Einen Einblick in moderne Narkoseverfahren lieferte das jüngste Arzt-Patienten-Seminar in der Geomed-Klinik. Dr. Marcus Schley, Chefarzt der Anästhesie des Krankenhauses, referierte über Vorbereitungen, Abläufe, Risiken und Ansprüche unterschiedlicher Verfahren auch in Hinblick auf die individuellen Patientenerfordernisse.
Zu den Zielen einer Narkose gehören laut Schley die Vermeidung von Schmerzen und ein guter Schlaf der Patienten. Weiterhin gehe es um die Verträglichkeit. Heutige Narkosemittel seien deutlich besser verträglich als Lachgas oder Äther, die – einst angewendet – zu erheblicher Übelkeit führten. Zudem habe die Narkose medizingeschichtlich dazu beigetragen, dass Chirurgen deutlich filigraner arbeiten können. Denn der Patient muss während des Eingriffes still halten.
Ziel: Keine Schmerzen
Eine Standardnarkose gibt es laut dem Mediziner nicht. Aber jeder erhalte die gleiche Narkosequalität. Bei der notwendigen Sorgfalt und mit den nötigen Überwachungsgeräten sei es unwahrscheinlich, während einer Vollnarkose aufzuwachen. Im Abstand von meist sechs Stunden vor der Narkose sollten Patienten nichts essen und trinken, um ein Übelkeitsgefühl im Nachhinein zu verringern. Ziel sei, dass der Patient möglichst unbeeinträchtigt von Schmerzen aufwache.
Eine Narkose sei ein Eingriff in die Integrität des Körpers, so Schley. Doch durch das Beachten der Standards ließen sich Gefahren stark reduzieren. Das Risiko, an einer Narkose zu sterben, sei wegen der guten Steuerbarkeit und Kurzwirksamkeit sehr gering. Die Gefährlichkeit steige mit zunehmenden Alter und dem Grad der Nebenerkrankungen. Auch die Risiken von Wiederholungsnarkosen halten sich in Grenzen, obwohl mehrere Narkosen den Patienten eher beeinträchtigen können, als nur eine. Mögliche Risiken seien mit dem Patienten zu besprechen.
Um die Patientensicherheit zu verbessern, müsse der Arzt laut Schley gut informiert sein. Gewicht und Größe des Patienten etwa besagen etwas über die Zufuhr von Narkosemitteln während des Schlafes. Neben weiteren Details informiert sich der Arzt über die Medikamentenliste, Allergien, Diabetes, die Krankheitszusammensetzung und vorangegangene Operationen. Bei Risikoeingriffen spielen auch Patienten- und Betreuungsverfügungen sowie Vorsorgevollmachten eine Rolle.
Man unterscheidet zwischen Vollnarkose und Regionalanästhesie oder Teilnarkose, so Schley. Gute OP-Bedingungen und Schmerzfreiheit bieten beide Verfahren. Unterschiede gibt es beim Schlaf und der Verträglichkeit. Während Patienten bei Vollnarkosen schlafen, würden sie bei Regionalanästhesien eher schlummern. Vollnarkosen werden allerdings in aller Regel nicht so gut vertragen wie Teilnarkosen, allein schon aufgrund der deutlich größeren Menge an Narkosemitteln.
Wenn möglich würden sich laut dem Chefarzt die meisten Patienten für eine Teilnarkose entscheiden. Diese kann für Eingriffe an den oberen (Arme, Schultern, Ellenbogen, Handgelenk) und den unteren (Hüfte, Oberschenkel, Kniegelenk, Spunggelenk) Extremitäten erfolgen. Allerdings seien einige Operationen nur mit Vollnarkose möglich. Das gilt insbesondere für Operationen an Brust, Hals, Kopf und Bauch.
Am Beispiel einer Patientin, die ein künstliches Kniegelenk erhielt, erläuterte der Mediziner eine Teilnarkose. In der Sitz- oder Liegeposition werde der Patientin mittels einer Nadel das Medikament in einen vorgeformten Raum des Rückenmarks injiziert. Dann seien für vier bis sechs Stunden die Nerven blockiert, die ins Kniegelenk verlaufen. Die Folge: Kein Gefühl und keine Kraft in der betäubten Region.
Allerdings habe die Patientin nach dem Abklingen der Narkose immer noch Schmerzen, so Schley. Daher könne für bis zu 72 Stunden ein Schmerzkatheter in die Leiste gelegt werden. Mit Ultraschall suche man den entsprechenden Nerv, um den Katheter zu platzieren. Eine Pumpe regelt die Zufuhr des Betäubungsmittels. Je nach operierter Körperregion könne der Katheter auch an anderer Stelle gelegt werden.
Maske versorgt mit Sauerstoff
Bei einer Vollnarkose werden den Patienten laut dem Chefarzt Narkosemittel über eine spezielle Infusionsleitung ins Kreislaufsystem eingeführt. Man setzt den zu Behandelnden eine Maske auf, um die Lungen ausreichend mit Sauerstoff zu füllen. Über den Mund wird dann ein Tubus in die Luftröhre eingeführt, um die Sauerstoffzufuhr sicherzustellen. Kontrolliert wird das durch die Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes.