Dicke Menschen, die mit dem Kran aus dem Fenster gehoben werden, fettleibige Patienten, die auf Vieh- oder Fahrzeugwaagen gewogen werden. Extrembeispiele aus dem Fernsehen? Auch in der Region nimmt der Anteil schwergewichtiger Patienten zu. Deshalb hat das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Schweinfurt einen speziellen Rettungswagen angeschafft. Eingesetzt werden soll der XXL-Transporter in der Stadt sowie in den Landkreisen Schweinfurt, Haßberge, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld.
Etwa 6000 schwergewichtige Patienten werden pro Jahr in Bayern transportiert, berichtete Thomas Lindörfer, BRK-Kreisgeschäftsführer für Stadt und Landkreis Schweinfurt, bei der Vorstellung des neuen Transportfahrzeugs in der Rettungswache des BRK-Kreisverbands Schweinfurt. Inzwischen habe man fast täglich mit schwergewichtigen Patienten zu tun, ergänzt Florian Biber, Rettungsdienstleiter des BRK-Kreisverbands. Allerdings blieben nur Extrembeispiele im Gedächtnis. Vor einem halben Jahr, erinnert sich Rettungsassistent Udo Nüßlein, habe man die Feuerwehr rufen müssen, um einen Patienten aus dem Fenster einer Wohnung zu hieven.
Fünf- bis zehn solche Einsätze gebe es pro Jahr in der Stadt und der näheren Umgebung, sagt Helmut Wieland, Wachabteilungsleiter der Feuerwehr Schweinfurt. Oft käme dabei die Drehleiter zum Einsatz, man habe aber auch schon Patienten mit einem Hubwagen aus der Wohnung gebracht, erzählt er. „Manchmal muss man eben improvisieren.“
Früher habe man eine Matratze auf die Ladefläche eines Transporters gelegt, um schwer übergewichtige Patienten ins Krankenhaus zu bringen, erinnert sich Dr. Georg Lippert, Oberarzt am St. Josef-Krankenhaus. Mit dem neuen XXL-Rettungswagen soll das nicht mehr vorkommen. „Mit ihm können wir Patienten mit einem Körpergewicht von bis zu 300 Kilogramm menschenwürdig transportieren“, sagt Lindörfer. Schwerere Patienten habe es bisher in der Region kaum gegeben, sagt er. „Vor langer Zeit“, erinnert sich Manfred Schäflein, Leiter der Rettungsleitstelle Schweinfurt, „hatten wir mal einen mit über 300 Kilogramm.“
Gedacht sei das spezielle Fahrzeug für Patienten ab 160 Kilogramm. Wichtig sei deshalb, schon beim Anruf beim Rettungsdienst gegebenenfalls durchzugeben, dass es sich um einen übergewichtigen Patienten handelt, so Lindörfer. Denn der XXL-Rettungswagen hat einiges an Zusatzmaterial zur Versorgung adipöser Patienten an Bord. Darunter eine Vakuummatratze, die den Patienten fest umschließen kann und ihn so stabil auf der schmalen Liege hält. Wichtigstes äußerliches Unterscheidungsmerkmal ist die Hebebühne am Heck.
Er freue sich über den neuen Wagen, allerdings sei „nach dem Transport die Sache nicht zu Ende“, sagt Lippert. Auch die Krankenhäuser hätten sich auf die Behandlung fettleibiger Patienten einstellen müssen, mit speziellen Betten, Operationstischen und besonders langen Instrumenten für Bauchoperationen beispielsweise. 600 bis 900 der über 30 000 Patienten, die pro Jahr im Leopoldina Krankenhaus behandelt werden, seien schwerer als 150 Kilogramm, sagt dessen Medizinischer Leiter Thomas Menzel. Die meisten lägen aber noch weit unter 250 Kilogramm. Probleme, so Menzel und Lippert, würde es wohl erst bei Patienten geben, die mehr als 250 Kilogramm wiegen. Denn selbst die speziellen Operationstische sind nur bis zu diesem Gewicht zugelassen.