Die Rechtsprechung ist eindeutig: 1,5 Meter seitlichen Abstand sollten Autos beim Überholen von Radfahrern einhalten. Darauf machte jetzt der ADFC Schweinfurt am Tag der Verkehrssicherheit mit einem Fahrradkorso in der Ignaz-Schön-Straße aufmerksam. Die Radfahrer hatten sich Poolnudeln auf den Gepäckträger geschnallt, um die nötige Distanz zu verdeutlichen. Ein überraschend breiter Abstand. Die Poolnudel-Aktionen fanden auch in Bamberg, Würzburg, Berlin, Kassel und Rosenheim statt.
Gemütlich schiebt sich die Schlange aus Fahrradfahrern die Ignaz-Schön-Straße entlang. 20 Stundenkilometer. Höchstens. Hinter den Radlern staut sich der Autoverkehr ein wenig. Überholen will keiner. Der Grund: die knallbunten Poolnudeln, die sich die Radfahrer seitlich auf den Gepäckträger geschnallt haben. Gerade mal 1,5 Meter sind sie breit, doch sie ragen in die Fahrspur. Die Aktion des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) erregt Aufsehen, mittags um 12 Uhr auf der Ignaz-Schön-Straße. Und sie macht neugierig.
„1,50 Meter, das ist der seitliche Abstand, den andere Verkehrsteilnehmer beim Überholen zum Radfahrer, aber auch zu parkenden Autos halten sollten“, erklärt Martin Dettmar, Vorsitzender des ADFC. Die genaue Breite leitet sich zwar nicht aus der Straßenverkehrsordnung ab – dort ist lediglich von einem "ausreichenden Abstand" die Rede. "Allerdings haben mehrere Gerichtsurteile bestätigt, dass Autos mindestens 1,5 Meter Platz lassen müssen, wenn sie überholen", erklärt Dettmer. "Sind Kinder dabei, müssen sogar zwei Meter eingehalten werden."
Nur wenige Autofahrer trauen sich zu überholen
Um diesen Abstand einmal anschaulich zu machen, haben sich die ADFC-Mitglieder die Poolnudeln auf den Gepäckträger geschnallt und Westen mit einer Grafik "1,5m – Sicher vorbei" angezogen. Die Reaktion der Autofahrer auf die Fahrten die Straße hoch und runter sind fast immer gleich: Respektvoller Abstand und Geduld. Nur wenige Autofahrer trauen sich zu überholen, als auf der Gegenspur kein Fahrzeug auszumachen ist.
Das sei leider nicht der Normalfall auf vielen Straßen in Schweinfurt, die sich Radfahrer mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen müssten, so Dettmar. Ein besonderes Negativ-Beispiel sei die Ignaz-Schön-Straße mit ihrem sogenannten Schutzstreifen, der weiß gestrichelten Linie, die Radfahrern eine Spur frei hält und die Autofahrer im Ausnahmefall aber überfahren dürfen. „Leider suggeriert diese gestrichelte Linie aber auch dem fahrenden Autofahrer: Ich darf bis an die gestrichelte Linie heranfahren, obwohl ich bis zum Radfahrer dann keine 1,5 Meter Platz lasse“, erklärt der ADFC-Sprecher. Daher wurde bewusst diese Stelle gewählt, um den Hinweis zur Verkehrssicherheit zu geben.
Bundesweite Kampagne "Mehr Platz fürs Rad"
Der durch Gerichtsurteile vorgegebene Abstand ist in der Praxis erstaunlich breit. Das konnten nicht nur die Autofahrer in der Ignaz-Schön-Straße beobachten. "Mich hat die Breite selbst überrascht", sagt ein ADFC-Mitglied. Dem Radfahrer-Club geht es deshalb gar nicht um den erhobenen Zeigefinger: "Die Aktion ist gedacht als Einladung an alle Verkehrsteilnehmer zu einem fairen und sicheren Miteinander."
Seit 2005 ruft der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) jedes Jahr dazu auf, am dritten Samstag im Juni mit Aktionen und Veranstaltungen die Aufmerksamkeit auf das Thema Verkehrssicherheit zu lenken. Der Aktionstag soll zeigen, dass alle dazu beitragen können, die Unfallzahlen zu senken und den Verkehr sicherer zu machen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat den Handlungsbedarf ebenfalls erkannt und eine fahrradfreundliche Novelle der Straßenverkehrsverordnung vorgestellt. Darin wird der Mindestüberholabstand zu Radfahrenden von 1,5 Meter innerorts und 2,0 Meter außerorts gesetzlich vorgeschrieben.
Mit seiner bundesweiten Kampagne "Mehr Platz fürs Rad" fordert der ADFC auch breite Radwege in zusammenhängenden Netzen, sichere und geschützte Kreuzungen sowie ausreichend komfortable Fahrradparkplätze. Im Rahmen der Kampagne gibt es deutschlandweit Aktionen – von Rad-Demos über Poolnudel-Aktionen bis zu ADFC-Streifen, die zeigen sollen, wie gut es sich anfühlt, wenn dem Radverkehr mehr Platz eingeräumt wird.