Strategen mögen keine überdehnten Fronten, angreifbare Nachschublinien und sonstige langen Leitungen. Man merkt, dass der weißhaarige Solaraktivist Wolf von Fabeck nicht nur altem Militäradel („Falkenstein von Fabeck“) entstammt, sondern selbst einmal Berufsoffizier war. 1986, im Jahr der Tschernobyl-Katastrophe, quittierte er den Dienst an einer Bundeswehr-Hochschule und kämpfte fortan gegen Klimawandel und Nuklear-Reaktoren und für erneuerbare Energien. Derzeit fällt sein Falkenblick kritisch auf aktuelle Sandkastenspiele von Unternehmen und Politik in Sachen Stromnetz.
„Wolf von Fabeck ist eine treibende Kraft der Energiewende in Deutschland“, mit diesen Worten begrüßt Stefan Göb, Geschäftsführer der Firma NE Solartechnik, den Amtskollegen des Solarenergie-Fördervereins Deutschlands (SFV). Der rüstige Diplom-Ingenieur ist am 9.
Mai 80 Jahre alt geworden: Beim Vortragsabend in der Werkshalle, mit Vertretern regionaler Bürgerinitiativen contra SuedLink, den Bürgermeistern aus Wasserlosen, Bergrheinfeld und Werneck, des BN, der Bürgeraktion Müll und Umwelt und insgesamt rund hundert Besuchern, wird ein Filmporträt gezeigt: Ab 1989 setzte der Pionier kostendeckende Vergütungen für Solarenergie durch, das sogenannte „Aachener Modell“, das in 40 Kommunen übernommen worden ist.
Sein Vortrag dreht sich um die Abwägung „dezentrale, demokratische Stromversorgung“ gegen „Supertrassen“ der Konzerne, Stichwort SuedLink. Eine rein zeitliche Überbrückung von „Dunkelflauten“ bei Wind- und Solaranlagen, sprich Phasen ohne Wind und Sonne, wäre für ihn die (buchstäblich) naheliegende Lösung. Die Überwindung großer räumlicher Distanzen bei der Stromversorgung würde, aufgrund schwer auszugleichender Lieferschwankungen, schlicht eine „Fehlinvestition“ von Milliarden bedeuten, warnt er.
Stattdessen müsste man jetzt die Förderung von Stromspeichertechnik betreiben. Tatsächlich seien durch die Bundesregierung aber die Vergütungen für Solarstrom zurückgefahren und 65 000 Arbeitsplätze zerstört worden.
Von Fabeck hinterfragt den praktischen Sinn neuer Fernleitungen, die als Folge von Fukushima und Atomausstieg Strom von Offshore-Windparks im Norden ins Landesinnere transportieren sollen: „Eine Schutzbehauptung, um nicht zu sagen: ein Schwindel.“ Windkraftanlagen würden aufgrund der Schwachwindzeiten nie konstant Energie liefern, es gehe somit auch um den Anschluss von Braunkohle-Strom als „schmutzigster Energieform“ überhaupt. Ein ökologischer Ausgleich durch skandinavische Pumpspeicherkraftwerke (PSK) per Seekabel funktioniere nicht, sagt Fabeck, mit Blick auf nötige Liefermengen und der Gefahr von Süß- und Salzwasservermischung an den Fjorden. In Deutschland selbst bräuchte man 30 000 solcher PSK, um auch nur eine Netz-Abdeckung über wenige Wochen hinweg zu erreichen. Derzeit sind es 30 Anlagen, die Wasser bergauf pumpen und dann wieder einer Turbine zuführen. Die geplanten Supertrassen wiederum seien hochanfällig für „Black Outs“, die auch durch Terroranschläge und Computerattacken erfolgen könnten. Nur durch dezentrale Versorgung ließen sich totale Zusammenbrüche vermeiden.
Dem größten Problem bei Solarenergie, die Schönwetterabhängigkeit, will von Fabeck durch Einspeicherungen begegnen: Durch strategische Langzeitspeicher mit Methangas als „Power to Gas“-Variante oder flüssigem Methanol (per „Power to Liquid“-Verfahren, für das auch das Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden kann). Als kurzfristige Pufferspeicher sollen vor allem Lithium-Batterien an Solaranlagen dienen, mit denen überschüssiger Strom zwischengelagert und bei Bedarf eingespeist wird.
Auch die Windkraft spiele hier eine bedeutende Rolle – im Wald, hoch über den Bäumen, gäbe es am wenigsten Belastung durch die Rotoren. Braunkohlegebiete seien unschöner anzuschauen als jeder Windpark, wirbt der Referent, und: „Nichts schadet Fledermäusen und Vögeln mehr als der Klimawandel.“
Es entspannt sich eine lebhafte Diskussion: etwa um Elektrosmog bei Hochspannungstrassen (für von Fabeck eher vernachlässigbar, diese seien an sich unnötig). Nachfragen gibt es zum Bedarf an alternativer Energieerzeugung, wenn in Bayern sämtliche AKW stillstehen: Sollte es in jedem Landkreis 100 bis 150 Windräder geben? „Warum nicht?“ lautet die Antwort. Man brauche zehn Prozent der Landesfläche für Windparks. Außerdem Photovoltaik „auf jedem Dach und auf jeder Lärmschutzwand“ sowie auf vier Prozent der Ackerflächen: mit und ohne Fernleitungen.
Energiesparappelle? Die brächten nur etwas, wenn Strom wirklich teurer werden würde, sagt von Fabeck. Es müsste eine Energiesteuer für alle geben und zugleich Ausgleichszahlungen, um Einsparmaßnahmen zu finanzieren. Außerdem sollten Termingeschäfte mit dem Strompreis verboten werden, da sie den nur kurzfristig lieferbaren Wind- oder Sonnenstrom benachteiligen, bis hin zu Negativpreisen für Stromüberschuss.
Die Idee eines Grafenrheinfelders, das KKG-Gelände nach der Abschaltung als Gaskraftwerk zu nutzen, findet von Fabeck nicht schlecht – wenn es um Power to Gas gehe: „Bringen Sie Photovoltaik an den Kühltürmen und setzen Sie noch ein Windrad oben drauf. Als Demonstration des Sieges der alternativen über die konventionellen Energien!“