Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

SCHWEINFURT: Rückenschmerzen: Eine OP ist selten nötig

SCHWEINFURT

Rückenschmerzen: Eine OP ist selten nötig

    • |
    • |
    Glücklicherweise sind die allermeisten Rückenschmerzen ungefährlich und bessern sich spontan oder unter konservativer Therapie innerhalb weniger Wochen.
    Glücklicherweise sind die allermeisten Rückenschmerzen ungefährlich und bessern sich spontan oder unter konservativer Therapie innerhalb weniger Wochen. Foto: Foto: dpa/Picture alliance

    Zu Beginn seines Vortrags „Hexenschuss und Rückenschmerz: Ursachen vermeiden und schonend behandeln“ nennt Privatdozent Dr. Johann Romstöck, Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik im Leopoldina, bedenkliche Zahlen: 62 Prozent der Deutschen hatten im letzten Jahr Rückenschmerzen, 80 Prozent der Betroffenen war die Ursache dafür unbekannt. Zeit für ein Gespräch.

    Die meisten Rückenschmerzen sind harmlos

    Glücklicherweise sind die allermeisten Rückenschmerzen ungefährlich und bessern sich spontan oder unter konservativer Therapie innerhalb weniger Wochen. Sofort operieren muss man dagegen einen Bandscheibenvorfall mit schweren Defiziten wie Lähmungen, Blasenstörung (Harnverhalt) und unerträglichen Schmerzen trotz Behandlung. „Kommen Sie dann sofort, auch am Wochenende“, macht Romstöck den Ernst einer solchen Situation deutlich.

    Was die Wirbelsäule zusammenhält

    Anschaulich erklärt der Chefarzt den Aufbau der Wirbelsäule, die sich aus Halswirbel-, Brustwirbel- und Lendenwirbelsäule sowie dem Kreuzbein und dem Steißbein zusammensetzt. Gegeneinander bewegliche Knochen, die Wirbelkörper, umschließen und schützen das aus Nervengewebe bestehende Rückenmark. Vom Rückenmark laufen Nerven in alle Bereiche des Körpers. Bandscheiben, Bänder und Muskeln geben der Wirbelsäule Stabilität und ermöglichen Bewegungen.

    Hauptursache Muskelverspannung

    In den meisten Fällen werden Rückenschmerzen durch Muskelverspannungen ausgelöst: Verspannte harte Muskeln reizen die in der Nähe liegenden Nerven, was als Schmerz empfunden wird. Solche Verspannungen entstehen etwa nach Fehlhaltungen oder einseitiger Belastung, bei Bewegungsmangel, Übergewicht, Sitzen, falscher Hebetechnik (mit gebeugtem Rücken), Stress und seelischen Belastungen. Bewegung statt Schonung sind hier angesagt.

    Die Bandscheiben bestehen aus Bindegewebe mit einem festen, elastischen äußeren Ring und einem weichen Kern. Bei einem Bandscheibenvorfall bewegt sich meist nicht die Bandscheibe selbst, sondern es kommt zu einem Austritt der Gallertmasse aus dem Kern, die auf die Rückenmarksnerven drücken kann.

    Bei einem Hexenschuss nach Heben, Drücken, Bücken oder Aufrichten ist dies noch nicht der Fall. Hier verschiebt sich die Bandscheibe minimal in Richtung des Wirbelkanals: Druck auf Nerven, Muskelverspannung, „Sperre“ im Kreuz sind die Folgen.

    Die meisten Bandscheibenvorfälle betreffen die Lendwirbelsäule

    Der Druck auf die Rückenmarksnerven kann sich verschieden äußern: Kreuzschmerz, Hexenschuss, Gesäß-Hüft-Schmerzen, als stechend, ziehend oder brennend empfunden. Taubheit, Pelzigkeit, kribbelndes „Ameisenlaufen“ betreffen die Sensibilität. Die Motorik ist beeinflusst durch Kraftlosigkeit, Lähmung, Muskelschwäche, unsicherer „Watschelgang“, Blasen- und Mastdarmstörungen. Die überwiegende Zahl der Bandscheibenvorfälle betrifft die Lendenwirbelsäule.

    Konservative Therapien zuerst

    Als konservative Therapien von Rückenschmerzen im Akutfall (ohne neurologische Defizite) kommen infrage: Ruhe – aber nicht absolut, leichte Bewegung, kein forcierter Krafteinsatz, Stufenbettlagerung, Schmerzmittel, Cortison, Muskelentspannung durch Wärme und Medikamente. Bei chronischen Schmerzen trotz konservativer Therapie ist eine erweiterte Diagnostik und eine individuelle und interdisziplinäre Entscheidung unbedingt notwendig: Kann eine umfangreichere Therapie oder eine Operation dem Patienten helfen?

    Romstöck betont den Wert der im Leopoldina praktizierten Therapieentscheidung: Welche harten Befunde liegen vor (Bildgebung, Elektrophysiologie zur Messung elektrischer Körperströme), Alter und Nebenerkrankungen des Patienten, wie sehr ist die Lebensqualität reduziert, wo steht der Patient im Leben (Beruf, Familie, sozialer Rückhalt), versteht der Patient das Problem, sind seine Erwartungen übertrieben, wie aufwendig und zeitintensiv dürfen die Maßnahmen sein?

    Operationen

    Die neurochirurgische operative Therapie umfasst zunächst verschiedene minimal-invasive Infiltrations-Techniken. Eine Möglichkeit ist die Facetteninfiltration. Unter Röntgenkontrolle wird ein Betäubungsmittel oder Cortison gespritzt. Oder es werden die für den Schmerz verantwortlichen Nervenbahnen durch Hitze oder Kälte ausgeschaltet. Romstöck betont, dass bei der Bandscheiben- und Rücken -Neurochirurgie die gleiche mikrochirurgische Präzision angewandt wird wie bei großen Gehirneingriffen.

    Zur Entfernung der Bandscheibe, der ausgelaufenen Gallertmasse, können verschiedene mikrochirurgische Verfahren zum Einsatz kommen. Alle sollen die gequetschte Nervenwurzel durch Entfernung von vorgefallenem Bandscheibengewebe entlasten. Bei einem „Schlüsselloch-Zugang“ gewinnt der Operateur eine direkte mikroskopische Sicht im XE-Licht, um dann den defekten Bandscheibenraum auszuschaben. Diese Methode bedeutet ein geringes Trauma für eine minimale Vernarbung. Aber es gibt auch die Notwendigkeit zur „offenen“ Vorgehensweise, zur grossen Operation.

    Ausführlich erläutert Romstöck die Abläufe und Verhaltensempfehlungen nach der Operation.

    Wer richtig sitzt, beugt Problemen vor

    Als weitere vorbeugende Maßnahme empfiehlt er aufrechte Haltung, richtiges Bücken, Gewichtskontrolle, Vermeidung von Nikotin, angepasste Sport- und Bewegungsübungen, Vermeidung von Kälte und Zugluft, richtiges Sitzen mit Pausen.

    Bei chronischen Rückenschmerzen und nach Ausschöpfung aller Therapien weist er auf die multimodalen Möglichkeiten der Klinik für spezielle Schmerztherapie im MVZ mit ihren ambulanten, tagesstationären und stationären Abteilungen hin.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden