Eigentlich sollte das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) für die Stadt Schweinfurt für zehn Jahre gültig sein. Das war 2007. Doch dann verkündeten die Amerikaner 2012 ihren Abzug. Nun sind sie fort, und die Stadt muss sich mit drei Arealen auseinandersetzen, von denen jedes etwa so groß ist wie die Altstadt – Askren Manor, Ledward Barracks und Kessler Field/Yorktown Village.
Eine Überarbeitung beziehungsweise Fortschreibung des ISEK drängte sich also auf, Vinzenz Dilcher vom Weimarer Büro UmbauStadt stellte sie nun in der gemeinsamen Sitzung von Haupt- und Finanz- sowie Bau- und Umweltausschuss des Stadtrats vor. Das ISEK gibt die grundsätzlichen Entwicklungsziele und -strategien einer Stadt vor. „Es wird uns nicht sagen, wie groß eine Stadthalle werden soll, oder wie viele Parkplätze sie braucht. Aber es kann einen möglichen Standort vorgeben“, erläuterte Baureferent Ralf Brettin. Ohne ISEK gibt es von der Regierung keine Förderung für städtebauliche Projekte, Abweichungen müssen deshalb immer gut begründet werden.
Eine Aussage, die die spätere Diskussion prägen sollte. Denn, um es vorwegzunehmen, das ISEK empfiehlt für Kessler Field/Yorktown Village, wo 34 Doppelhäuser stehen, ausdrücklich keine Wohnbebauung, sondern eine Erweiterung des Gewerbegebiets Am Hainig.
Grundsätzlich sind in Schweinfurt die Voraussetzungen für Stadtplanung gut, sagte Architekt Dilcher: Es gibt ein Konversionsgutachten, ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept, ein Einzelhandelskonzept und einen Verkehrsentwicklungsplan.
Die Empfehlungen des ISEK fußen auf Bestandsanalysen. Etwa der Bevölkerungsstruktur in den Stadtteilen. So wohnen die meisten über 64-Jährigen nordöstlich der Innenstadt und am Deutschhof. Während Letzterer zudem schrumpft, wachsen Eselshöhe, Zeilbaum und Musikerviertel. Am meisten Ausländer leben westlich der Innenstadt, im Musikerviertel und am Bergl. Die Quote der Hilfeempfänger ist im Musikerviertel am höchsten.
Städtebauliche Defizite sieht Dilcher vor allem in der nördlichen Innenstadt, im Gründerzeitviertel, im westlichen Musikerviertel und im Bahnhofsviertel – es seien dies wenig einladende Stadträume mit verschachtelten, unklaren Nutzungen, heterogenen Strukturen.
Fasst man nun die Stadtteile mit sozialen und städtebaulichen Defiziten zusammen, ergibt sich für UmbauStadt ein ziemlich großer „Handlungsraum“, der im Norden und Westen von den Konversionsflächen, im Süden vom Bahnhofsviertel und im Osten etwa von einer Linie Friedhofstraße/Alter Wartweg/Galgenleite begrenzt wird.
Einige Beispiele aus den Handlungsempfehlungen: Konversionsstandorte an umliegende Stadtteile anbinden. Main und Stadt stärker verbinden. Die Altstadt als Wohnstandort im Zusammenspiel mit Innenstadtfunktionen sichern. Vielfalt an Wohnformen und Wohnwünschen ermöglichen. Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum steigern, Bahnhofsplatz zum Impuls für weiteres Umfeld machen. Charakter von Stadtteilen kultivieren. Individualverkehr reduzieren. Parkraum reduzieren und organisieren. Verkehrsknoten Bahnhofsvorplatz als Drehscheibe für den ÖPNV ausbauen. Brachen als Flächenwert und Nutzungspotenzial erkennen.
Die Ledward Barracks sieht Dilcher im Westen als Standort für eine neue Stadthalle mit Festplatz und im Osten als oberes Ende einer Campus-Achse mit dem Hauptgebäude der FHWS im Süden und einer Mensa auf halber Strecke. Eine neue, hochwertige Stadthalle könne zudem den Stadteingang an dieser Stelle aufwerten. Der heutige Volksfestplatz wäre dann als Fläche für Wohnbebauung verfügbar, was wiederum die Lücke zwischen Askren Manor und Musikerviertel schließen würde.
Die isolierte Wohnbebauung im Yorktown Village sieht Dilcher dagegen als „Fehlentwicklung“. Aus fachlicher Sicht sei hier eine gewerbliche Nutzung sinnvoll. Zudem wäre mit Askren Manor und jetzigem Volksfestplatz der voraussichtliche Bedarf an Wohnraum für die kommenden 15 Jahre gedeckt.
Die Frage nach einem möglichen Bedarf an Wohnraum beziehungsweise Bauland war denn auch der einzige Punkt des ISEK, an dem sich eine Diskussion entzündete (siehe Artikel unten). Die Ausschüsse nahmen den Entwurf zur Kenntnis und beauftragten die Verwaltung, den nächsten Schritt einzuleiten: die Bürgerbeteiligung.