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SCHWEINFURT: Regenauers Moneyfest am Main

SCHWEINFURT

Regenauers Moneyfest am Main

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    Ein Gespenst geht um in Europa. Nein, nicht der Kommunismus, wie noch im Manifest von Karl Marx. Es krächzt der Pleitegeier, bei 20 Prozent Bevölkerung an der Armutsgrenze. Eine hochpeinliche Szene spielt sich am Ende von „Moneyfest“ ab, Bernd Regenauers Abrechnung mit der unfreien Marktwirtschaft. Der Mann vom Musiktechnikverleih stürmt die Bühne der Kulturwerkstatt und nimmt dem Künstler das Mietkeyboard wieder ab.

    „Einkommen und Geh'n“ hieß es schon im Untertitel. „Ein reicher Idiot ist ein Reicher, ein armer Idiot nur ein Idiot“ sagt dazu der Hochglanz-Flyer auf den Plätzen (so schlimm scheint es um das neueste Regiewerk von Jürg Schlachter nicht zu stehen). Eigentlich soll Fillip Meixner an den Tasten sitzen, fiktiver Keyboarder, Regenauer kann ihn sich nicht leisten, also rappt er solo von seinen „Fixkosten, Fixkosten“ oder der Zinsbindung als neues Maß aller Dinge. „Auch menschliche Züge haben oft Verspätung“, weiß der Ex-Liedermacher, vor allem bei Top-Verdienern, wo nachgewiesenermaßen dreimal so viel Psychos sitzen wie in der Restbevölkerung. Der 72-fache Milliardär Carlos Slim Helú verdient dafür 1,6 Milliarden Dollar im Monat: Seine Lohntüte würde schlappe 3,5 Tonnen wiegen. Und wenn Steuersünder wirklich ihren Führerschein abgeben müssten: „Wir könnten auf der Autobahn Picknick machen.“

    Man merkt: Der Regenauer fuchtelt nicht mit kabarettistischem Florett, er geht mit Schmackes ran, angesiedelt irgendwo zwischen Frankendjango und Schwaiger Schimanski, ruppig, aber blauäugig-sensibel. Dem man glaubt, dass er sich von ganz unten hochgeboxt hat, wenn er damit kokettiert, dass sein Papa noch Moskwitsch fahrender Kommunist gewesen sei. Oder dass er gemobbt wurde, als es von der behüteten Grundschule, mit Gummitwist auf dem Pausenhof, an die Nämbercher Hauptschule ging: „Ich war das, was man heute Opfer nennt.“ So sehr, dass er sich lieber Obst gekauft hat, um es von der Gang nicht abgenommen zu kriegen, wie seine Bretzeln, bis zur Überdosis Fruchtzucker.

    Dabei hat der Regenbauer durchaus noch eine höhere Ausbildung genossen, Klavierrunterricht inklusive. Der preisgekrönte Sprecher der „Metzgerei Boggnsagg“ gehört heute natürlich auch zur verunsicherten Bourgeousie. Reibt sich schon mal an linken Gutmenschen, die Lampedusa-Flüchtlinge achtmal über die Straße winken. Als Endfünfziger ist ihm das Netzsprech der Jugend, die ganze mediale Verblödung, ein Rätsel. Die Primaten kommunizieren so seit Jahrtausenden miteinander, sagt er, nur besser: „Es heißt, die heutigen Kinder werden 100 Jahre alt – wozu?“

    Nicht, dass das Wirtschaftswunderkind, über 21 Bühnenprogramme hinweg, wieder zum konservativen Hardliner mutiert wäre: Meixners altersschwacher Fascho-Opa etwa, der wird im Programm mit einem leckeren, aber äußerst ungesunden Nazimenü euthanasiert. Nach dem Lieblingsessen seines Führers, der fetten Forelle Müllerin mit Buttersauce, geht es für den Hitlertreuen „heim ins Reich“, der rechtzeitigen, preisgünstigen Endlagerung in Tschechien wegen. Während hierzulande die Krematorien der fülligen Kundschaft nicht mehr Herr werden.

    Auch Regenauers „Moneyfest“ ist ein souverän zubereitetes Kabarett-Schmankerl, dass hinterher gottlob schwerer im Magen liegt als manch bloße, fahle Sättigungsbeilage. An Guudn.

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