S ich ändern - sich treu bleiben. Lässt sich dieser anscheinende Widerspruch so einfach vereinen, wie Wolf Biermann das tut in dem Zitat aus einem seiner Lieder?
Mir hilft ein Blick in die Natur. Eine Apfelblüte kann nicht ewig Blüte bleiben - so schön sie auch sein mag. Sie kann nur weiterleben, indem sie zum Apfel wird. Nur durch ihre Veränderung bleibt sie ihrer Bestimmung treu.
In unserem Leben ist das ähnlich. Sich nicht mehr verändern wäre Stillstand. Und Stillstand hat nichts mit Leben zu tun - bestenfalls mit Tod. Aber unsere Berufung ist das Leben. Denn Jesus sagt: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben."
W elche Veränderungen führen uns zu mehr Leben?
Das kann eine Herausforderung im Beruf sein. Oder die Kinder wer- den älter und ich habe wieder mehr Freiräume. Wichtig ist dabei, dass ich offen bin für Änderungen und Altes loslasse. Sonst ist kein Platz für neues Leben. Auch der Apfel schafft es nicht Blüte und Frucht gleich- zeitig zu sein.
Die Fastenzeit kann Gelegenheit sein, eine Haltung des Loslassens und der Offenheit einzuüben. Dies kann ich tun, indem ich gewohnte Bahnen verlasse und Neues auspro- biere.
Ich neige zum Beispiel dazu mei- nen Tag zu stark zu verplanen. Des- wegen will ich versuchen eine Auf- gabe am Tag bewusst langsam zu verrichten. Für einen andern heißt es wieder einmal zu gehen, anstatt Auto zu fahren. Oder am Abend keinen Fernseher anzuschalten. Vielleicht fällt Ihnen etwas Neues ein, das sie schon immer ausprobie- ren wollten, sich aber nie die Zeit genommen haben.
O ffenheit heißt für mich nicht, dass ich alle kurzlebigen Änderungen mitmachen will. Offenheit hilft mir vielmehr Ver- änderungen anzunehmen, die das Leben mit sich bringt. Seien es nur die ersten grauen Haare, die mich an das älter werden erinnern oder Beziehungen, die sich verändern.
Das ist nicht immer bequem, aber wir bleiben lebendig. Und nur wer sich ändert, bleibt sich und dem Leben treu.