Noch immer beschäftigt die Bürgermeister der Mainbogengemeinden – mit Ausnahme von Grafenrheinfeld – der Rückbau des Kernkraftwerks. Gemeinsam haben sich die Gemeinden Gochsheim, Grettstadt, Röthlein, Schwebheim und Sennfeld eine anwaltliche Vertretung geholt, um den Rückbau zu begleiten. Einige kleine Erfolge hat dies bereits gebracht. Dennoch bleiben erheblich Fragen und Zweifel, die den fünf Bürgermeistern Kopfzerbrechen bereiten.
Nachdem beim Erörterungstermin im Herbst letzten Jahres klar wurde, dass viele Unterlagen noch fehlen, fordert die Allianz nun, die vollständigen Unterlagen einsehen zu können, um gegebenenfalls weitere Einwendungen abzugeben. Schließlich gehe es um die größtmögliche Sicherheit für die Menschen in der Region.
Kritik am Bau der Bereitstellungshalle (Beha)
Nach wie vor stößt vor allem der Bau einer Bereitstellungshalle (Beha) auf Kritik. Sie gehört nicht zum Rückbauverfahren, weshalb deren Umweltauswirkungen auch nicht geprüft wurden. In dieser Halle sollen schwach- und mittelradioaktive Abfälle gelagert werden, und zwar nicht nur die von Grafenrheinfeld, sondern auch fremde.
Erreicht hat die Allianz, dass diese Umweltprüfung nun nachgeholt wird. Ebenfalls erreicht wurde, dass Preußen Elektra (ehemals E.ON) zusagte, die Lagerung externer Abfälle auf insgesamt zehn Jahre zu befristen. Das aber genügt den Bürgermeistern der fünf Mainbogengemeinden nicht. Auch die Bereitstellung standorteigener Abfällen müsse befristet werden, fordern sie. Nur so könne man gewähren, dass es sich um eine zeitlich befristete Lagerung handle und man nicht durch die Hintertür daraus ein Endlager mache.
„Die Genehmigungsbehörde konnte bisher weder im Erörterungstermin noch im weiteren Verfahren schlüssig darlegen, weshalb von den Kommunen der Allianz und vom Landratsamt eingebrachte Alternativen nicht ernsthaft geprüft wurden, sondern zwingend ein Neubau am Standort vorzugswürdig sei“, heißt es in einer Presseerklärung der Allianz.
Man könnte die radioaktiven Abfälle auch gleich in die vorhandenen Zwischenlager bringen oder dafür die freien Kapazitäten des Brennelementelagers (Bella) nutzen, meinen die Bürgermeister. „Wir tragen durch das bestehende Lager für hoch radioaktiven Castoren bereits genug Lasten für die Allgemeinheit“, so Sennfelds Bürgermeister Emil Heinemann.
Kritik am Sicherheitskonzept
Auch ihre Kritik am Sicherheitskonzept nach dem Rückbau des Kernkraftwerks bekräftigen die fünf Mainbogengemeinden noch einmal. So habe man zwar erreicht, dass der einzige deutschlandweit verfügbare Fügedeckel an den Standort Grafenrheinfeld komme, dennoch sei es unklar, wie die Sicherheit gewährleistet werden könne, wenn mehrere der Castorendeckel alterten oder undicht würden. Die Allianz wird sich deshalb im weiteren Verfahren für eine Überprüfung und Nachbesserung des bestehenden Sicherheitskonzeptes und der Genehmigung von Bella stark machen. Die Kommunen der Allianz fordern, gerade vor dem Hintergrund aktueller Gefährdungen, mehrfach redundante Sicherungssysteme bei der jahrzehntelangen Zwischenlagerung atomarer Abfälle.
Verärgert reagierten die Bürgermeister auch darauf, dass es bis heute keine Pläne gibt, wohin der nicht radioaktiv belastete Abfall verbracht wird und welche Verwertung ortsnah erfolgen kann. „Wir befürchten erheblichen zusätzlichen Verkehr“, so die Gochsheimer Bürgermeisterin Helga Fleischer. Aber auch der radioaktive Abfall, der nach der Strahlenschutzverordnung uneingeschränkt freigegeben wird, macht der Allianz Sorgen. Dieses Material sei nicht unbelastet, sondern läge nur unter den Grenzwerten. Es dürfte deshalb wiederverwendet werden, beispielsweise im Straßenbau. Auch hier gelte es langfristig, für die Sicherheit der Umgebung Sorge zu tragen.
Beim Strahlen- und dem Brandschutz gibt es ebenfalls noch erheblichen Klärungsbedarf. Die Freiwilligen Feuerwehren der Kommunen können diesen nicht leisten, stellten die Bürgermeister klar. Es reiche nicht aus, die Werksfeuerwehr nur für das Kernkraftwerk selbst vorzuhalten. Es genüge nicht, die Kommunen, wie jüngst geschehen, an das Innenministerium oder den Katastrophenschutz zu verweisen. Hier müsse frühzeitig ein behördenübergreifendes Konzept erarbeitet und abgestimmt werden, fordert die Allianz.
Letztendlich fürchten die Bürgermeister der fünf Allianzgemeinden noch immer, „dass die Region trotz ihrer dichten Besiedelung für ein bundesweites Endlager in Betracht komme“.