scharfen Zähnen aus dem Revier vertrieben werden.

Entlang der Wegstrecke erläutert Scharold die Lebensgewohnheiten des scheuen Nagers, dessen größter Feind wohl der Autofahrer ist. Gleich drei Biber wurden nämlich in der letzten Zeit auf der Straße nach Schwebheim überfahren, erzählt die Grafenrheinfelderin Sonja Bonengel, die die "interessante" Tour bereits zum zweiten Mal macht. Doch nicht nur der Biber ist Thema der Naturführung im Programm der alljährlichen BayernTour Natur im Schweinfurter Mainbogen.
Idylle pur mit paddelnden Enten und hoppelnden Kaninchen
Scharold zeigt abgestorbene Bäume mit Brutplätzen für viele Vogelarten, die frisch angelegte Insektenwiese der Gemeinde mit Plätzen für Eidechsen und herrlichem Blick aufs Wasser. Dazu gibt es viele historische und geografische Fakten, mainbegradigungsbedingt mal auf Bergrheinfelder dann wieder Grafenrheinfelder Gemarkung. Es brummt und summt an allen Ecken, Kaninchen hoppeln, eine Entenfamilie mit mehreren Küken paddelt gemütlich über den See und zwei Haubentaucher biegen balzend die schlanken Hälse umeinander – Idylle pur, gewürzt mit Nachtigallengesang und einem gigantischen Froschkonzert, das wohl, wie ein Teilnehmer witzelt, der Gästeführer eigens für die Veranstaltung bestellt haben muss.
Nur die Ringelnatter, die sich laut Scharold immer auf einem speziellen Baum sonnt, hat sich angesichts der 16 Naturentdecker doch lieber verkrümelt. Doch auch die Klimaauswirkungen werden sichtbar: Das Knabenkraut, eine Sumpfpflanze, wächst heuer nur ganz spärlich, weil es viel zu trocken ist. Trocken blieben auch die Füße beim letzten Stopp an der Schautafel am Hermasweg – vor der Begradigung wäre dort nämlich, wie alle erfahren, der alte Main geflossen.
Fazit: Man muss nicht immer in die Ferne reisen, auch die heimische Natur bietet spannende Entdeckungsreisen voller magischer Momente.
