Projekt-Seminare, besser bekannt als P-Seminare, sind eine gute Orientierungshilfe für junge Menschen, die kurz vor dem Abitur stehen. In der intensiven Beschäftigung mit dem Thema ihres Seminars lernen sie nicht nur fürs Lebens, sondern auch viel über die eigenen Neigungen und Fähigkeiten. Wertvolle Erfahrungen für den weiteren Bildungsweg nach dem Abitur, die in vielen Fällen Schwierigkeiten beim Übergang von Schule in Studium oder Beruf vermeiden helfen, so die Einschätzung der Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Unterfranken, Monika Zeyer-Müller.
Und weil den P-Seminaren an den Gymnasien so ein hoher Stellenwert beigemessen wird, werden einmal im Jahr die besten prämiert. Die Prämie – 200 Euro pro ausgezeichneter Schule – ist dabei eher symbolisch. Viel mehr geht es darum "im Team kreative Ideen zu entwickeln", so Monika Zeyer-Müller bei der Preisverleihung in Schweinfurt. In Schweinfurt deshalb, weil das dortige Alexander-von-Humboldt-Gymnasium neben dem Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg und dem Rhön-Gymnasium in Bad Neustadt einer der aktuellen Preisträger ist.

Gespannt auf die Präsentationen der P-Seminaristen waren nicht nur AvH-Schulleiter Klemens Alfen und die Ministerialbeauftragte, sondern auch Wolfgang Fieber, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender des vbw (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft). Denn ohne Kooperationspartner, zum Beispiel an Fachhochschulen, Universitäten und vor allem aus der Wirtschaft sind solche P-Seminare kaum zu stemmen. Aber die Wirtschaft hat freilich auch ein Eigeninteresse an gut ausgebildetem Nachwuchs.
Studium oder Beruf? Orientierung geben und Abbrecherquoten minimieren
Etwa 11 Prozent aller Azubis brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab, bei den Studenten sind es 28 Prozent, die ihr Studium abbrechen. Für Wolfgang Fieber eindeutig zu viel. "Das können wir uns wegen des Fachkräftemangels und der Alterung der Gesellschaft nicht leisten." Umso wichtiger sei es, junge Menschen bei der Studiums- und Berufsorientierung zu unterstützen. Unterstützung, die dem Einzelnen hilft, wenn er möglichst passgenau seine schulischen und beruflichen Weichen stellt, aber auch der Gesellschaft hilft, "kostenintensive Reparaturmaßnahmen wie etwa Umschulungen oder berufsvorbereitende Maßnahmen zu minimieren".

"P-Seminare helfen bei der Orientierung und ermöglichen Einblicke in die Arbeitswelt", so Fieber. Eine Einschätzung, die ganz besonders für das ausgezeichnete P-Seminar des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums zum Thema "Bereit für die Zukunft" gilt. Gemeinsam mit ihrem Oberstufenkoordinator Mario Hartmann (Leitfach Chemie) und mit Unterstützung der FHWS haben die Schüler einen ausgeklügelten Test für die Studien-und Berufswahl entwickelt, der künftigen Studienanfängern im MINT-Bereich (Naturwissenschaften) bei der Orientierung hilft. Ein Projekt mit viel Spielraum, um Erfahrungen mit sich selbst zu machen, so dass am Ende nicht nur der entwickelte Test stand, sondern auch manche Frage im Hinblick auf die persönliche Zukunft der Seminaristen beantwortet war. So bildeten sich die jungen Leute in den einzelnen Phasen ihres P-Seminars zu Experten der eigenen Studien-und Berufsorientierung aus und sehen, wie sie bei ihrer Präsentation herausstellten, "klarer im Hinblick auf ihre Zukunft in Beruf oder an der Uni".

Für viel Durchblick, und zwar in der Mathematik, sorgt auch das P-Seminar des Deutschhaus-Gymnasiums Würzburg. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Andrea Stamm haben die jungen Leute im Leitfach Mathematik eine "Mathe-Führerschein-App" entwickelt, die vor allem Schülern der 5. Klasse des Gymnasiums hilft, ihren Einstieg in die Welt der Zahlen zu meistern. Ähnlich wie bei einer Autoführerschein-Lern-App werden hier Mathematik-Routineaufgaben trainiert. Bereits am neuen Lehrplan des G9 orientiert, steht die App schon im Google-Play-Store zum kostenlosen Download bereit. "Kindgerecht aufbereitet und mit unendlich vielen Aufgaben", wie bei der Präsentation betont wurde, soll die App nicht nur Spaß machen – sie denkt auch mit. Wenn zuverlässig ein bestimmter Schweregrad der Aufgaben erledigt wurde, steigert sich der nach und nach ganz von alleine.
Drohnenlandeplatz gemeinsam mit starken Partnern entwickelt
Das Rhön-Gymnasium in Bad Neustadt wollte buchstäblich hoch hinaus mit seinem P-Seminar "Digitalisierung des ländlichen Bereichs mittels Drohnen". Das neue Entwicklungszentrum des Bad Neustädter Automobilzulieferers Jopp verfügt zwar über allerlei technische Raffinessen, aber nicht über eine eigene Kantine. Das P-Seminar hat sich, angeleitet von Silvia Joachim und Frank Gleichmann, mit der Möglichkeit beschäftigt, wie man mittels Drohnen Nahrungsmittel völlig autonom auf dem Dach des Entwicklungszentrums anliefern könnte. Gemeinsam mit Jopp und dem BayernLab, einer in Bad Neustadt angesiedelten Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat, das sich zum Beispiel mit 3-D-Druck oder Multikoptern beschäftigt, wurde an der Idee gefeilt. Bis zu fünf Kilo könnte eine solche Drohne transportieren, Schwerpunkt des Seminars war die Entwicklung eines Landesplatzes. Solche wurden zum Beispiel im Detail mit Lego nachgebaut.

Allen drei ausgezeichneten P-Seminaren ist gemeinsam, dass sie viel mehr Arbeit gemacht haben und dass sie mit mehr Herzblut realisiert wurden, als man von einem normalen P-Seminar erwarten kann. Da wurde auch in der Freizeit weiter programmiert oder Treffen vereinbart um gemeinsam an Lösungen zu feilen. Neue Erfahrungen gemacht, Horizonte erweitert, viel dazu gelernt! Darin sind sich die Schülerinnen und Schüler einig, die in teils launigen Präsentationen die Ergebnisse ihrer nun preisgekrönten P-Seminare vorstellten.


