Welch ein Auftakt: Mit einem fulminanten Abend eröffnete das Ensemble "Passo Avanti" die Reihe der fürs Foyer geplanten Konzerte im Schweinfurter Theater. Corona-bedingt hatte sich die kleine, aber ansehnliche Schar der Besucher allerdings im "Großen Haus" verteilt, was dem intensiven Erleben keinerlei Abbruch tat. Die vier Künstler schafften es nämlich, vom ersten Ton an eine energetische Verbindung zum Hörer zu schaffen, die 90 Minuten lang nicht abriss.
Dabei hatte der Abend nicht nur aufgrund der aktuellen Lage auf der Kippe gestanden, sondern auch wegen eines Unfalls des zum Quartettstamm gehörenden Cellisten. Ersatz war mit Jaka Stadler vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gefunden, der sich kurzfristig nicht nur ins umfangreiche Programm einarbeitete, sondern es auch schaffte, musikalisch völlig mit dem Ensemble zu verschmelzen. Fabelhaft in jeder Hinsicht auch Julia Bassler, Geigerin und Jazzviolinistin, Alexander von Hagke, Klarinetten, Flöten und Leitung von "Passo Avanti", und der Gitarrist Lucas Campara Diniz, der das Klangspektrum seiner akustischen und der Jazzgitarre dezent um elektronische Effekte erweiterte.
Musizierfreude, Klangsinn und große Kreativität
Mit enormer Musizierfreude, feinem Klangsinn und außerordentlicher Kreativität bewegen sich die vier Künstler durch die Stile der musikalischen Welt. Sie lassen die Kantilenen eines Luther-Chorals wie luftige Fäden aufschweben, spinnen ein Netz aus flüchtig wirkenden Improvisationselementen, entfernen sich weit von der Vorlage und gleiten wieder zurück in die Manifestation von "Ein feste Burg".
So geht es durch den gesamten Abend: Ein Mozartlied verwandelt sich in einen leidenschaftlichen Tango, Rhythmus und Melodie dominieren hier. Delikat und zum Wegträumen entwickelt sich Edvard Griegs "Heimweh", enthüllt im Wesen, kommentiert und neu erfunden von vier wahren Entdeckern. Ein Nebel scheint sich über der fast unwirklichen und idyllischen "Morgenstimmung" (Peer Gynt) zu lichten. Witzig dann die Verbindung zwischen "In der Halle des Bergkönigs" mit Klezmer und Gypsy – da geht die Post ab!
Mundschutz auf und ab zum Pachelbel-Kanon-Chor: Das Publikum darf nun ein wenig galante Sangesfreude zeigen und Mozarts Knabenchor aus der Zauberflöte um spätbarocke Eleganz erweitern. Ein swingendes, groovendes Mischgewebe entsteht. Verblüfft und staunend findet man sich in einem Kosmos ohne Trennung zwischen "Ernster Musik", Jazz, Folk, Rock und Volksmusik.
Eine Mozartouvertüre tobt ausgelassen über die Bühne, atemlos und motorisch eilt "Alla turca" vorbei, eine pfiffig instrumentierte Bach-Musette schlägt in eine Jam-Session um. Dann die "Waldesnacht" von Brahms: Natur- und Abendruhe hüllt den Hörer ein, selbst in der Verfremdung und Überhöhung der romantisch-seelenvollen Emotion mit sparsam eingefügten harmonischen Erweiterungen und rhythmischen Effekten.
Punktgenau am Zeitlimit von 90 Minuten wird die fetzige, erzmusikantisch aufgespielte "Tritsch-Tratsch-Polka" zum Rausschmeißer. Hut ab vor diesen Musikern: Bravorufe und Jubelpfiffe für "Passo Avanti"!