Vorbei sind inzwischen auch in Gerolzhofen die Zeiten, dass Führerscheinanwärter in den Fahrschulen bei der theoretischen Prüfung über den gedruckten Fragebögen brüteten. Seit Anfang dieses Jahres sitzen und schwitzen sie allesamt auf dem Gelände der Prüfstelle des Technischen Überwachungsvereins (TÜV Süd) in der Dreimühlenstraße am Computer-Bildschirm vor den Fragen. Moderne PC-Software hat bei der elektronischen Führerscheinprüfung im eigens aufgestellten Container das gute, alte Papier abgelöst.
Ein wesentlicher Grund für die Einführung der Theorieprüfung am Laptop ist, dass insbesondere junge Fahranfänger noch besser auf den Straßenverkehr vorbereitet werden. Denn die neue Technik verlangt den Fahrschülern mehr Verständnis rund ums Fahren ab.
Der Prüfling muss sich bereits in der Vorbereitungsphase intensiver mit den Verkehrsregeln befassen als früher, sie wirklich verstehen und begreifen. Ein rein fotografisches Gedächtnis hilft da nicht weiter. Damit soll ein weiterer Beitrag zur Senkung des Unfallrisikos besonders in dieser Altersgruppe geleistet werden.
Aus für Schablone und Spickzettel
Zugleich schiebt das moderne Prüfsystem unlauteren Machenschaften einen erheblich größeren Riegel vor als die Fragebögen. Lösungsschablonen, Spickzettel und andere Tricksereien machen keinen Sinn mehr. Auch Fehler oder Manipulationen bei der anschließenden Auswertung sind ausgeschlossen. Natürlich sind die Handys vor der Prüfung auszuschalten. Und bevor nicht mittels Ausweis die Identität jedes Einzelnen genau geklärt ist, wird niemand zur Prüfung zugelassen. Es herrschen also gleiche Voraussetzungen für alle.
Spannung im Container
Je nachdem, wie viele Prüflinge angemeldet sind, sind bis zu drei Durchgänge angesagt. Im knapp 25 Quadratmeter großen Container mit den 15 Bildschirmplätzen auf dem Gelände des TÜV Süd-Servicecenter befinden sich dann nur noch der Prüfer und seine „Kandidaten“.
Die Spannung ist spürbar, als sich an diesem Tag die jungen Leute an den Schreibtischen niederlassen. Der Prüfer erklärt zunächst den Ablauf der Prüfung und die Handhabung des PCs. Dann richtet er von seinem Pult per kabelloser Funkübertragung die Prüfplätze für die einzelnen Bewerber ein und schickt ihnen ihre speziellen Fragen auf den PC. Nun startet die Prüfung. Statt durch ein Kreuzchen auf dem Papier markiert die Berührung mit dem Finger auf dem Bildschirm, der „Touchscreen“, die Antwort. Wer den Haken an der falschen Stelle gesetzt hat, kann ihn problemlos wieder durch die nochmalige Berührung entfernen.
Dank der automatischen Auswertung zeigt der Computer Prüfling und Prüfer sofort auf dem Display an, ob die Prüfung bestanden ist. So rattert bereits nach wenigen Minuten zum ersten Mal der Drucker. „Glückwunsch. Sie können los“, sagt der Prüfer und hängt dem jungen Mann die Bescheinigung über die bestandene theoretische Fahrerlaubnis samt ausgedrucktem Protokoll aus. So geht es fast im Minutentakt weiter. Die „Durchfallquote“ bei der Prüfung am Bildschirm entspricht übrigens der wie bisher bei den Fragebogen. Es bleibt dabei: Fleißig gelernt ist so gut wie bestanden.
„Die ersten Erfahrungen sind positiv“, fasst Chefprüfer Herbert Baus (Untererthal) seine Eindrücke zusammen. Auch ältere Teilnehmer würden gut mit der neuen Technik zurecht kommen. Das Prüfungsprogramm sei absolut benutzerfreundlich aufgebaut und per Fingerdruck leicht zu bedienen. Sollte es dennoch Probleme geben, könne sich der Betroffene stets an den Prüfer wenden. Was die Durchführung der theoretischen Führerscheinprüfung am PC anbelangt, so besitzt der TÜV in Bayern eine Monopolstellung.
Das meinen die Fahrschulen
Der Gerolzhöfer Fahrschulbesitzer Thomas Weißenberger bestätigt, dass er und seine Kollegen inzwischen „nach gewissen Anfangsproblemen“ mit der neuen Technik gut leben. Seiner Erfahrung nach lernen bislang aber nur die wenigsten bereits online. Der Fragebogen auf Papier ist also zumindest noch bei der Vorbereitung noch lange nicht „out“ und sehr gefragt.
Ein weiterer Vorteil ist die blitzschnelle Auswertung. Die habe früher eben bei zehn bis 15 Leuten bedeutend länger gedauert. Jetzt ist spätestens nach 30 Minuten alles vorbei. Was der Gerolzhöfer Fahrlehrer allerdings etwas vermisst, ist die persönliche Note. Die gehe etwas verloren. Saßen nämlich früher Prüfer und Fahrlehrer nach getaner Arbeit noch zusammen und hätten manche Frage diskutiert, so verschwinde der Prüfer heute in seinem Container. Viele Fahrlehrer sehnen sich auch noch an die Zeit zurück, als die Prüfung in den eigenen Räumen stattfand. Unter dem Strich ist für Thomas Weißenberger jedoch klar: „Ein Fortschritt ist die elektronische Prüfung schon“.