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SCHWEINFURT: Poetry Slam: Elf Dichter sollt ihr sein

SCHWEINFURT

Poetry Slam: Elf Dichter sollt ihr sein

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    „Begeisterung ist keine Heringsware, die man einpökelt auf einige Jahre“, zitierte Schweinfurts Dichterfürst Manfred Manger zum Einstieg den großen Kollegen Goethe -frisch und echt war dann auch die Begeisterung für den achten U20-Poetry Slam, die „Stadtmeisterschaften“ im Stattbahnhof.

    Für besonders gute Laune sorgte der Frankfurter Ausnahme-Slammer und Wort-Rapper Dalibor als Co-Moderator. Außerdem der Umstand, dass der vorangegangene Workshop für dichtenden Teenager wieder eine Finanzspritze (von Stadt und Bezirk) erhalten hat: Da freut sich nicht nur der Trägerverein, die Wortartikulation Schweinfurt (WAS) die zusammen mit dem Bezirksjugendring außerdem als Preis-Sponsor auftrat. Ansonsten versammelten sich elf junge, aber teilweise schon szenebekannte Dichter, Glücksfee Pia legte die Reihenfolge fest, eine fünfköpfige Jury im (nicht ganz vollen) Saal bewertete die Beiträge auf einer Skala von ein bis zehn, das jeweils beste und schlechteste Ergebnis wurde gestrichen.

    Keine allzu großen Überraschungen dann bei der Lyrik, auffallend stark bewertet wurden allerdings die jüngsten Teilnehmer - ehrliche, „naive“ Spontaneität steht offenbar hoch im Kurs.

    „Opferlamm“ Felix, der dichtende DJ, begann außer Konkurrenz mit einer Rede an die Menschen, sprich an sich selbst: „Blauäugig ist manchmal die Sicht, die nicht so sehr ins Herz sticht.“ Bei Max hieß es „Game over“ zu einem Beziehungsende mit schwarzem, eisgekühltem Herzen. Benny verlas einen selbstgefälligen Brief von George W. Bush an den lieben Gott: Eigentlich habe er als Präsident doch alles richtig gemacht, wie es denn jetzt aussehe mit dem Platz im Himmel. „Hellooo George“ lautete die indignierte göttliche Antwort (ein Insider aus der Espressokapsel-Werbung): Dein Platz ist in der Hölle. „Manche Dinge ändern sich nie“, stellt das zugkräftige Zweigespann des Abends fest, die „Word Nerds in.team“, sprich der wortgewaltige Wipfelder Jonathan Baumgärtner und Marilisa Herchet, keine Unbekannten auf der Bühne: Neonazis ändern sich zum Beispiel nicht, und sind auch nicht sehr konsequent, wenn sie nach der Demo in Schweinfurt beim Döner ihr Feedback einholen. Merke : „Lieber hundert Jahre arm als tausend Jahre Reich.“ Und mit zwei Kopfschüssen werden gewalttätige Ideologien erst so richtig verbreitet, siehe Pakistan - die flotte Präsentation der „Wort-Sonderlinge“ sorgte für 27 Punkte und die frühe Favoritenrolle. Christine wetterte gegen die globale Konsumgesellschaft: „Glauben Sie auch noch an diese Seuche namens Mensch?“.

    Das Gleichnis vom Zusammenspiel von Magen und Gliedern, frei nach dem antiken „Streikbrecher“ Livius, nahm Julia („weder Doktor noch Professor“) auf die Schippe: Heute hat ganz Deutschland Verdauungsprobleme, fordert ständig Leistung und Bildung von seinen Mitgliedern, nur um dann träge, unsolidarisch und aufgebläht beim Alten zu verharren: „Sehr geehrtes Sch...System, versuchs doch mal mit Aktivia“.

    Die zweite Runde leitete dann, wieder nur zum Einheizen, RosaLie ein, mit einem Liebesaus in der Stadt: „Liebe und Hass, zwei Seiten ein und derselben Medaille, nur ein Fingerschnippen voneinander entfernt.“ Noch sehr jung auf der Bühne und schon sehr kreativ: Nico, der als „Mad Scientist“ dem Unterschied zwischen Elchen und Pferden nachspürte, per Experiment: Wirft man erstere aus dem Hubschrauber, rotieren sie um ihr Geweih und landen sanft, Pferde werden hingegen zu Matsch. Bei Strahlung mutieren sie zu Elchen - bitte nicht nachmachen. In ihr „Spiegelbild“ blickte Simone, Risse dort wie in der Seele heilen nie, und nicht alle Erwartungen an sich selbst sind erfüllbar - dafür gabs 24 Punkte und Platz 3. Herzerfrischend: Dauergast Finn, in diesem Jahr „fast Zehn“, über seine große Liebe Melanie: „Ich bin gespannt, wies weitergeht“. Diese Romantik „U10“ erntete phänomenale 26 Punkte. „Kinder sind ein Fehler“, meinte Anika, und berichtete vom Leiden eines Vaters, dessen Bastard ihm erst eine Intimrasur mit dem Feuerzeug und dann ein Ende auf dem Scheiterhaufen beschert. „Jedes Ende ist auch Anfang für etwas Neues“ dichtete Faith zum Thema Liebe, Robert wandte sich der Welt der Zocker und Gamer zu - die sind oft genauso reizbar wie eine Zicke. Zum Finale gab's noch eine wilde Improvisation in der Gruppe, ein spontaner Satz ergab buchstäblich den anderen, von Dichter zu Dichter, wie im Workshop gelernt: Ein sinnfreier, aber kreativer Hirnsturm a la Club der toten Dichter, bei der Hannibals Schildkröten-Elefant mit dem Boot über die Alpen marschierte. Bevor das Team „Word Nerds“ als Gewinner den goldenen Sektkübel entgegennahm. Viel Gedränge auf dem zweiten Platz, mit 26 Punkten, den sich Benny, Julia, Anika, und, eine kleine Sensation, eben Finn (fast 10) teilen.

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