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Schweinfurt: Quartett „SolTango“ überzeugt im Schweinfurter Theater

Schweinfurt

Quartett „SolTango“ überzeugt im Schweinfurter Theater

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    Das besondere Konzert mit Cuarteto SolTango fand im Foyer des Theaters statt.
    Das besondere Konzert mit Cuarteto SolTango fand im Foyer des Theaters statt. Foto: Martina Müller

    Nüchtern und bei Licht betrachtet ist der Tango eine aus Südamerika stammende Musik im Vierachtel- oder Zweivierteltakt, der seltenere Tango Vals im Dreivierteltakt, auf die, wenn es möglich ist, auch gerne paarweise getanzt wird. Aber kaum eine Musik hat auch derart stark polarisiert.

    Für die einen ist sie Weltanschauung und Lebensmittel, für andere, die Anhänger des Machismo, ist sie Mittel zur geschlechterspezifischen Machtdemonstration, wieder für andere ist sie Teufelswerk. Wie für den Polizeichef Muus in Uetersen, der am 26. September 1913 per Dekret und Aushang die „sogenannten Wackel- und Schiebetänze“, allen voran den Tango, kurzerhand verbot. Wer erwischt wurde, musste nach § 200 des Reichsstrafgesetzbuches wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses 150 Reichsmark (heute über 1000 Euro) berappen oder wurde für sechs Wochen eingesperrt.

    Man konnte den gestrengen Ordnungshüter ja fast verstehen, wenn man jetzt im Foyer des Theaters das Quartett „SolTango“ hörte, ein Ensemble in etwas ungewöhnlicher Besetzung, zu dem sich der Geiger Thomas Reif, der Cellist Karel Bredenhorst, der Bandoneonist Andreas Rokseth und der Pianist Martin Klett (er ist auch der Arrangeur der Gruppe) zusammengeschlossen haben. Denn ihr Programm „Sin palabras“ („Ohne Worte“) kam – erstaunlicherweise ist das tatsächlich möglich – ohne eine Note von Astor Piazzolla aus.

    Wurzeln in der argentinischen Volksmusik

    Die Vier gingen in die Jahre vor ihm zurück, als der Tango noch archaisch und anarchisch war, als seine Wurzeln in der argentinischen Volksmusik noch offen lagen. Und abgesehen davon, dass das eine außerordentlich spannende Sache war, wurde ganz nebenbei deutlich, wie sehr Piazzolla den Tango durch seine klassische Prägung kunstvoll glättend kulinarisiert hat.

    Da tauchten aus Piazzollas Schatten plötzlich Namen auf wie Anibal Troilo, Osvaldo Pugliese, Lucio Demare oder Horazio Salgán mit ihren Tangos und etwas schnelleren Milongas, mit ihren Tangowalzern – und auch eine Samba hatte sich eingeschlichen. Und auch wenn sich die Stücke alle in ihren Grundzügen ähnelten, waren sie immer wieder neu und spannend mit ihren gnadenlos kantigen, oft verschobenen Rhythmen, mit ihrer skelettierenden Artikulation, mit ihren klanglichen Dreckecken, ihren klischeehaften Glissandi, ihren verwirrenden Scheinschlüssen, ihrem zupackenden Zugriff und ihrem abgrundtief melancholischen Kitsch, der einfach dazu gehört. Und mit den typischen Schlüssen, die mit einem angehängten leisen Ton sagen: Jetzt geht das Leben wieder weiter.

    Freilich waren da auch vier Musiker am Werk, die sich bestens zusammengefunden haben. Und das nicht nur, was die absolute, sich blind verstehende Übereinstimmung in den technisch und rhythmisch ausgesprochen komplizierten Strukturen betrifft, oder die immer wieder verblüffende Verwandlung der Streichinstumente und des Bandoneons in Perkussionsgeräte – das Klavier kann das ja von Haus aus. Sondern auch in ihrer Einmütigkeit der Darstellung, in dem Spagat zwischen aggressivem Zugriff und lässig zurückgelehnter Entspanntheit. Und in einer perfekten Klangbalance, die sich auf  ein hintergründig Regie führendes Klavier stützen konnte. Ein toller Abend.

    Das Einzige, was man sich noch gewünscht hätte, wäre ein Mikrofon für die sicher recht launige und informative Moderation gewesen. Die besten Musiker sind nicht zwangsläufig die besten Sprecher. Das leise, viel zu schnelle Genuschel, mit dem sich die vier abwechselten, hat höchstens ein Viertel der Besucher verstanden.

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