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Niederwerrn: Neue Orgel ist das musikalische Herzstück von St. Bruno

Niederwerrn

Neue Orgel ist das musikalische Herzstück von St. Bruno

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    Moderne Orgel mit "Seele": Pastoralreferent Michael Stöcker (links) und Orgelbaumeister Thomas Eichfelder vor dem neuen musikalischen Herzstück von St.Bruno.
    Moderne Orgel mit "Seele": Pastoralreferent Michael Stöcker (links) und Orgelbaumeister Thomas Eichfelder vor dem neuen musikalischen Herzstück von St.Bruno. Foto: Uwe Eichler

    Der tiefste Bass lässt einem die Hose flattern, mit 16 Hertz. Sobald Orgelbaumeister Thomas Eichfelder Luft durch die Sechsmeter-Pfeife strömen lässt, bebt nicht nur das Herz des Zuhörers. Ein zarterer Klang ist auf der anderen Seite des Tonspektrums zu vernehmen. Bei der kleinsten "klingenden Länge" von sieben Milimetern hat das Ohr Schwierigkeiten, überhaupt etwas zu hören.

    Natürlich werden die Pfeifen nicht einzeln gespielt, in der Kirche St.Bruno. "Auf die Kombination kommt es an", sagt der Fachmann aus Bamberg, der seit August die neue Orgel eingebaut hat: Der zweite Aufbau des acht Tonnen schweren Prachtinstruments, nach dem Auftakt in der heimatlichen Werkstatt an der Regnitz.

    Im Frühjahr 2018 begann die Sanierung und Neugestaltung des Gotteshauses. Aus der gleichen Zeit stammen die ersten Entwürfe für die Orgel, mit ihren zwei Manualen (Tastaturreihen) und 26 Registern. Dazu kommen Pedale und ein Schwellkasten, dessen Pfeifen bei Bedarf "zugeschalten" werden können. Insgesamt 1444 Pfeifen hat Pastoralreferent Michael Stöcker gezählt, der das "Fundraising" betreibt: Rund 1,55 Millionen Euro ist die Kirchenrenovierung schwer, davon entfallen etwa 340 000 Euro auf die Königin der Musikinstrumente.

    Zwecks Gegenfinanzierung werden nun Pfeifenpatenschaften vermittelt. Je nach Größe kann ein Spender 10 bis 500 Euro beitragen und erhält dafür Gambe, Flageolett, Nasat, Oktave, Posaunenbass & Co, sowie einen Eintrag ins Orgelbuch. Ein Glockenspiel soll folgen. Die sonntägliche Weihe, mit Pfarrer Stefan Kömm und Regionalkantor Rainer Aberle, hat sich entsprechend ums Zusammenspiel von Groß und Klein gedreht, zu der in einer Kirche nicht nur die Orgel-Pfeifen beitragen.

    Einige Rohre von der Vorgängerin übernommen

    Einige Rohre wurden von der Vorgängerin übernommen, allerdings: "Die alte Orgel war zusammengeschustert", sagt Eichfelder. St. Bruno ist ein Kind der kargen Nachkriegszeit, in den frühen 1950er-Jahren. Der Orgelbaumeister selbst, Jahrgang 1959, hat noch bei G.F. Steinmeyer gelernt, "der" Orgelbaufirma. Viele Jahre war er als Restaurator oder Konstrukteur zwischen Hamburg und Athen unterwegs – und unter anderem für den Wohlklang im Hamburger Michel zuständig.

    In St. Bruno steht nun eine echte Eichfelder-Orgel.
    In St. Bruno steht nun eine echte Eichfelder-Orgel. Foto: Uwe Eichler

    Seit 1988 ist Eichfelder selbstständig. "Beim Orgelbau geht es nicht ums Geldverdienen", sagt der Sohn des ehemaligen Leiters der Bamberger Musikschule. Gefragt ist hochpräzise Handarbeit, wie zur Zeit eines Johannes Sebastian Bach. Die Intonation, die Klanggestaltung, übernimmt Ehefrau Monika. Für die Pfeifen ist ein Metallbau-Betrieb zuständig.  "Wir machen es a bissla anders", sagt Eichfelder, der einerseits auf den Erfahrungsschatz aus 2000 Jahre Orgelgeschichte zurückgreift. Andererseits etwas Zeitgemäßes erschaffen will, keine Nachahmungen barocker oder romantischer Vorbilder. "Ich baue Orgeln, so wie wir sie spielen, wie wir leben, wie wir fühlen." Jede Orgel sei ein Unikat, selbst wenn man sie exakt nachbauen würde, hätte die Kopie nicht den gleichen Klang.

    Das neue musikalische Herz von St. Bruno: Auf den ersten Blick hat es ein modernes Anthrazit-Design. Per Elektromotor wird Luftdruck erzeugt und mit Hilfe der "Windladen" auf die einzelnen Pfeifen verteilt. Per Haupt-, Schwell- und Pedalwerk lässt sich das Brausen der Töne variieren. Wird die Tür ins Innere geöffnet, offenbart die ausgefeilte Mechanik ihre Seele: im bernsteinfarbenen Licht glänzen die warmen, freundlichen Farbtöne von Fichte, Weißbuche, Tanne, Eiche und anderen heimischen Gehölzen. Bei den Tasten ist "exotisches" Ebenholz erlaubt.  

    Eine Symphonie des Sägens und Schraubens

    Wenn Eichfelder auf seiner Webside (www.orgelbau-eichfelder.de) den Windladenbau beschreibt, klingt das bereits wie eine Symphonie des Sägens und Schraubens: "Die Querstücke werden durchgestemmt und verkeilt. Die Schiede und Spunde werden genutet. Zusätzlich wird durch einen Querschied über dem Ventil der Wind für die Zungen und Mixturen geteilt (...). Die graphitierten Schleifen aus Eiche werden mit Liegelind abgedichtet. Die belederten Ventile aus Fichtenholz werden hinten angeschwanzt und durch Edelstahlstifte geführt. Die Ventilauflage ist beledert. Die Dichtungen der Abzugsdrähte durch das Beutelbrett werden mit Pulpeten ausgeführt."

    Auch sonst werden technisch alle Register gezogen. Kamera und Bildschirm ersetzen jetzt den Spiegel, beim Blick Richtung Altar. Es gibt sogar eine Automatik-Version, mit der ein Stück eingespielt und per "Playlist" wieder abgerufen werden könnte: Die wie von Geisterhand bewegten Tasten und Abstrakten – Stäbe, die den Tastendruck auf die Ventile übertragen -  hätten zur Zeit eines Marc-Antoine Charpentier für Erstaunen gesorgt. Dessen "Te deum" liegt auf dem Notenhalter, bekannt als Eurovisionshymne.

    Barock orgelt sogar der Klingelton von Eichfelders Handy. Der Baumeister spielt ein paar Takte auf dem "Werkzeug für Organisten" vor. Zeitlos, harmonisch, klar und sauber steigen die Töne empor. Womöglich wird die St. Bruno-Orgel, Baujahr 2020, auch einmal nostalgische Gefühle hervorrufen: "Sie könnte jetzt 300 Jahre halten."

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