Wer die Diagnose Brustkrebs erhält, ist schockiert. Wer mit den Begleiterscheinungen der Chemotherapie wie Haarausfall oder Hautproblemen zurechtkommen muss, fühlt sich oft allein gelassen. Hier die betroffenen Frauen zu unterstützen und zu beraten, damit deren Selbstwertgefühl in dieser schwierigen Zeit gestärkt wird, hat sich der Röthleiner Friseursalon Kreutzberger vorgenommen und einen separaten, geschützten Raum für Perückenanprobe oder spezielle Kosmetikbehandlung eingerichtet.
Die gerade nachwachsenden, noch sehr kurzen Haare umgeben das offene, strahlende Gesicht. Sie sind rein optisch der einzige Hinweis darauf, dass die 43-jährige Daniela Schäfer einen schlimmen Leidensweg hinter sich hat. "Seit letzter Woche bin ich fertig mit der Akuttherapie", erzählt sie, "jetzt beginnt für die nächsten zehn Jahre die Antikörper-Therapie."
Ganz ruhig, sachlich und emotionsfrei berichtet die Tierpflegerin aus Zell von ihrem Schicksal, während um sie herum im Friseursalon Kreutzberger die Gäste der kleinen Eröffnungsfeier, darunter auch Röthleins zweiter Bürgermeister Martin Weth, den neuen Behandlungsraum inspizieren und sich über dessen Funktion aufklären lassen.
Daniela Schäfer: "Zehn Tage nach der ersten Chemo begann der Haarausfall"
Im vergangenen Oktober hatte die Mutter zweier Kinder die Diagnose Krebs erhalten, nachdem sie selbst eine kleine Delle an ihrer Brust festgestellt hatte. Nach den Untersuchungen begann im November die Chemotherapie, sechs Sitzungen im Drei-Wochen-Rhythmus bis Ende Februar, dann nach einer Regenerationsphase kam die Operation, nach einer Wartezeit schließlich die Bestrahlung.
"Zehn Tage nach der ersten Chemo begann der Haarausfall", erinnert sich die 43-Jährige, die sich zu dieser Zeit wegen schlimmer Entzündung ihrer Schleimhäute im Krankenhaus aufhielt. In immer größeren Strähnen verlor sie die langen Haare. "Ich wollte aber nicht wie ein gerupftes Huhn aussehen", so Daniela Schäfer, die offensiv mit der Situation umgeht und sich als positiv denkenden Menschen bezeichnet. Ihre beste Freundin Ina Grätz-Seufert kam also ins Krankenhaus und rasierte die Haare ab.
Die großgewachsene, zupackende Frau aus Gochsheim ist Friseurin und gelernte Kosmetikerin. Sie arbeitet seit vier Jahren im Röthleiner "Team Kreutzberger", und sie bestellte gemeinsam mit ihrem Chef mehrere Perücken für Daniela zur Auswahl. Ein dunkelblond-gesträhntes Exemplar stand der Krebspatientin am besten. Den Pauschalbetrag von 250 Euro zahlte die Krankenkasse, den weitaus größeren Rest trug die Patientin selbst.
Als "Schminkmuffel", wie diese sich selbst bezeichnet, brauchte sie auch die Hilfe ihrer Freundin Ina, als ihr Wimpern und Augenbrauen ausfielen. Wie trägt man das Augenbrauen-Puder auf, wie befestigt man die künstlichen Wimpern? Daniela wollte so normal wie möglich aussehen und damit besser fühlen.
Auch die Veränderung der Haut, "so trocken wie Pergament", machte ihr zu schaffen. "Welche Cremes kann ich nehmen, worauf muss ich achten?" Viele Fragen, die sie dank ihrer Freundin beantwortet bekam.
Unterstützung für krebskranke Frauen
Weil diese sah, dass krebskranke Frauen Unterstützung bei ihrem Aussehen brauchen, dass es solche Angebote aber kaum gibt, dass es auch mehr als nur eine Perücke sein muss, dass Zuhören und Zuwendung nötig oder auch die Formalitäten mit der Krankenkasse zu leisten sind, bearbeitete sie ihren Chef Jochen Kreutzberger. Der schickte sie zu Schulungen und Weiterbildungen für kosmetische Behandlungen und richtete einen separaten Raum in seinem Salon ein. "Damit die Betroffenen diskret beraten werden können", sagt der Friseurmeister, der auch im Vorstand der Friseurinnung Main-Rhön mitarbeitet.
Auch wenn es Daniela Schäfer jetzt gut geht, weiß sie, "dass das Damoklesschwert immer über ihr schweben wird". Was aber eigentlich über jedem schwebe. Sie weiß auch, dass jedes Jahr 70 000 Frauen in Deutschland neu an Brustkrebs erkranken und dass Hilfe, so wie sie sie von ihrer Freundin Ina erfahren hat, jede Betroffene brauchen kann.