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Peter Casagrandes ganz großes Format

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Peter Casagrandes ganz großes Format

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    Fast schon ehrfürchtig: Peter Casagrande vor seinem großen Format in der Kunsthalle.
    Fast schon ehrfürchtig: Peter Casagrande vor seinem großen Format in der Kunsthalle. Foto: Foto: Stefan Pfister

    Als er fertig war nach fünf Wochen Arbeit, setzte sich Peter Casagrande in seinen grauen Campingstuhl an der Querwand der großen Halle in der Kunsthalle. Er war alleine, die Kunsthallen-Mitarbeiter schon nach Hause gegangen, die Ausstellung aufgebaut. Er trank einen Schluck Bier und schaute selig auf die andere Seite. Dort, wo sein überdimensionales abstraktes Gemälde hängt. Sieben mal zehn Meter groß. Eine Wucht von einem Bild.

    Casagrande saß also in der Schweinfurter Kunsthalle, genoss das Abendlicht aus den großen Fenstern zum Innenhof. Und nahm Abschied. Sagte leise Servus zu seinem Bild, das er öffentlich und voller Leidenschaft nicht einfach nur gemalt, sondern zelebriert hat.

    Groß, größer, Casagrande, das trifft den Kern

    „Am Ende muss ein Bild über mich herauswachsen, muss mehr sein, als ich erklären kann“, beschreibt der 71-jährige Deutsch-Italiener, der in Maitenbeth bei München lebt und arbeitet, das Unerklärliche. Schwarz, Weiß, Grau, man kommt in die große Halle, schaut und ist erst mal still. Was hat dieses Bild, dass es selbst eine 29 mal neun Meter große Wand locker beherrscht? Was hat dieses Gemälde, dass es einen aufzusaugen scheint? Dass man den Blick nicht von ihm lassen kann.  

    Dass man, selbst wenn man sich die anderen – auch nicht gerade kleinen – Bilder, die die Ausstellung ergänzen, anschaut, immer wieder verstohlen auf das eine große, zentrale Werk blickt? Sind da Dämonen? Herzen? Stürme? Auf jeden Fall ist da ein Sog, der dafür sorgt, dass man sich lange auf dieses zumindest für die Kunsthalle epochale Werk einlässt.

    Raum als Grundthema

    „Raum“ ist das Thema des dem Informel zuzuordnenden Künstlers Casagrande, der in den 1970er Jahren an der Akademie der Bildenden Künste in München und in Berlin Malerei studiert hat. „Raum“, sagt Casagrande, „ist mein Grundthema. Ich versuche in meiner Malerei ein Raumerlebnis zu erzeugen.“ Raum, der sich dehnt, der wächst, Raum als offenen Begriff. Die Bilder kann man als Erweiterung der drei Dimensionen sehen, sie heben den Raum, in dem sie ausgestellt sind, ganz sicher auf einen höheren Level.

    Experte für große Projekte

    Einen Namen hat sich Peter Casagrande vor allem durch seine überdimensionalen, abstrakten Gemälde gemacht. Bilder von ihm wurden von der Staatlichen Gemäldesammlung München und der Städtischen Galerie im Münchner Lenbachhaus angekauft. Und auch große Räume hat er oft bespielt, in Unterfranken stellte er zuletzt Ende der 1990er Jahre in einer Kirche in Aschaffenburg aus.

    Das 70 Quadratmeter große Gemälde in Acryl auf Leinwand in der Wälzlagerstadt – aufgeteilt in je fünf Bilder in zwei mal drei Meter und zwei mal vier Meter – ist das mit Abstand größte. Und wahrscheinlich wird er es nicht mehr wieder machen, denn auch wenn er jugendlich und offen wirkt, ist sich Casagrande seiner 71 Lenze wohl bewusst. Seine Art des Malens ist körperlich sehr anstrengend. Wer ihn dabei beobachtet hat oder den Videofilm der Entstehung des großen Formats im Foyer anschaut, versteht schnell, was er mit diesem Satz meint: „Die Energie, die aus einem Bild herauskommen soll, muss man als Künstler erst hineinstecken.“

    Bei Casagrande kann man das quasi für jeden einzelnen Pinselstrich so stehen lassen. Es ist ein gestischer Malprozess, in dem sich viele Schichten überlagern, ineinander übergehen. Da wird mit verschiedenen Malwerkzeugen schwarze Farbe auf die Leinwand aufgetragen und im nächsten Schritt lasierendes Weiß darauf geschüttet, das Bild hochgehoben, das Farbenspiel sich selbst überlassen. Das Bild führt den Maler. „Die Leinwand ist mein Partner, ich bin nicht ihr Dompteur.“

    Keine Farbexplosion

    Wie gut er mit großen, mächtigen Räumen wie der großen Halle in der Kunsthalle umzugehen weiß, sieht man auch daran, dass sich Casagrande bewusst weigerte, eine überdimensionale Farbexplosion an die Wand zu knallen. Die radikale Reduktion auf Schwarz und Weiß und dessen Mischungen ist es, was nicht nur einfach ein richtig großes Bild hat entstehen lassen. Die Kraft, die hineingesteckt wurde, drängt ungehemmt wieder heraus.

    Über den Saal, in dem früher das Schwimmbecken des alten Ernst-Sachs-Bades war, kann Casagrande stundenlang schwärmen. „Dieser Raum ist ein Gedicht. Er ist mein Paradies.“ Ja, in der Tat, die große Halle ist ein architektonischer Traum, hat ein ausgeklügeltes Lichtsystem und strahlt mit majestätischer Größe eine Ruhe aus, die nicht beklemmend, sondern befreiend ist. Befreiend für einen Künstler wie Peter Casagrande, dem Kunsthallen-Chefin Andrea Brandl die Chance gab, dieses Projekt zu verwirklichen.

    Neuland für alle Beteiligten

    Sowohl für den Künstler als auch das Kunsthallen-Team war die Ausstellung Neuland. Seit Gründung der Kunsthalle 2009 hat kein Künstler vor Ort ein solch großes Bild geschaffen, das notgedrungen aus einzelnen auf Holzkonstruktionen gespannten Leinwänden bestehen muss, die aneinandergefügt werden zu einem großen Ganzen. Armdicke Balken hatten die Techniker der Kunsthalle als Unterkonstruktion an die Wand gebaut, der Boden war mit Platten und Folie abgedeckt. Auch an den Wänden hing Folie, da Casagrande ausschweifend und gestenreich mit allen möglichen Hilfsmitteln vom großen Pinsel bis zur Rakel malt. Die rote Transportbühne in der Ecke war essenziell, irgendwie musste man ja acht Meter hoch kommen, um die Bilder anzubringen.

    Auf die Frage, ob er denn zufrieden mit sich sei, antwortet der Oberbayer fast schon fränkisch: „Nun, ich bin nicht unzufrieden. Aber zur Euphorie besteht kein Anlass.“ Doch, tut es.

    Peter Casagrande, Das große Format, Ausstellung in der Kunsthalle Schweinfurt; bis 3. September, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr.

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