(mge) „Da sollten wir zuschlagen,“ sagte der bis dahin im Kissinger Raum praktizierende Allgemeinarzt Dr. Frank Müller zu seiner Frau Dagmar. Gemeint war die Übernahme einer Arztpraxis von einem Kollegen, der aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf aufgeben musste. Die Praxis befand sich in Üchtelhausen, war erst drei Jahren zuvor renoviert worden und praktischerweise wurde die Wohnung über der Praxis auch frei.
Gesagt, getan. So kamen die Müllers in den 90er Jahren in das stadtnahe Üchtelhausen. Frank Müller baute seine Praxis auf, seine Frau Dagmar kümmerte sich um das dazugemietete Haus und die darin vorhandene Wohnung, die dem Ehepaar jedoch bald zu klein wurde.
Die Müllers suchten folglich einen Bauplatz. Damit sah es in Üchtelhausen jedoch schlecht aus. Anfragen nach dem bereits von ihnen gemieteten Fachwerkhaus, das der Gemeinde gehörte, blieben zunächst ungehört. Im Jahre 2000 entschloss sich die Gemeinde jedoch, das ehemalige Rathaus, das auch eine zeitlang die alte Dorfschmiede beherbergt hatte, an den Arzt und seine Frau zu verkaufen. Die Müllers freuten sich. Jetzt hatten sie eine eigene Bleibe.
Das Anwesen hatte die Gemeinde renoviert, Praxis und Außenfassade waren in Ordnung. Da Dagmar und Frank Müller aber nicht kinderlos bleiben wollten, wurde die vorhandene Wohnung zu klein. Der unausgebaute Dachboden bot sich an. Schnell eine Verbindung nach oben, eine neue Dachgaube, die Schaffung neuer Räume. Die Müllers stellten sich das einfach vor, irrten sich mit der Annahme aber.
Schwierige Decke
Die Schwierigkeiten begannen bereits mit dem Durchbruch der Decke. Die Dachluke sollte ersetzt, ein Treppenhaus geschaffen werden. Frank Müller legte selbst Hand an. Putz, Lehm und Stroh rieselten, die gesamte bereits vorhandene Wohnung war in kürzester Zeit vollkommen verstaubt. Die Müllers dichteten sich das Wohnzimmer ab, wollten bis zur Fertigstellung der Dachgaube größtenteils in diesem einen Raum leben.
Firmen kamen, errichteten die Gaube. Die Genehmigung für das Bauwerk lag zwar vor. Was die Müllers jedoch vergessen hatten, war die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde für das 1721 erbaute Haus. Ärger in Form eines Denkmalpflegers zog auf, der Neubau wurde eingestellt, Wochen vergingen. Erst der Zuspruch des Landrats löste die Probleme. Der Ausbau des Daches ging nun zügig voran.
Dagmar Müller hatte in dieser Zeit ihren ersten Sohn Phillipp geboren, die junge Familie sehnte sich schmerzlich nach einem normalen Leben – ohne Chaos, Schmutz und Handwerker. Für Frank kam die Doppelbelastung Baueigenleistung und Beruf dazu. Es gab auch noch Auflagen. Spezielle Fenster mussten her, im gesamten Haus befinden sich kleine Schiebefenster. Der Denkmalschutz bestand erst auf einer Einzelgaube, obwohl auf der anderen Seite des Hausdaches bereits eine Doppelgaube vorhanden war. Eine Einzelgaube brachte nicht nur weniger Licht, sondern hätte die einstige Dorfschmiede auch asymmetrisch aussehen lassen. Diese Forderung konnten die Müllers abwenden, in die teuren Fenster investierten sie gerne.
Ein Kleinod im Dorf
Das alte Rathaus ist ein Kleinod geworden, in dem die mittlerweile fünfköpfige Familie gerne wohnt. Vor zwei Jahren ersetzten sie die in der Wohnung vorhandene Nachtspeicherheizung größtenteils durch einen Kachelofen, der das gesamte obere Stockwerk wärmt. Nur an eisigkalten Tagen laufen die alten Öfen noch mit. Es war ein langer Weg zum Ziel, doch am Ende hat er sich gelohnt. Das alte Haus in der Dorfmitte von Üchtelhausen ist für die Familie Müller nicht nur Arbeitsbereich, sondern auch ein gemütliches Heim geworden.
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